Abfindung ohne Vergleich - private Nachrichten sind kein Kündigungsgrund

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Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat am 19.07.2021 - Az. 21 Sa 1291/20 – eine Kündigung wegen nichtöffentlicher Äußerungen in einem Chat zwischen ihm und einem technischen Leiter als ungerechtfertigt angesehen. Im Chat hatte der Arbeitnehmer eines Vereins für Flüchtlingshilfe sich in „menschenverachtender Weise“ über Geflüchtete und herabwürdigend über Helferinnen und Helfer geäußert.

Die getätigten Äußerungen seien zwar als Beweis verwertbar. Eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung könne jedoch nicht festgestellt werden, weil eine vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts falle (LAG Berlin-Brandenburg vom 19.07.2021). Die Nachrichten sind privat versendet worden und deswegen vertraulich. Eine Weitergabe sollte nicht erfolgen. Private Nachrichten fallen unter das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 GG.

Weiterhin gab das Gericht an, dass der Arbeitnehmer in seiner Stellung als technischer Leiter nicht direkt in der Betreuungsarbeit des Vereins gegenüber den Flüchtlingen eingebunden sei, weshalb er auch keine besondere Loyalitätspflicht unterworfen sei.

Auch eine fehlende Eignung für die Tätigkeit könne nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts allein auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden.

Das Landesarbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis jedoch auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung gemäß § 9 KSchG  aufgelöst. Dies ist möglich, da keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mehr zu erwarten gewesen sei.

Das Gericht stimmte dem Antrag gerade deswegen zu, weil die Äußerungen des technischen Leiters bekannt geworden sind und weiter bekannt werden würden. Dies würde dem Verein sowohl nach Außen als auch innerhalb der Mitarbeiterstruktur und bei Neugewinnung von Mitarbeitern und Flüchtlingen schaden. Gegen das Urteil wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

 Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Steffgen verfügt bundesweit über 20 Jahre an Erfahrungen vor den Arbeitsgerichten und dem Bundesarbeitsgericht. Er war von 2001-2015 Vertragsanwalt eines der größten Berufsverbände Deutschlands. Eine kostenlose Ersteinschätzung einschl. PKH-Beratung wird angeboten.

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