Absprachewidrige Angaben in der Arbeitsbescheinigung – was tun?

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Der Fall: 

Herr Müller war bis zum Dezember 2021 bei einem Unternehmen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Hiergegen erhob Herr Müller vor dem Arbeitsgericht Dresden Kündigungsschutzklage. In der Güteverhandlung wurde zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen. Hierin war geregelt, dass das Arbeitsverhältnis zwar endet, der Arbeitgeber jedoch nicht an den Kündigungsgründen festhält. Herr Müller traute seinen Augen nicht, als er die für die Arbeitsagentur notwendige Arbeitsbescheinigung las. Darin gab der Arbeitgeber nämlich an, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der verhaltensbedingten Kündigung geendet. Mit solch einer Bestätigung, da ist sich Herr Müller sicher, droht ihm eine Sperrzeit. Was ist also zu tun?

Einfacher Lösungsansatz zuerst

Nun, wir würden zunächst anraten, durch Nachfrage beim Arbeitgeber zu klären, ob es sich um ein Versehen handelt. Eventuell klärt sich die Sache so recht schnell auf, was wir in der Vergangenheit immer wieder einmal erlebt haben. Ist der Arbeitgeber zu einer Korrektur nicht zu bewegen, gilt Folgendes:

Vorgehen gegen Arbeitgeber?

Wenn die Angaben in der Arbeitsbescheinigung (§ 312 SGB III) über den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Regelung im arbeitsgerichtlichen Vergleich abweichen, ist zu überlegen, ob man gegen den Arbeitgeber vorgeht oder die Sache mit der Bundesagentur für Arbeit klärt. Solange die Arbeitsbescheinigung der Bundesagentur für Arbeit nicht vorgelegt wird, wird diese in der Regel das Arbeitslosengeld nicht berechnen. Zwar könnte die Bundesagentur das Arbeitslosengeld auch auf der Grundlage eingereichter Lohnunterlagen berechnen, die Praxis ist aber: Ohne Bescheinigung kein Geld. Daher ist es im Normalfall schon unter zeitlichen Aspekten eher unsinnig, einen Streit mit dem Arbeitgeber anzufangen. Zudem ist die Rechtslage auch nicht ganz eindeutig, da nach Auffassung diverser Arbeitsgerichte arbeitsgerichtlicher Vergleich und Arbeitsbescheinigung auseinandergehalten werden müssen. So sollen vereinbarungswidrige Auskünfte des Arbeitgebers über den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Arbeitsbescheinigung keinen Schadensersatzanspruch des Arbeitsnehmers gegenüber dem Arbeitgeber rechtfertigen, wenn die Agentur für Arbeit in der Sache zu recht eine Sperrfrist verhängt (LAG Hessen v. 17.7.2012 – 13 Sa 1053/11)

Pragmatischer Ansatz

Wir würden daher eher empfehlen, die absprachewidrig ausgefüllte Arbeitsbescheinigung der Bundesagentur zuzuleiten. Zwar droht bei dieser Vorgehensweise durchaus eine Sperrzeit, allerdings erscheint es wirtschaftlich sinnvoller, sich um eine Sperrzeit zu streiten als zunächst überhaupt keine Leistungen zu erhalten. Aus unserer Sicht sollte der arbeitsgerichtliche Vergleich auf jeden Fall mit eingereicht werden, auch wenn dieser keine Bindungswirkung für die Bundesagentur für Arbeit entfaltet. Im Zweifel wird sich die Bundesagentur hieran jedoch orientieren.

Wird gleichwohl eine Sperrzeit verhängt, so geschieht dies durch einen Bescheid, gegen den bequem Widerspruch erhoben werden kann. Wird diesem nicht abgeholfen, bleibt schließlich der Gang vor das Sozialgericht. In dem Verfahren müsste sodann der „alte“ Kündigungssachverhalt aufgeklärt werden. Der Verfasser dieses Beitrages macht den Rechtsanwalts-Job seit 23 Jahren. In dieser Zeit musste noch kein einziges, derartiges Verfahren „bis zur Spitze“ getrieben werden. Wir sind daher auch im Fall von Herrn Müller zuversichtlich, dass sich die Sache vorher klären lässt.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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