Arbeitspapiere leicht verständlich – die „Arbeitsbescheinigung“

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Das Arbeitsverhältnis wird beendet, der Arbeitnehmer meldet sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend. Das muss er auch umgehend, sonst kann das Arbeitslosengeld gekürzt werden (§ 38 SGB III). Auf seinen Antrag entscheidet die Agentur über die Gewährung von Arbeitslosengeld. Dazu verlangt die Agentur vom Arbeitnehmer die Vorlage einer Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers. Im Folgenden beantworten wir eine Reihe häufiger Fragen im Zusammenhang mit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses:

Was ist eine Arbeitsbescheinigung und wozu dient sie?

Die Arbeitsbescheinigung ist in § 312 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch, SGB III, geregelt.

Dort heißt es unter anderem, dass der Arbeitgeber auf Verlangen „alle Tatsachen zu bescheinigen“ hat, die „für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können“ (Arbeitsbescheinigung).

Hierfür gibt es einen Vordruck der Bundesagentur. Nur dieser ist zu benutzen.

Tipp: Die Bundesagentur betreibt im Internet eine Homepage, auf der man solche Vordrucke herunterladen kann.

In der Arbeitsbescheinigung macht der Arbeitgeber Angaben zur Art der Tätigkeit, sowie zum Beginn und Ende und zum Beendigungsgrund. Außerdem sind Angaben zu machen über das Arbeitsentgelt.  

Die Bescheinigung dient also unter anderem der Arbeitserleichterung für die Behörde, die den Arbeitslosengeldanspruch auf der Basis dieser Bescheinigung dem Grunde und der Höhe nach ermitteln kann. Die Behörde ist aber nicht an den Inhalt der Bescheinigung gebunden und kann bei Zweifeln an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der Bescheinigung weitere Erkundigungen einholen und Informationen verwenden.

Beispiel 1:

In der Bescheinigung sind für manche Abrechnungsmonate keine Bezüge angegeben. Nun prüft die Agentur, ob die Angaben des Arbeitgebers vollständig sind.

Alle Einzelheiten zur Berechnung des Arbeitslosengelds können hier natürlich nicht dargestellt werden. Das Arbeitslosengeld wird aber, stark vereinfacht, meist danach berechnet, welcher Lohn in den letzten 12 Monaten gezahlt wurde. Hier kann natürlich der Arbeitnehmer auch Lohnabrechnungen der letzten 12 Monate vorlegen, aus denen sich die Höhe und Zusammensetzung des Lohns ergibt. Dies liegt insbesondere dann nahe, wenn die Angaben des Arbeitgebers in der Arbeitsbescheinigung schon offensichtlich unvollständig sind.

Muss der Arbeitgeber die Bescheinigung automatisch ausstellen?

Nach der neueren Gesetzeslage ist die Bescheinigung „auf Verlangen“ auszustellen. Davor musste der Arbeitgeber immer von sich aus tätig werden. Der Arbeitnehmer sollte also möglich umgehend eine Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber verlangen. Der Arbeitgeber kann den Vordruck aus dem Internet benutzen. Der Arbeitnehmer bekommt bei der Agentur aber meist bei seinem persönlichen Termin einen Vordruck mit seiner Kundennummer, den er beim Arbeitgeber einreichen kann. Die Bearbeitung mit Kundennummer ist natürlich unkomplizierter.

Manche Arbeitgeber kommen ihren Pflichten nicht schnell genug nach, so dass sich der Bescheid über die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung verzögert. Das ist misslich, vor allem wenn man auf eine Auszahlung des ALG wartet. Erteilt der Arbeitgeber nicht unverzüglich die Bescheinigung, oder enthält die Bescheinigung Fehler oder Lücken, kann der Arbeitgeber sich schadensersatzpflichtig machen.

Der Arbeitgeber erteilt keine Bescheinigung – was tun?

Eine Klage auf Erteilung einer Arbeitsbescheinigung kann vor die Arbeitsgerichte gebracht werden (§ 2 Absatz 1 Nr. 3e des Arbeitsgerichtsgesetzes). Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage kann die Arbeitsbescheinigung eingeklagt werden (als Klage auf Herausgabe bzw. Erteilung eines Arbeitspapiers). Ein Gerichtsverfahren kann allerdings dauern. Ein Anwalt sollte prüfen, ob eine solche Klage zielführend ist. Bei manchen Arbeitgebern bleibt aber keine andere Wahl, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen.

Die Bescheinigung ist fehlerhaft – was tun?

Eine Klage des Arbeitnehmers auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung dürfte zulässig sein, allerdings nicht im Rechtsweg der Arbeitsgerichte. Die Sozialgerichte sind für solche Klagen zuständig. Auch hier muss aber genau abgewogen werden, welchen Zweck eine solche Klage hat. Bis zu einer Entscheidung hat die Arbeitsagentur möglicherweise die fehlerhaften Angaben des Arbeitgebers bereits selbst berichtigt, weil sie anhand von Lohnabrechnungen oder Vertragsunterlagen die entsprechenden (richtigen) Daten nachermittelt hat. Dann wäre nur noch die Frage des Schadensersatzes wegen falscher Angaben zu klären.

Kann ich den Arbeitgeber bitten, sperrzeitauslösende Angaben zu vermeiden?

Beispiel 2:

In der Bescheinigung ist angegeben, dass das Arbeitsverhältnis verhaltensbedingt gekündigt wurde. Die Agentur prüft nun, ob eine sog. Sperrzeit eintritt, § 159 SGB III.

Kann ich den Arbeitgeber denn zum Beispiel bitten, dass er hier einen betriebsbedingten Hintergrund als Kündigungsgrund angibt, damit keine Sperrzeit festgestellt wird?

Nein. Das sollte man auch nicht tun. Der Arbeitgeber muss die Angaben wahrheitsgemäß und vollständig machen. Eine Absprache zu abweichenden Angaben, mithilfe derer zum Beispiel eine Sperrzeit vermieden werden kann, ist nicht zulässig. Die Agentur könnte bei widersprüchlichen Angaben außerdem weitere Ermittlungen anstellen und den eigentlichen Hintergrund herausfinden.

Viel naheliegender erscheint es, bei einer Kündigung aufgrund einer angeblichen Verfehlung des Arbeitnehmers eine Kündigungsschutzklage zu prüfen und Widerspruch gegen den Sperrzeitenbescheid bzw. den Bescheid der Agentur über das Arbeitslosengeld einzulegen, um eine Aufhebung oder Abänderung des Bescheids zu erwirken. Ein Anwalt sollte klären, ob eine Kündigungsschutzklage Sinn macht und die Aufhebung der Sperrzeit erreicht werden kann. Dies kann möglicherweise auch dann erreicht werden, wenn der Arbeitgeber in einer gütlichen Einigung die Vorwürfe fallen lässt.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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