Abwassergebühren rechtswidrig - Geld zurück ?

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Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) hat im Urteil vom 17.05.2022 (Az. 9 A 1019/20) festgestellt, dass die Erhebung von Abwassergebühren über Jahre hinweg auf falscher Grundlage    berechnet wurden. Insbesondere hatte die beklagte Stadt Abschreibungen und Zinsen zu hoch angesetzt. Den Bürgern dürfen nur die tatsächlich entstandenen Kosten berechnet werden.

  

Der Bescheid, der dem Verfahren zugrundelag, war deshalb rechtswidrig. Dieses Urteil hat direkte Auswirkungen auf diejenigen Grundstückseigentümer, die gegen entsprechende Abgabenbescheide    innerhalb der geltenden Frist von 1 Monat Widerspruch eingelegt hatten. Dadurch sind diese Bescheide nicht rechtskräftig geworden. Die Städte müssen die Bescheide neu erlassen und dabei die    Grundsätze, die das OVG herausgearbeitet hat, beachten. Im Ergebniss werden sich die Kosten dadurch verringern.

     

Und was ist mit den Grundstückseigentümern, die gegen die Bescheide keinen Widerspruch eingelegt haben ?

     

Gebührenbescheide, gegen die fristgemäß kein Widerspruch eingelegt wurde, sind bestandskräftig und damit nicht mehr rechtlich angreifbar. Es gibt jedoch eine recht einfache Möglichkeit, eine    nochmalige Entscheidung der zuständigen Behörde über die Gebührenerhebung herbeizuführen. Dies kann durch einen Antrag auf Rücknahme der Abgabenbescheide aus den letzten Jahren gem. § 12 I Nr. 3    b Kommunalabgabengesetz (KAG) in Verbindung mit § 130 Abgabenordnung (AO) geschehen. Erforderlich ist hierzu nur ein einfaches Schreiben, welches z.B. folgenden Wortlaut haben könnte:

     

Absenderangabe

          

Stadt XYZ

Anschrift

       

Objekt-Nr. ............./Kassenzeichen

     

   

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit stelle ich den Antrag, den Grundabgabenbescheid vom ....................... sowie die entsprechenden Bescheide der letzten 4 Jahre gem. § 12 Nr. 3 b KAG i.V.m. § 130 AO im Hinblick auf die berechneten Abwassergebühren    zurückzunehmen und die gezahlten Beträge zu erstatten.

Begründung:

Mit Urteil des OVG NW vom 17.05.2022 (Az. 9 A 1019/20) wurde festgestellt, dass die Erhebung der Abwassergebühren rechtswidrig war. Dies betrifft auch die mir gegenüber erlassenen Bescheide. Da    ich als Bürger erwarte, dass die Erhebung von Gebühren nach Recht und Gesetz erfolgt, erwarte ich eine Aufhebung der Bescheide und eine entsprechende Erstattung.

 Mit freundlichem Gruss

(Unterschrift)

Zu beachten ist, dass der Bürger keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zurücknahme der Abgabenbescheide hat. Der Gesetzgeber stellt die Rücknahme leider in das Ermessen der Behörde. Einklagbar ist    der Anspruch daher nicht. Dennoch sind die Städte verpflichtet, über diese Anträge zu entscheiden und dabei ihr Ermessen pflichtgemäß auszuüben. Es kann daher naturgemäß auch zu einer Ablehnung    des Antrages kommen, der aber begründet werden muss.   

Nach unserer Auffassung sollten die betroffenen Städte entsprechend verfahren und die Bescheide zurücknehmen. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass nach Art. 20 III Grundgesetz (GG) die    vollziehende Gewalt, also die Verwaltung, an Gesetz und Recht gebunden ist. Nachdem das OVG bestätigt hat, dass die Abgabenerhebung rechtswidrig war, darf der Bürger erwarten, dass sich die    Verwaltung, auch nachträglich, hieran hält und entsprechende Fehler korrigiert, um der Vorgabe des Grundgesetzes gerecht zu werden. Die Erwartung, dass Recht und Gesetz eingehalten werden, ist  aus unserer Sicht keine Einbahnstraße.

Was die Ausübung des der Behörde eingeräumten Ermessens angeht, so besagt § 40 Verwaltungsverfahrensgesetz, dass dieses von den entsprechenden Stellen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend    auszuüben ist. Da die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften nur (!) dazu dient, tatsächlich entstandene Kosten zu decken und nicht unberechtigt Gewinne zu erzielen, erscheint es    nur zu berechtigt, dass die Städte die unzulässigen Einnahmen wieder an die Bürger auskehren. Bei der Ermessensenscheidung ist nach unserer Auffassung auch von Bedeutung, dass die    zugrundeliegende Problematik den Städten vielfach durchaus bekannt war. Dennoch sind weiterhin, praktisch sehenden Auges, entsprechende Bescheide erlassen worden. Von einem Vertrauen der Städte    in die Rechtmäßigkeit der eigenen Bescheide kann daher keine Rede sein.    

Der Zeitraum, auf den sich der Antrag auf Zurücknahme der Abgabenbescheide bezieht, ist zeitlich nicht beschränkt. Es existiert keine Verjährungsfrist. Dennoch erscheint es nachvollziehbar, dass    die Verwaltung nicht verpflichtet sein soll, auch lange abgelaufene Zeiträume aufzuarbeiten. Der obige Entwurf eines Antragsschreibens beschränkt sich daher auf einen Zeitraum von 4 Jahren.    Verbindlich oder zwingend ist dies nicht. 



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