ADAC (RSV): Deckungspflicht wegen fehlender Unterschrift!

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Ein praktisch höchst relevantes Urteil fällte das Landgericht Mosbach am 25. Januar 2024 (Az.: 7 O 6/23). 

In dem von uns geführten Verfahren hatte der ADAC den Deckungsschutz im Abgasskandal wie gewohnt und contra der obergerichtlichen Rechtsprechung wegen vermeintlich mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt. 

Mit den Fragen der Bindungswirkung unseres Stichentscheides, der Erfolgsaussichten oder dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife musste sich das Landgericht Mosbach im Ergebnis nicht beschäftigen, denn: der ADAC hatte die Deckungsablehnung nicht unterschrieben, obwohl es in den VRB (Allgemeinen Versicherungsbedingungen) des ADAC selbst heißt, die Ablehnung müsse "schriftlich" erfolgen. Das Landgericht Mosbach folgte unserer rechtlichen Argumentation und erklärte die Ablehnung schon für formell unwirksam. So heißt es im Urteil:

„2. Die Beklagte ist aber wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis gehindert, sich auf die mangelnde Erfolgsaussicht zu berufen.

a. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 VRB 1982 kann der Versicherer seine Leistungspflicht verneinen, wenn er der Auffassung ist, die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg oder erscheine mutwillig. Macht er von seinem Ablehnungsrecht Gebrauch, hat der Versicherer dies nach § 17 Abs. 1 Satz 2 VRB 1982 dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

b. Dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB ist genügt, wenn die Erklärung hand- oder maschinenschriftlich abgefasst und von dem Erklärenden mit einer Namensunterschrift versehen oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Wird die Schriftform nicht eingehalten, so führt dies gemäß § 125 Satz 2 BGB zur Unwirksamkeit der Ablehnung (BGH r+s 2016, 462 Rn. 37; BGH, Urteil vom 19. 3. 2003 - IV ZR 139/01, r + s 2003, 363 (364), beck-online; Harbauer/Schmitt, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 3a Rn. 6).

c. Zwar gelten die für die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform in § 126 Abs. 1 BGB geregelten strengen Anforderungen, insbesondere das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift, bei einer von den Parteien vereinbarten (gewillkürten) Schriftform nach § 127 Abs. 1 BGB nur "im Zweifel", mithin nur dann, wenn sich aus der gebotenen Auslegung der Schriftformvereinbarung nichts anderes ergibt (BGH, Urteil vom 21. Februar 1996 - IV ZR 297/94, NJW-RR 1996, 641). Im Zweifel geltend daher die nach Maßgabe von § 127 Abs. 2 und Abs. 3 BGB gegenüber der jeweiligen gesetzlichen Form erleichterten Anforderungen als vereinbart (BGH NJW 2004, 1320; BGH NJW-RR 1996, 866 (867)). Die Auslegung, welche Anforderungen die Parteien an die von ihnen vereinbarte Schriftform stellen wollten, hat sich in erster Linie an dem mit der Form verfolgten Zweck zu orientieren, der aus den erkennbaren beiderseitigen Interessen an der Formvereinbarung abgeleitet werden kann. (BGH Urt. v. 27.4.2016 – VIII ZR 46/15, BeckRS 2016, 9506 Rn. 26, 27, beck-online). Soweit die Auslegung ergibt, dass sich das Interesse der Vertragsparteien an der vereinbarten Form allein in der verkörperten Verfügbarkeit des Erklärungsinhalts zu Dokumentations- und Beweiszwecken erschöpft, kann daher, je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls, auch eine nicht unterschriebene Erklärung genügen (BGH BeckRS 2016, 09506; BeckOK BGB/Wendtland, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 127 Rn. 3). Kommt es stattdessen auch auf die Beweis- und Warnfunktion an, ist Eigenhändigkeit der Unterschrift erforderlich, § 126 BGB. So liegt der Fall auch hier.

d. Der Deckungsablehnung kommt Beweis- und Warnfunktion zu. Mit der Deckungsablehnung greift der Versicherer die Punkte abschließend auf, auf er die mangelnde Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung und Mutwillen stützt. Ein Nachschieben von Gründen ist dem Versicherer grundsätzlich nicht gestattet. Wenn sich der Versicherungsnehmer für das Stichentscheidsverfahren entscheidet, muss sich der Stichentscheid nur auf die Punkte beziehen, auf die der Rechtsschutzversicherer zuvor die Deckungsablehnung gestützt hat (OLG Hamm, NJW-RR 2012, 672, 673). Ausgehend davon kommt der Deckungsablehnung nicht ausschließlich eine Dokumentationsfunktion zu, sondern ist auch mit einer Beweis- und Warnfunktion für die Parteien verbunden, so dass die Auslegung das Erfordernis der Schriftform nach § 126 BGB ergibt, die hier nicht gewahrt ist und nach § 125 Satz 2 BGB zur Unwirksamkeit der Deckungsablehnung führt.“

Diese (zutreffende) Entscheidung unterstreicht, wie wichtig es ist, sich mit den Deckungsablehnungen der Versicherer in formeller Hinsicht auseinanderzusetzen. Der "richtige" Blick kann ellenlange, zeitaufwendige und häufig auch emotional geladene Schriftsatzrunden verhindern.

Haben Sie als Anwalt oder Mandant Ärger mit dem Regulierungsverhalten einiger Versicherer? Wir helfen gerne weiter!


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