RSV: Deckungsfiktion über § 128 VVG! fehlende Frist, kein Kostenhinweis und mehr = Deckungsfiktion nach § 128 VVG!

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Wir hatten bereits in vorherigen Rechtstipps darauf hingewiesen, dass es sich im Einzelfall durchaus lohnt, eine Ablehnung des Rechtsschutzversicherers wegen "mangelnder Erfolgsaussichten" oder auch "Mutwilligkeit" auf formelle Mängel hin zu untersuchen und hierbei auch die Versicherungsunterlagen in Blick zu nehmen. 

Den Erfolg eines solchen Vorgehens bestätigte uns jüngst wieder das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Hinweisbeschluss vom 15. Februar 2024 (Az.: 12 U 160/23). 

Das OLG erkannte gleich mehrere Fehler in der Deckungsablehnung des beklagten Versicherers:

  1. Statt bedingungsgemäß auf das Schiedsgutachterverfahren hinzuweisen wird in der Ablehnung der Stichentscheid als einschlägige Gutachtermöglichkeit nach § 128 VVG genannt
  2. Der Versicherer hatte es versäumt, den Versicherungsnehmer (=Kläger) darauf hinzuweisen, dass er für die Einleitung eines solchen Verfahrens bestimmte Fristen zu wahren habe
  3. Ebenfalls fehlte es an einer hinreichenden (und notwendigen) Belehrung über die Kostenfolge
  4. Als Rechtsfolge gilt das Rechtsschutzbedürfnis nach § 128 S. 3 VVG anerkannt, die Ablehnung geht ungeachtet ihres übrigen Inhalts ins Leere

Wörtlich schreibt das OLG: 

"Der Beklagten wird nahegelegt, eine Berufungsrücknahme zu erwägen. Nach vorläufiger Würdigung des Senats hat die Beklagte Deckung zu gewähren, weil ihr der Einwand der fehlenden Erfolgsaussicht nach § 128 Satz 3 VVG verwehrt ist. Der Hinweis in der Deckungsablehnung vom 09.07.2021 geht inhaltlich ins Leere, weil er auf einen Stichentscheid ausgerichtet ist, während § 18 ARB 96 das Schiedsgutachterverfahren vorsieht. Ein in dieser Weise inhaltlich falscher Hinweis dürfte den Anforderungen des § 128 Satz 2 VVG nicht genügen. Zudem sind die Anforderungen an den Hinweis durch § 18 Abs. 2 ARB 96 weiter konkretisiert. Danach ist der Versicherungsnehmer nicht nur auf die Möglichkeit der Überprüfung im Schiedsgutachterverfahren hinzuweisen, sondern auch auf die dafür bestimmte Monatsfrist (§ 18 Abs. 2 Satz 1 ARB 96), seine Obliegenheit, innerhalb dieser Frist auch alle nach seiner Auffassung für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlichen Mitteilungen und Unterlagen zu übersenden (Satz 3) sowie auf die Kostenfolge nach Absatz 5 und die voraussichtliche Höhe dieser Kosten (Satz 3). Über all dies wurde der Kläger nicht bzw. unzutreffend informiert. Die in der Rechtsfolge des § 128 Satz 3 VVG angeordnete Anerkennung des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet spiegelbildlich für den Versicherer, dass er sich auf unzureichende Erfolgsaussichten nicht mehr berufen kann (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.2014 – IV ZR 124/13)."

Dieser Fall unterstreicht einmal mehr, wie sinnstiftend die gründliche und verständige Lektüre der Ablehnung sowie die Inaugenscheinnahme der vereinbarten Versicherungsunterlagen ist. Wir beraten und unterstützen Sie als Kanzlei und/oder Versicherungsnehmer gerne, sollte die Rechtsschutz der Mandatsbearbeitung wieder einmal Steine in den Weg legen wollen. 


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