ALG I auf Grundlage tatsächlich gezahlter Vergütung trotz unwiderruflicher Freistellung

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Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 30.08.2018 (Az.: B 11 AL 15/17 R) entschieden, dass auch die während der Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlte und abgerechnete Vergütung bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes als Arbeitsentgelt einzubeziehen ist.

Relevant ist diese Entscheidung vor allem für Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitgeber durch Aufhebungsvertrag einvernehmlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter einer längerfristigen unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung vereinbaren und im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld I beziehen, da nach bisheriger Praxis hier regelmäßig bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes das während der Freistellungsphase gezahlte und abgerechnete Arbeitsentgelt außer Betracht gelassen wurde, sodass sich in dem maßgebenden Bemessungsrahmen ein Anspruch auf Arbeitsentgelt von weniger als 150 Tagen ergab und eine fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes stattgefunden hat.

Das Bundessozialgericht hat nun klargestellt, dass bemessungsrechtlich auf das Ende der Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinne und somit auf das tatsächliche Ende des Arbeitsverhältnisses abzustellen ist. Dies ist letztendlich nur konsequent, da die tatsächliche Dauer des Beschäftigungsverhältnisses auch zum einen für die Frage, ob der Arbeitslose die Anwartschaftszeit gemäß § 142 SGB III erfüllt hat, und zum anderen für die Dauer des Anspruchs auf ALG I gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III maßgebend ist.

Außerdem dient der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses im Bemessungsrecht nicht dazu, den Eintritt des Versicherungsschutzes, sondern die Höhe des versicherten Risikos zu bestimmen. So orientiert sich die Höhe des versicherten Risikos an dem ausgefallenen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt mit dem Ziel, den Lebensunterhalt und den auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard durch Gewährung von Arbeitslosengeld zu ersetzen.

Versicherte, welchen im Rahmen der oben dargestellten Konstellation Arbeitslosengeld auf Grundlage einer fiktiven Bemessung bewilligt wurde, sollten daher überprüfen lassen, ob ein Widerspruch gegen den entsprechenden Bewilligungsbescheid noch möglich und sinnvoll ist, oder aber – sollte die Widerspruchsfrist bereits verstrichen sein – ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X sinnvoll ist.


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