Rechtmäßigkeit von Beitragszuschlägen

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Gemäß § 162 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens über die Auferlegung von Zuschlägen und Gewährung von Nachlässen wird durch die Berufsgenossenschaften in deren Satzungen geregelt. Im Rahmen dieser satzungsmäßigen Regelungskompetenz werden vermehrt für die Frage, ob Beitragszuschläge zu zahlen sind, von den Berufsgenossenschaften einschränkende Regelungen getroffen, wonach z. B. nur solche Unfälle berücksichtigt werden, welche Kosten von mehr als 10.000,00 € verursacht haben. Fraglich ist insofern, ob eine solche Regelung in den Satzungen der Berufsgenossenschaften gesetzlich zulässig ist, da eine wörtliche Auslegung des § 162 Abs. 1 S. 1 SGB VII eigentlich nur zulässt, dass sämtliche anzuzeigenden Versicherungsfälle für die Frage, ob Beitragszuschläge zu zahlen sind, berücksichtigt werden müssen, sodass § 162 Abs. 1 S. 2 und S. 3 SGB VII abschließend darstellt, welche Arten von Unfällen aus dieser Berücksichtigung herausgenommen werden dürfen. Hierbei handelt es sich um Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-4 SGB VII und außerdem um Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten. Sämtliche darüber hinausgehende einschränkende Regelungen im Rahmen einer berufsgenossenschaftlichen Satzung wären somit bei wörtlicher Auslegung des § 162 Abs. 1 S. 1 SGB VII unzulässig, sodass auch hierauf beruhende Beitragszuschlagsbescheide und die mit diesen erhobenen Beitragszuschläge rechtswidrig wären.

Die Frage, inwieweit der Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers (also der Berufsgenossenschaften) auch hinsichtlich grundsätzlich zulässig pauschalierender Regelungen zur Erhebung eines Beitragzuschlags gemäß § 162 SGB VII der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist derzeit beim Bundessozialgericht im Verfahren mit dem Az.: B 2 U 4/18 R anhängig.

Für Unternehmen, welche einen Beitragszuschlagsbescheid von der jeweils zuständigen Berufsgenossenschaft erhalten haben, welcher auf einer wie oben dargestellten satzungsmäßig einschränkenden Regelung beruht, im Rahmen derer nicht sämtliche anzuzeigenden Versicherungsfälle für die Frage, ob Beitragszuschläge zu zahlen sind, berücksichtigt wurden, empfiehlt es sich daher dringend zu prüfen, ob die Widerspruchsfrist bzw. die Überprüfungsfrist des § 44 SGB X im Hinblick auf diesen Bescheid noch nicht abgelaufen ist und dementsprechend noch Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen bzw. einen Überprüfungsantrag zu stellen. Denn erst nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts im oben genannten Verfahren ist absehbar, ob die zuvor dargestellten Beitragszuschlagsbescheide rechtmäßig ergangen sind.


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