Anfallsleiden führt zu GdB und Anerkennung von Schwerbehinderung durch Widerspruch vom Anwalt

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Anträge auf Feststellung einer Schwerbehinderung führen oft zu erstaunlichen Ergebnissen. Nicht selten werden Anträge schwer kranker und stark beeinträchtigter Menschen durch das zuständige Versorgungsamt abgelehnt oder erzielen jedenfalls nicht die Feststellung einer Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 50. So ist es auch im Fall einer Mandantin durch das niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie geschehen. Ihr der Epilepsie ähnliches Anfallsleiden wurde nicht berücksichtigt

 

Antrag führt zu einem Feststellungsbescheid mit einem GdB von 30

Das Verfahren zur Feststellung eines GdB und damit einhergehend einer Schwerbehinderung beginnt mit einem Antrag bei dem zuständigen Versorgungsamt. In unserem Fall war das das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie. Die Anträge bei dieser Behörde können komfortabel online gestellt werden. Wichtig im Rahmen des Antragsverfahrens ist, dass vollständige Angaben gemacht werden und alle Erkrankungen angegeben werden, die einen Grad der Behinderung (GdB) begründen sollen. In unserem Fall sind unter anderem eine Diabetes Mellitus Typ II, Schuppenflechte (Psoriasis). Herzrhythmusstörungen, Nierenerkrankung sowie sogenannte Synkopen. Das zuständige Versorgungsamt gewährte für die Schuppenflechte einen Einzel-GdB von 20, für die Zuckerkrankheit einen Einzel-GdB von 20, für die Herzrhythmusstörungen einen Einzel-GdB von 10 und für den Bluthochdruck ebenso einen Einzel-GdB von 10. Wenn Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet sind, dann würden sich diese nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus und begründen auch nicht die Feststellung eines Merkzeichens. Das niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie kam also insgesamt zu einem GdB von 30, der sich aus dem Einzel-GdB für die Schuppenflechte und dem Einzel-GdB für die Zuckerkrankheit zusammensetzt.

 

Synkopen in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen

Die Entscheidung des Versorgungsamtes war für die Mandantin besonders bitter, da die Erkrankung, durch die die Mandantin am meisten beeinträchtigt war, von der Behörde überhaupt nicht berücksichtigt worden ist. Die Bewertung von Beeinträchtigungen im Rahmen von Antragsverfahren zur Feststellung eines Grades der Behinderung bzw. einer Schwerbehinderung erfolgt anhand der sogenannten versorgungsmedizinischen Grundsätze. Diese gilt seit 2009 und enthält für viele Erkrankungen Richtlinien dahingehend, welcher Grad der Behinderung für bestimmte Erkrankungen zu gewähren ist. Synkopen sind Ohnmachtsanfälle, die durch eine kurze Unterbrechung der Durchblutung des Gehirns entstehen. Im Gegensatz zu epileptischen Anfällen haben die Synkopen ihre Ursache in einem Kreislaufleiden oder einer Herzerkrankung. Die Synkopen sind in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht geregelt. Geregelt ist allerdings die Bewertung epileptischer Anfälle. Hinsichtlich solcher epileptischen Anfälle ist in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen ausgeführt, dass die Höhe des Einzel-GdB sich nach Art Schwere und Häufigkeit der Anfälle richtet. Treten die Anfälle sehr selten auf, nämlich weniger als einmal im Jahr, und sind sie nicht so schwer, dann kommt ein Einzel-GdB von 40 infrage. Treten die Anfälle dagegen einmal wöchentlich auf oder sind es Krampfanfälle in Serie, dann kann sogar ein Einzel-GdB von 100 gewährt werden.

 

Darstellung der Beeinträchtigung der Synkopen im Widerspruch führt zum Erfolg

im Widerspruchsverfahren haben wir für die Mandantin geltend gemacht, dass die Synkopen mangels eigenständiger Bewertungsregelung in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen am ehesten so zu behandeln sein wie epileptische Anfälle. Insbesondere haben wir ausgeführt, dass die Mandantin nicht belastbar ist, und unter Schwindel, Herzrasen, Kopfschmerzen, Zittern, Atemnot, Ängsten und Ohnmacht auch länger anhaltend als Vorboten der Synkopen leidet. Darüber hinaus haben wir geltend gemacht, dass die Widerspruchsführerin kein Auto mehr fahren kann und die Anfälle regelmäßig im Krankenhaus enden. Wir haben auch auf ein Pflegegutachten verwiesen, welches der Widerspruchsführerin den Pflegekraft 3 zusprach, und welches detaillierte Ausführungen zu den Beeinträchtigungen der Widerspruchsführerin durch die Synkopen enthielt. Der Widerspruch hatte Erfolg, der Widerspruchsführerin ist für die Erkrankung ein Einzel-GdB von 40 gewährt worden. Im Ergebnis erhielt sie einen Gesamt-GdB von 50. Sie ist damit als Schwerbehinderte anerkannt. Das niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie hat sich dementsprechend auch zur Erstattung der Anwaltskosten im Widerspruchsverfahren nach §§ 63 SGB X verpflichtet.

 

Rechtsanwalt benötigt Ablehnungsbescheid und Vollmacht

Haben Sie ein Bescheid über die Ablehnung des Grades der Behinderung bzw. Merkzeichen erhalten? Haben Sie einen Feststellungsbescheid erhalten, der ihnen einen zu geringen Grad der Behinderung zuspricht? Oder haben sie gar einen Entziehungsbescheid erhalten, der ihnen einen zuvor bewilligten Grad der Behinderung wegnimmt? Um Ihnen als Rechtsanwalt helfen zu können benötigen wir

  • Bescheid über die Ablehnung eines GdB bzw. Merkzeichen, Feststellungsbescheid, Entziehungsbescheid
  • Vollmacht

 

Sie können darüber hinaus das Widerspruchsverfahren gegenüber dem zuständigen Versorgungsamt fördern, indem Sie die Daten Ihrer Rechtsschutzversicherung mitteilen und aussagekräftige ärztliche Atteste der sie behandelnden Ärzte überreichen. Aussagekräftig sind Atteste dann, wenn diese beschreiben, wie eine Krankheit sie beeinträchtigt und wie lange die Beeinträchtigung andauert. Wenn Sie das Widerspruchsverfahren selbst geführt haben, dann benötigen wir zusätzlich zu den oben genannten Unterlagen den Widerspruchsbescheid.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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