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Anfechtung außerhalb des Insolvenzrechts durch das Anfechtungsrecht

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Das Recht des Insolvenzverwalters durch die Anfechtung gemäß den §§ 129 ff. InsO zur Mehrung der Masse zugunsten der Insolvenzgläubiger ist allgemein bekannt. Weniger bekannt sind die Regelungen des Anfechtungsgesetzes, welche die gleiche Zielrichtung haben. Auch das Anfechtungsgesetz ist darauf ausgerichtet, Rechtshandlungen eines Schuldners, der seine Gläubiger benachteiligt, wieder rückgängig zu machen, insbesondere also den Gläubigern den Zugriff auf „beiseite geschafftes Vermögen“ wieder zu ermöglichen.

Der BGH hat zu diesem Thema zuletzt am 13.09.2018 zum Aktenzeichen IX ZR 190/17 entschieden. Diese Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht interessant.

Der zu beurteilende Tatbestand wies einige Besonderheiten auf:

  • Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden GbR) hat ein Grundstück erworben. Zur Sicherung des Kredites wurde eine erstrangige Grundschuld eingetragen. Danach ließen die Gesellschafter weitere Eigentümergrundschulden eintragen, welche sie an weitere dritte Personen abtraten.
  • Sodann wurde das Objekt an die Beklagte veräußert, welche gleichzeitig alle bestehenden Belastungen mit dinglicher Wirkung übernahm. Damit konnte der Kläger in diesen Grundbesitz nicht mehr vollstrecken.
  • Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen rechtskräftigen Zahlungstitel und hatte versucht, in dieses Objekt im Wege der Anfechtung zu vollstrecken. Dessen Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte auf der Grundlage des Anfechtungsrechts hatte das Landgericht zunächst stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
  • Von Bedeutung war dabei auch, dass der Kläger nur einen Schuldtitel gegen die Gesellschafter und nicht gegen die GbR als sog. „juristische Person“ hatte.

Der BGH hat zunächst festgestellt, dass trotz der unterschiedlichen Schuldner (Titel gegen Einzelschuldner; Zugriff auf Vermögen einer GbR) die Anfechtung nicht ausgeschlossen sei. Korrekterweise führt der BGH aus, dass man auch aus einem Titel gegen die einzelnen Gesellschafter Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen nehmen kann. So kann zwar mit einem Titel gegen die Einzelgesellschafter nicht in das GbR-Vermögen als solches vollstreckt werden. Jeder Einzelgesellschafter verfügt aber ggf. über Ansprüche gegen die GbR, auf die im Wege der Anfechtungsklage zugegriffen werden kann.

Die zweite interessante Feststellung des BGH ist nicht neu. Der BGH hat entschieden, dass eine Benachteiligung eines Gläubigers bei dem „Beiseiteschaffen“ eines Grundbesitzes nur dann vorliegen kann, wenn der anfechtende Gläubiger im Falle einer Zwangsversteigerung selbst eine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös erhalten hätte. Diese Entscheidung hat der BGH bereits im Jahre 2002 zum Aktenzeichen IX ZR 276/02 getroffen.

Der Grund für diese Entscheidung liegt darin, dass ein vollstreckender Gläubiger Zugriff auf einen Grundbesitz nur dann nehmen kann, wenn er in diesen Grundbesitz vollstreckt. Ein freihändiger Verkauf steht dem vollstreckenden Gläubiger nicht zur Verfügung. Der BGH formuliert diesbezüglich wie folgt:

„Dementsprechend hat der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung durch den Anfechtungsgläubiger in den Gegenstand in der gleichen Art und Weise zu dulden, wie es der Schuldner ohne die anfechtbare Weggabe hätte tun müssen… Eine darüber hinaus gehende Verbesserung der vollstreckungsrechtlichen Stellung des anfechtenden Gläubigers gegenüber anderen Gläubigern des Schuldners bewirkt die Anfechtung nicht…“

Von dem Wert des Grundstücks sind daher zunächst alle dinglichen Belastungen in Abzug zu bringen, wie auch die Kosten einer Zwangsversteigerung, die sich durchaus in einem Bereich von bis zu 5.000,00 € bewegen können.

Für den hier anfechtenden Gläubiger wäre es möglicherweise sinnvoll gewesen, sich die weitergehenden Ansprüche, auf die sich z. B. ein Vollstreckungszugriff hätte ergeben können, zu prüfen. Der Umstand, dass ein Grundstück wertausschöpfend belastet ist, bedeutet nicht, dass keine anfechtungsrechtlichen Ansprüche oder sogar direkte Ansprüche gegen den Erwerber bestehen.

Die dinglichen Rechte beschreiben nur die im Grundbuch eingetragenen Pfandrechte an dem Grundstück. Diese Pfandrechte werden üblicherweise als Sicherheit für gewährte Kredite gestellt. Wenn z. B. diese Kredite ganz oder teilweise getilgt sind, können Rückgewährsansprüche und/oder Eigentümerrechte an den Grundpfandrechten entstehen, die noch nicht im Grundbuch eingetragen sind. Vor der anfechtbaren Übertragung sind auch diese Ansprüche dem Zugriff eines vollstreckenden Gläubigers ausgesetzt.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, dass bei einer fehlerhaften oder unvollständigen Grundstücksübertragung bezüglich der vorgenannten Rückgewährsansprüche oder Eigentümergrundschulden keine Regelung getroffen wurde, mithin also der Übertragende nach wie vor Inhaber solcher Rückgewährsansprüche pp. ist. In diese könnte sodann auch ohne Anfechtung vollstreckt werden.

Bei einer genauen Prüfung der Übertragung von Vermögen auf einen Dritten muss daher sichergestellt sein, dass alle möglichen Anspruchsgründe erfasst sind. Gerade die Übertragung von Grundeigentum ist häufig unvollständig und damit fehlerhaft, sodass die Zugriffsmöglichkeit von Gläubigern nach wie vor besteht.

Wir beraten Sie gerne.



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