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Bürgschaftsforderung/Insolvenz/Wiederaufleben

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Der Bundesgerichtshof hatte folgenden Fall zu entscheiden (Sachverhalt verkürzt):

Die klagende Bank gewährte einer GmbH & Co KG (im Folgenden Schuldner) ein verzinsliches Darlehen. Für dieses Darlehen hat sich ein Gesellschafter der Schuldnerin persönlich verbürgt. Die klagende Bank hatte von einer dritten Person auf dieses Darlehen eine Zahlung erhalten.  Die Bürgschaftsverpflichtung ist mit der Tilgung der verbürgten Schuld (Hauptschuld) erloschen. Sodann geriet die Schuldnerin in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter hat die Zahlung an die Bank angefochten. Diese musste diesen Betrag an den Insolvenzverwalter herauszugeben.

 Nunmehr besagt § 144 InsO folgendes:

§ 144
Ansprüche des Anfechtungsgegners

(1) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf.

Die verbürgte Forderung lebte wieder auf.

Die klagende Bank nahm infolgedessen den Bürgen in Anspruch. Das Landgericht verurteilte den Bürgen zur Zahlung. Das Oberlandesgericht wies auf die Berufung des Bürgen hin die Klage ab und der BGH wies die dagegen gerichtete Revision der Bank zurück. Im Tenor heißt es:

Hat der Tatrichter im Rechtsstreit des Gläubigers gegen den Bürgen, der das Wiederaufleben der Forderung des Gläubigers bestreitet, nach Rückgewähr der vermeintlich anfechtbaren Leistung an den Insolvenzverwalter bei ansonsten feststehender Tatsachengrundlage Zweifel am Vorliegen des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners, geht dieser Umstand zu Lasten des Gläubigers.


Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Gemäß § 767 Abs. 1 S. 1 BGB ist für die Verpflichtung des Bürgen der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgeblich. Die Hauptverbindlichkeit ist allerdings durch die Zahlung des Dritten erloschen.

Ein Sicherheitennehmer (die Bank) muss die Sicherheit dann an den Sicherheitengeber (der Bürge) herausgeben, sobald die verbürgte Schuld getilgt ist. Durch das Anfechtungsrecht des/r Insolvenzverwalters/in muss die Bank das Erlangte wieder herauszugeben, hat dann allerdings keine Sicherheit mehr. Dieses soll die Regelung des §§ 144 InsO verhindern.

Kritik erfährt die Regelung des § 144 InsO immer dann, wenn nach Auffassung des Bürgen die Bank allzu leichtfertig auf die Anfechtung des Insolvenzverwalters reagiert. Schließlich hat die Bank noch den Bürgen.

Eine vorsichtige Bank wird sich die Rechtmäßigkeit der Anfechtung im Zweifel durch ein gerichtliches Urteil bestätigen lassen. Auch dieser Lösung hat der Bundesgerichtshof nicht uneingeschränkt zugestimmt. Er führt aus:


„(aa) Nach dem Sicherungszweck der Bürgschaft ist es dem Bürgen nicht verwehrt, sich auf die fehlende Rechtskrafterstreckung des Urteils im Anfechtungsprozess zu berufen (anders bei der Prozessbürgschaft, vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1975 - VIII ZR 250/73, NJW 1975, 1119, 1120 f). Eine Bindungswirkung zum Nachteil des Bürgen kommt nur in Betracht, wenn diesem der Streit verkündet worden ist.“


Diese zunächst überraschende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Vorteil des Bürgen wird bei genauerer Betrachtung nachvollziehbar. Ein Zivilprozess lebt davon, wie umfassend/vollständig die Partei vorträgt und argumentiert. Das Gericht hat keinen eigenen Ermittlungsauftrag, sondern ist vielmehr in seiner rechtlichen Wertung an den Vortrag der Parteien gebunden. An diesem Prozess ist der Bürge nicht beteiligt, kann also seine Einwände nicht einbringen. Dadurch, dass dem Bürgen der Streit verkündet wird, erhält dieser allerdings die Möglichkeit, den Prozess selbst zu beeinflussen. Erfolgt die Streitverkündung nicht, behält der Bürge das Recht, die Berechtigung des Insolvenzverwalters zur Anfechtung zu bestreiten und in seinem Prozess neu zu verhandeln. Hierbei kann das Gericht zu einem gänzlich anderen Ergebnis kommen, dass an die Feststellungen und damit auch der Entscheidung des Vorprozesses nicht gebunden ist.

Diese neue Rechtsprechung eröffnet für die Vertragspartner von Sicherheitenverträgen nicht nur neue Möglichkeiten, sondern auch Verpflichtungen. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für Banken und Bürgen, sondern für alle Parteien, die eine Sicherheit geben und die eine Sicherheit entgegennehmen.

Wir beraten Sie gerne. Sprechen wir uns an!




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