„Anfechtung einer Erbausschlagung wegen Irrtums über die Werthaltigkeit des Nachlasses“

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In meiner Praxis erlebe ich immer wieder, dass Erben voreilig das Erbe ausschlagen, obwohl noch nicht sicher feststeht, dass der Nachlass überschuldet ist.

Die Ausschlagung der Erbschaft kann von dem Erben angefochten werden, wenn er irrigerweise eine Überschuldung angenommen hatte. Die wirksame Anfechtung der Ausschlagung gilt dann als Annahme der Erbschaft.

Da die Überschuldung der Erbschaft eine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB ist, könnte die Anfechtung auf einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft gestützt werden.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Irrtum bezüglich der Überschuldung auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, also bezüglich des Bestandes an Aktiva oder Passiva beruht.

Hieraus folgt, dass nicht zur Anfechtung berechtigt ist, wer ohne nähere Kenntnis der Zusammensetzung des Nachlasses einer Fehlvorstellung über dessen Größe unterlag.

Derjenige also, der nicht aufgrund einer Bewertung ihm bekannter oder zugänglicher Fakten zu dem Ergebnis gelangt war, die Erbschaft wolle er annehmen oder ausschlagen, sondern seine Entscheidung auf spekulativer Grundlage getroffen hatte, ist nicht zur Anfechtung berechtigt.   

In seinem Urteil vom 09.12.2020 hat das OLG Düsseldorf Grundsätze zur Anfechtung von Erbausschlagungen aufgestellt. Es hat den folgenden Leitsatz aufgestellt: 

„Der Erbe, der die Erbschaft ohne Angabe von Gründen ausschlägt und sodann mit Blick auf die inzwischen festgestellte Werthaltigkeit des Nachlasses seine Ausschlagungserklärung anficht, weil er irrtümlich von einem überschuldeten Nachlass ausgegangen sei, macht nicht den Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, sondern einen bloßen unbeachtlichen Motivirrtum geltend, da er seine Ausschlagungserklärung ohne Kenntnis von der Zusammensetzung des Nachlasses und damit auf spekulativer – bewusst ungesicherter – Grundlage abgegeben hat“.

Tipp

Vermeiden Sie eine Ausschlagung der Erbschaft, wenn Sie nicht sicher sind, dass die Erbschaft überschuldet ist. Besser ist es, die Versäumung der Ausschlagungsfrist, also die Annahme der Erbschaft, anzufechten, wenn sich später die Überschuldung der Erbschaft ergibt.

Foto(s): Raimundt Krause

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