Anklage wegen Subventionsbetruges - 9.000 EUR Corona-Soforthilfe - Freispruch

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Mein Mandant hatte im ersten Lockdown im April 2020 bei der IHK eine Corona-Soforthilfe beantragt und 9.000 EUR bekommen. Er musste sich heute vor dem Amtsgericht verantworten, weil die Staatsanwaltschaft meinte, er habe diese Hilfen rechtswidrig erlangt und dabei falsche und unvollständige Angaben im Antrag gemacht. 


Im Kern ging es darum, dass der Mandant auch vor Corona schon in Zahlungsschwierigkeiten gewesen sein soll. Das war zwar der Fall, aber das bedeutet noch lange nicht, dass es sich um einen Subventionsbetrug handelte. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft tat sich in der Verhandlung schwer am gesetzlichen Tatbestand zu arbeiten und meinem Mandanten die Tat nachzuweisen. 


Nach der glaubhaften Einlassung meines Mandanten war es nämlich so, dass bis Januar 2020 erhebliche Umsätze (KfZ-Branche) erwirtschaftet wurde. 2020 brachen dann komplett alle Aufträge weg. Mein Mandant konnte die Miete für seine Werkstatt nicht mehr bezahlen und geriet in Rückstand. Wie viele andere Unternehmer nahm er das Angebot der Regierung an und beantragte die versprochene Corona-Soforthilfe. 


Juristisch geht es in solchen Fällen um die Frage, ob der Antragsteller zahlungsunfähig war. Das Formular zur Antragstellung ist relativ umfangreich und die meisten dürften die mehreren dutzend anzukreuzenden Punkte auch nicht wirklich verstehen. 


Anzukreuzen war etwa:


„Mir ist bekannt, dass es sich bei den Angaben zu Ziffer 1,4.,


5.und 6 um subventionserhebliche Tasachen i.S.d. § 264 StGB und §§ 2 ff. Subventionsgesetz in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über die Vergabe von Subventionen nach Landesrecht (LSubvG)

 handelt. Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben sowie das vorsätzliche oder leichtfertige Unterlassen einer Mitteilung über Änderungen in diesen Angaben eine Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) zur Folge haben können.“


Selbst wenn ein aufmerksamer Bürger diese Formulare komplett lesen würde, so wäre ihm sicher nicht auf Anhieb klar was das eigentlich bedeutet. So unterschreibt der Bürger auch bei den vielen Sozialleistungsangeboten unseres Staates (Sozialhilfe, Hartz 4 etc) eine Reihe von Erklärungen, die er letztlich nicht verstanden oder zur Kenntnis genommen hat. Im vorliegenden Fall war es einfach so, dass der Mandant mehrere Mieten für die Werkstatt im Rückstand war und aufgrund Corona keinerlei Aufträge mehr hatte. Ich habe heute vorgetragen, dass er auch objektiv - selbstredend - zum Empfängerkreis der Hilfen zählte.


Zwar hatte der Mandant private nicht unerhebliche Verbindlichkeiten. Insolvent war er deshalb aber nicht. Deshalb waren seine Angaben im Antrag auch nicht unrichtig.


Die Angaben wären nur dann unrichtig, wenn der Angeklagte tatsächlich am 31.12.2019 ein Unternehmen i. S. v. Art. 2 XVIII der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) betrieben hätte. In Betracht kam bei uns nur ein Fall nach Art.2 XVIII c) Fall 2 der VO. Einziger Eröffnungsgrund bei einem Antrag der Gläubiger ist im Falle einer potentiell insolventen natürlichen Person die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 I, II 1 InsO. Eine solche konnte in der heutigen Hauptverhandlung aber nicht festgestellt werden. Weder seine noch nicht bedienten Forderungen noch die Abnahme der Vermögensauskunft noch hohen Verbindlichkeiten des Angeklagten ließen zwingend auf Zahlungsunfähigkeit schließen. 


Deren Voraussetzungen definiert der BGH wie folgt:


Von einer Zahlungsunfähigkeit ist regelmäßig auszugehen, wenn die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist (BGH II ZR 112/21 m. w. N.).


Der Mandant und seine Ehefrau haben heute glaubhaft gemacht, dass die Hilfen fast ausschließlich zur Begleichung der Mietrückstände gebraucht wurden. Der Richter schlug dann eine Einstellung gegen Geldauflage ein, was die Staatsanwältin ablehnte. Diese forderte dann in ihrem Plädoyer 8 Monate auf Bewährung. Ich plädierte auf Freispruch. In seinem letzten Wort zeigte sich der Angeklagte perplex angesichts der Forderung der Staatsanwaltschaft und kämpfte mit den Tränen. Der Richter sprach ihn dann sogleich frei.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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