Aktuelles zur Verfolgung Ungeimpfter - Strafbefehl wegen Impfpassfälschung

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Weiterhin häufen sich die Verfahren bei gefälschten Impfpässen. Denn die Verfahren können erst jetzt langsam bewältigt werden. Trotzdem ruht noch eine große Masse an Verfahren und es ist noch kein Ende in Sicht. Vielleicht ist es gerade die überwältigende Menge, welche die Richter dahintreibt, sich das Leben einfach zu machen.

Zweifel werden missachtet und übergangen. Gewollt ist ein Abschluss des Verfahrens in Form eines Strafbefehls/Urteils. Die "Tarife" variieren von Bundesland zu Bundesland und von Region zu Region. Ich habe in meiner Praxis schon alles gehabt - 30 Tagessätze bis 130 Tagessätze. Eine Richterin fragte weshalb überhaupt Einspruch erhoben wurde. Sie habe 20-25 Verfahren an ihrem Gericht und niemand habe Einspruch eingelegt. Das ist eben das Kalkül bei jedem Strafbefehl: nach einer summarischen Prüfung der Aktenlage beantragt der Staatsanwalt einen Strafbefehl, der bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe vorsehen kann und den der zuständige Amtsrichter in der Regel auch unterschreibt. Die meisten Betroffenen scheuen den Gang zum Gericht - auch wegen zu hoher Kosten. Viele Richter drohen dann zu Beginn der Verhandlung ganz offen: "Sie wissen aber, dass ich ohne Geständnis mit den Tagessätzen noch höher gehen kann!?" Wohlgemerkt: es gilt in Deutschland eigentlich immer noch die Unschuldsvermutung, aber wer im Recht sein will, der muss sich erst mal einen guten Anwalt besorgen und braucht dann selbst noch starke Nerven, um nicht frühzeitig das Handtuch zu werfen.

Speziell wenn es darum geht, ob der Impfpass denn wirklich gefälscht war, tun sich viele rechtliche und tatsächliche Probleme auf. Ich habe Mandanten, die sich nicht impfen wollten, aber auch solche, die sich impfen ließen, aber in der Apotheke dennoch in den Verdacht geraten sind und verurteilt wurden. In einem aktuellen Video schildere ich wie so eine Verhandlung aussehen kann:


https://www.youtube.com/watch?v=_W0QXy8vORo&t=447s



Wie bereits in einem vergangen Rechtstipp erläutert wurde, ist aufgrund der Gesetzesänderung im vergangenen Jahr bei einer Impfpassfälschung der Straftatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB anwendbar. Problematisch ist dies insbesondere aus einem Grund: Strafbar ist nicht die schriftliche Lüge, sondern die Täuschung über die Identität des Ausstellers. Aus der Urkunde selbst muss sich ergeben, dass der Aussteller, der sich zu erkennen gibt, und der tatsächliche Aussteller nicht die gleiche Person sind. Erst dann ist eine Urkunde falsch, sodass man über eine Urkundenfälschung überhaupt nachdenken kann. Nun möchte man bei Impfpassfälschungen aber keine gefälschte Unterschrift bestrafen, sondern es soll die Täuschung über den Impfstatus bestraft werden, also eine inhaltliche schriftliche Lüge, die doch gerade straflos ist. Der Gesetzgeber erklärte die Urkundenfälschung für anwendbar, ohne die Folgen dieser Überlegung zu überdenken. Daher ist die Gesetzesänderung misslungen und Strafverfahren werden am Tatbestand vorbeigeführt.


Daher bestätigen sich hier völlig die Befürchtungen meines letzten Rechtstipps zu diesem Thema vom 15.04.2022. Dort wiesen wir bereits auf die Problematik hin, die durch die Anwendung des § 267 StGB entsteht. Eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung ist bei diesen Fällen aus jeglicher Perspektive schlicht nicht sinnig.

Trotzdem wird derweil diese Art von Strafverfahren weiterverfolgt und läuft wie folgt ab: Meistens wird durch einen Apotheker Strafanzeige erstattet. Dieser sollte meist ein Zertifikat ausstellen, prüfte die eingetragenen Chargennummern und findet keine Ergebnisse. Somit kommt dieser auf den Verdacht und meldet sich bei der Polizei. Weitere Ermittlungen erfolgen meist nicht, sodass Strafbefehl und Hauptverhandlung meist allein auf dieser Grundlage erfolgen, sogar hin bis zur Verurteilung. Eine Sache, die vergessen oder sogar ignoriert wird, ist die Unterschrift. Der Nachweis, ob die Urkunde falsch ist, erfolgt nicht, stattdessen muss aufgrund der Chargennummern der Beschuldigte nachweisen, dass er tatsächlich geimpft ist. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ lässt sich leider hier nicht finden. Stattdessen gilt ab dem Moment des Verdachts einer Fälschung eine Beweislastumkehr zu Lasten des Beschuldigten.

Wie die Chargennummern generiert oder überprüft werden, weiß niemand so recht. Allerdings ist inzwischen klar, dass es vorkommen kann, dass Chargennummern von hier verimpften Impfdosen nicht erfasst werden, sei es, weil sie abgelaufen oder erst für ein anderes Land bestimmt gewesen sind.


Weiterhin ist die Gefahr groß, auch als Geimpfter der Strafverfolgung ausgesetzt zu werden. Die Verfolgung von Unschuldigen ist nicht auszuschließen. Begründet wird die Strafverfolgung mit dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und dem Schutz von vulnerablen Menschen. Entsprechender Eifer, aber auch Druck herrscht bei den Richtern, eine Verurteilung zu bewirken.

Jedoch kann man davon ausgehen, dass sich dies in der Zukunft wandeln wird, wie es bereits bei anderen Corona-Themen der Fall war. Beispielsweise ist die Rechtsprechung bezüglich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht inzwischen wohlwollender und sieht meistens von Bußgeldern ab. Eine ähnliche Entwicklung kann nun auch bei Impfpassfällen erwartet werden. Corona entflieht langsam dem Bewusstsein der Gesellschaft, die Impfung verliert an Wichtigkeit und eine Gefahr durch das Virus wird bereits von dem meisten Menschen ausgeschlossen. Diese Tatsachen werden sich allmählich auch in der Urteilsfindung niederschlagen. Weiterhin ist die Strafbarkeit vor dem 24.11.2021 (,auf die gingen wir bereits im letzten Rechtstipp ein,) noch nicht endgültig geklärt. Dazu muss weiterhin die Entscheidung des BGH abgewartet werden.

Daher bleibt es dabei: Ein Einspruch lohnt sich. Akzeptieren sie keine Geldstrafe ohne anwaltliche Beratung. Es stellt sich doch oftmals heraus, dass die Staatsanwaltschaft nicht viel in der Hand hat und kein Verfahren zustande kommt. Außerdem kann schon bald mit einer Änderung der Rechtsprechung gerechnet werden.


 In der Sache Impfpassfälschung ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.

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Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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