Anwalt bei Vorladung, Anklage, Strafbefehl mit Vorwurf fahrlässige Körperverletzung

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Der Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung kann unter Umständen – gerade bei Unfällen im Straßenverkehr – schneller auftauchen, als gedacht. Dabei ist eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung gerade nicht von einer besonders bösen Gesinnung abhängig. Der zentrale Vorwurf bezieht sich hier – stark vereinfacht ausgedrückt – auf das Nichtbeachten der erforderlichen Sorgfalt, welche zur Verletzung eines Menschen führt.

Wie hoch ist die Strafe für fahrlässige Körperverletzung?

Für Fahrlässige Körperverletzung droht gem. § 229 StGB grundsätzlich eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Wann macht man sich wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar?

Bei der fahrlässigen Körperverletzung beschreibt die amtliche Überschrift schon recht gut, was nach § 229 StGB unter Strafe gestellt wird. Strafbar ist danach, jemanden aufgrund fahrlässigen Verhaltens an der körperlichen Unversehrtheit zu verletzen.

Was ist eine Körperverletzung?

Eine Körperverletzung besteht entweder in einer körperlichen Misshandlung einer anderen Person oder in einer Schädigung der Gesundheit einer anderen Person.


Eine körperliche Misshandlung ist in diesem Sinne eine üble und unangemessene Behandlung einer anderen Person, die deren körperliches Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 18.08.2015 – 3 StR 289/15 in openJur 2015, 13084). Es ist nicht zwingend erforderlich, dass hierbei Schmerzen verursacht werden; ist dies der Fall spricht das aber zumindest dafür, dass das Geschehene eine körperliche Misshandlung darstellt.


Eine Gesundheitsschädigung begeht derjenige oder diejenige, die bei einer anderen Person einen von der Norm negativ abweichenden körperlichen Zustand hervorruft oder einen solchen Zustand steigert. Ein Beispiel hierfür ist insbesondere das Zufügen von Verletzungen, Wunden.


Zu beachten ist, dass das Zufügen von psychischen Schmerzen allein keine Körperverletzung darstellt. Eine Körperverletzung ist dies nur dann, wenn zusätzlich ein pathologischer Zustand geschaffen wird, es also zu körperlichen Auswirkungen kommt. Vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 12.03.2019 – 4 StR 63/19.

Wann handelt man fahrlässig?

Der Fahrlässigkeitsvorwurf kann vereinfacht ausgedrückt gemacht werden, wenn jemand eine erforderliche Sorgfaltspflicht missachtet und es in der Folge in zurechenbarer Weise zu einer vorhersehbaren und bei rechtmäßigem Alternativverhalten vermeidbaren Körperverletzung bei einer anderen Person kommt.


Sorgfaltspflichten können, müssen aber nicht, gesetzlich ausgestaltet und normiert sein. Gerade der Straßenverkehr ist aber beispielsweise durch zahlreiche gesetzliche Normierungen von Sorgfaltspflichten geprägt (z.B. in der StVO oder dem StVG).


Fahrlässiges Verhalten und einen hinreichenden Tatverdacht bezüglich des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen bejahte zum Beispiel das Landgericht Saarbrücken in einem Beschluss dem ein Fall zugrunde lag, bei dem ein Hausmeister, obwohl dies in seinem Verantwortungsbereich lag, ein Geländer auf dem Dach nicht auf Beschädigungen hin kontrollierte, das Geländer aufgrund der bestehenden Beschädigung nachgab als sich Schüler dagegen lehnten und sich aufgrund des Sturzes vom Dach verletzten. Vgl. LG Saarbrücken, Beschluss v. 24.10.2005 – 8 Qs 73/05 in NstZ-RR 2006, 75.

Darf ich darauf vertrauen, dass sich andere Personen sorgfaltsgemäß verhalten?

Grundsätzlich darf man darauf vertrauen, dass sich andere Personen ordnungsgemäß, sorgfaltsgemäß, verhalten. Relevant ist das insbesondere im Straßenverkehr, wo die Rücksichtnahme auf andere Personen aufgrund der bestehenden gesteigerten Gefahren besonders wichtig ist. Hier dürfen Verkehrsteilnehmer in der Regel darauf vertrauen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer ihrerseits an die Regeln im Straßenverkehr halten.


Hierauf vertrauen darf man allerdings nur, wenn man sich seinerseits an die Regeln hält.

Zudem dürfen keine Anhaltspunkte ersichtlich sein, die dieses Vertrauen ins wanken geraten lassen können. Vgl. BGH, Beschluss v. 27.05.1959 – 4 StR 49/59 in NJW 1959, 1547 m.w.N.

Wenn man also beispielsweise sieht, dass jemand ohne die Vorfahrtsregeln zu beachten auf eine Kreuzung fährt, darf man nicht einfach auf sein Recht beharren und drauf los fahren, weil man selbst Vorfahrt hätte. Kommt es dann zu einer Kollision mit anschließender Verletzung, so kann dann unter Umständen auch dem Fahrzeugfahrer, der eigentlich die Vorfahrt gehabt hätte, ein Fahrlässigkeitsvorwurf im Hinblick auf die Körperverletzung gemacht werden.


Der Vertrauensgrundsatz gilt im Straßenverkehr auch im Verhältnis von Autofahrern gegenüber Fußgängern. So muss ein Autofahrer beispielsweise damit rechnen, dass hinter einem haltenden Bus Fußgänger ein paar Schritte auf die Fahrbahn gehen, ohne den laufenden Straßenverkehr gesehen und entsprechend beachtet zu haben, wohl aber nicht, dass sie ohne den Verkehr zu beachten, über die komplette Fahrbahn laufen. Vgl. BGH, Beschluss v. 27.05.1959 – 4 StR 49/59 in NJW 1959, 1547.

Macht man sich bei einem Unfall wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar?

Das ist durchaus möglich. Gerade wenn es im Rahmen von Verkehrsunfällen im Straßenverkehr zu Verletzungen kommt, kann der Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung auftauchen.

Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass eine Person eine Sorgfaltspflicht verletzt und bei pflichtgemäßem Verhalten niemand verletzt worden wäre, die Körperverletzung also vermeidbar war.

Bei einem Unfall, der auf dem Fehlverhalten einer Person beruht, kann also ggf. der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Raum stehen. Gedacht werden kann hier beispielsweise an das Auffahren auf ein Auto an der Ampel aus Unachtsamkeit oder das Nichtbeachten der Vorfahrt, was zu einer Kollision führt.

Macht man sich wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar, wenn die Verletzung nicht vermeidbar war?

Der Fahrlässigkeitsvorwurf kann nur dann gemacht werden, wenn die Verursachung der Körperverletzung nicht auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre.

Man kann grundsätzlich in diesem Zusammenhang nicht schon dafür bestraft werden, dass man allein das Risiko einer Verletzung durch sein Verhalten erhöht hat.

Kann man sich wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar machen, wenn nochmal alles gut geht und es zu keiner Verletzung kommt?

Nein. Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung setzt voraus, dass es zu einer tatsächlichen Körperverletzung kommt. Man kann in strafrechtlicher Hinsicht nicht über § 229 StGB zur Verantwortung gezogen werden, wenn man weder Vorsatz auf eine Körperverletzung hatte (sondern nur fahrlässig handelte) und es zugleich nicht einmal zu einer Körperverletzung kommt.


Kann ich mich durch das Unterlassen einer Handlung wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar machen?

Ja das ist möglich. Auch durch das Unterlassen einer möglichen und gebotenen Handlung kann man sich unter bestimmten Voraussetzungen wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar machen.

Voraussetzung ist hierbei aber insbesondere, dass der Unterlassende eine sog. Garantenstellung innehat, aus der sich eine Pflicht zum Handeln ergeben kann.

Eine Garantenstellung kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass der Täter und das Opfer in einem besonderen Näheverhältnis zueinander stehen. So haben zum Beispiel Eltern gegenüber ihrem Kind eine Garantenstellung oder Ehegatten untereinander.

Auch aus vorherigem pflichtwidrigen Verhalten oder aus dem Halten einer Gefahrenquelle kann sich eine Garantenstellung ergeben. Eine Gefahrenquelle kann beispielsweise auch ein Kampfhund sein. Wird dieser nicht im erforderlichen Maße beaufsichtigt und wird jemand gebissen und verletzt, so kann unter Umständen der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung auftauchen.




Wie Sie sehen, kann der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung recht schnell auftauchen. Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten eine Strafe nach sich ziehen kann, kann dabei oftmals von Feinheiten und Details abhängen. Wenden Sie sich bei Erhalt einer polizeilichen Vorladung, eines Strafbefehls oder einer Anklage am Besten an einen Fachanwalt für Strafrecht, der auch solche Feinheiten erkennen und eine geeignete Verteidigungsstrategie gerade für Ihren Fall erarbeiten kann.




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