Anwaltshaftung – Muss der Anwalt vorab über die Höhe der Anwaltskosten aufklären?

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Einen Anwalt zu beauftragen kann teuer werden. Nicht selten kommt es vor, dass Betroffene uns Kostenrechnungen anderer Anwaltskanzleien zur Überprüfung vorlegen, weil sie über die Höhe der berechneten Kosten überrascht und teilweise geradezu empört sind.

In diesem Artikel beschäftigen wir uns erneut mitdem Thema Anwaltshaftung. Weitere Informationen zu diesem Themenkomplex finden Sie in folgenden Artikeln:

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I. Korrekte Gebührenabrechnung

Zuerst ist zu prüfen, ob die Rechnung des Anwalts an sich überhaupt korrekt ist. Stehen die berechneten Gebühren mit den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) im Einklang? Wurde das geschuldete Honorar entsprechend der beauftragten und geleisteten anwaltlichen Tätigkeit zutreffend berechnet?


II. Aufklärungspflicht?

Wenn diese Fragen zu bejahen sind und die Rechnung des Anwalts grundsätzlich korrekt ist, ist zu prüfen, ob der Anwalt möglicherweise Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt hat. Das Problem besteht nämlich darin, dass viele Mandanten von der Beauftragung des Anwalts Abstand genommen hätten, wenn sie gewusst hätten, wie hoch die Kosten ausfallen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24.05.2007 - IX ZR 89/06) ist der Anwalt im Grundsatz jedoch nicht zur Aufklärung über entstehende Kosten verpflichtet. Es wird davon ausgegangen, dass jedem klar sein muss, dass ein Anwalt nicht umsonst arbeitet. Auch die Höhe der anfallenden Kosten bedarf nach Ansicht des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keiner Aufklärung, da diese gesetzlich geregelt sind.

Entgegen diesem Grundsatz ist der Anwalt aber in folgenden Fällen trotzdem zur Aufklärung verpflichtet:

1. Auf Nachfrage

Wenn der Mandant fragt, welche Kosten durch die Beauftragung entstehen würden, muss der Anwalt hierüber selbstverständlich konkret Auskunft geben. Deshalb ist es generell zu empfehlen, vor der Beauftragung des Anwalts mit diesem über anfallende Kosten zu sprechen und im Zweifelsfall um eine schriftliche Aufstellung über die zu erwartenden Kosten und ein eventuelles Prozessrisiko zu bitten.


2. Hinweis auf Gebühren nach „Gegenstandswert“

Nach § 49 Abs. 5 RVG ist der Anwalt dazu verpflichtet, vor Übernahme des Auftrags den Mandanten darauf hinzuweisen, wenn sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. In zivilrechtlichen Angelegenheiten ist dies meistens der Fall. Ein entsprechender Hinweis ist deshalb meist in den von Anwälten verwendeten Formularen zur anwaltlichen Beauftragung enthalten. Wenn ein solcher Hinweis fehlt, liegt eine erhebliche Aufklärungspflichtverletzung vor.


3. Ausnahmsweise Aufklärungspflicht bei besonderen Umständen

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann als Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz eine Pflicht zur Aufklärung über die voraussichtliche Höhe der anwaltlichen Vergütung bestehen, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls dies nach Treu und Glauben erfordern (BGH, Urteil vom 2.7.1998 - IX ZR 63–97): „Insoweit hat die erforderliche Gesamtwürdigung einerseits den Schwierigkeitsgrad und Umfang der anwaltlichen Aufgabe, einen ungewöhnlich hohen Gegenstandswert und sich daraus ergebende hohe Gebühren, die das vom Auftraggeber erstrebte Ziel wirtschaftlich sinnlos machen können, andererseits die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten sowie dessen Vermögensverhältnisse und Erfahrung im Umgang mit Rechtsanwälten zu berücksichtigen. Letztlich hängt die anwaltliche Pflicht, den Auftraggeber vor Vertragsschluss über die voraussichtliche Höhe der Vergütung aufzuklären, entscheidend davon ab, ob der Rechtsanwalt nach den Umständen des Einzelfalls ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis des Mandanten erkennen konnte und musste.“


4. Anwaltshonorar außer Verhältnis zu dem erreichbaren wirtschaftlichen Vorteil

Insbesondere hat die Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht des Anwalts erkannt, wenn das anfallende Honorar so hoch ist, dass es für den Mandanten wirtschaftlich überhaupt nicht sinnvoll ist, den Anwalt zu beauftragen, da die Kosten dann höher sind, als das wirtschaftliche Interesse des Mandanten. Beispiel: der Mandant wendet sich an den Anwalt, weil er sich gegen eine Mietforderung in Höhe von 500,00 € zur Wehr setzen will. Wenn von vornherein feststeht, dass die Anwaltskosten bereits höher als 500,00 € sind und der Mandant hierauf sitzen bleiben wird, muss der Anwalt darauf hinweisen. Dies erscheint eigentlich selbstverständlich, da es schließlich die Aufgabe des Anwalts ist, die Interessen des Mandanten zu vertreten. Wenn von Anfang an ersichtlich ist, dass der Mandant mit der anwaltlichen Beauftragung ausschließlich ein wirtschaftliches Interesse verfolgt, welches unter Berücksichtigung der anfallenden Anwaltskosten nicht erreicht werden kann, muss der Anwalt von einem entsprechenden Vorgehen abraten. Keinesfalls darf der Anwalt seine eigenen Gebühreninteressen über die Interessen des Mandanten stellen.


5. Erkennbarer Irrtum des Mandanten über die anfallenden Kosten

Schließlich muss der Anwalt auch dann Aufklärung leisten, wenn er erkennen kann, dass der Mandant offensichtlich falsche Vorstellungen über die anwaltlichen Kosten hat. Dies kann einerseits dadurch zutage treten, dass der Mandant seinerseits eine unzutreffende Vorstellung über die zu erwartenden Kosten äußert. Andererseits ist der Anwalt aber auch dann zur Richtigstellung verpflichtet, wenn er selbst einen falschen Eindruck über die entstehenden Kosten erweckt hat. Auch wenn der Mandant erkennbar fälschlich davon ausgeht, dass eine Rechtschutzversicherung die Kosten übernehmen wird, muss der Anwalt hierauf hinweisen.


III. Aufklärungspflichtverletzungen führen zum Schadensersatzanspruch des Mandanten

Wenn der Anwalt einer bestehenden Hinweispflicht nicht nachkommt, ist er zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass der Anwalt die eigentlich anfallenden Gebühren nicht verlangen kann. Wenn der Mandant bei gebotener anwaltlicher Aufklärung den Auftrag gegenüber dem Anwalt nicht erteilt hätte, ist der Mandant nicht zur Bezahlung der entstandenen Gebühren verpflichtet.

ie Kanzlei TREWIUS Rechtsanwälte steht Ihnen gerne für eine kostenlose Erstberatung zur Verfügung. Weitere Informationen zum Thema Anwaltshaftung, Anwaltskosten und Gebühren finden Sie auf unserer Internetseite.

Foto(s): www.trewius.de

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