Arbeit auf Probe: Anspruch auf Gehalt?

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Probearbeit im Einfühlungsverhältnis
 

Gelegentlich kommt es vor, dass ein Arbeitgeber nach dem Vorstellungsgespräch noch nicht ganz überzeugt von einem Bewerber ist. In diesem Fall ist die Einladung zum Probearbeiten üblich geworden. Damit kann das Unternehmen den Bewerber gewissermaßen "testen" und vor allem persönlich besser kennen lernen. Gleichzeitig hat der Bewerber die Möglichkeit, den ausgeschriebenen Arbeitsplatz und das Unternehmensklima in Augenschein zu nehmen. Beide Seiten sollen sich so „beschnuppern“ können. Juristisch wird daher auch nicht von Probearbeit, sondern von einem so genannten „Einfühlungsverhältnis“ gesprochen.

Geld für Arbeit
 

Wenn das Einfühlungsverhältnis nach seinem Ablauf für beide Seiten zufriedenstellend in einem regulären Arbeitsverhältnis mündet, wird der Bewerber kaum auf die Idee kommen, finanzielle Forderungen für die erprobte Arbeitsleistung zu stellen. Anders kann es sein, wenn es nicht zu einer Einstellung kommt. In diesem Fall sieht der Bewerber es häufig nicht ein, seine Tätigkeit dem Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt zu haben.

Gehaltsanspruch durch Vereinbarung

Grundsätzlich gilt: Ein Anspruch auf Gehalt kann nur ausnahmsweise angenommen werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine Vergütung vor Beginn der Probearbeit mündlich oder schriftlich vereinbart worden ist. Der Bewerber trägt dabei die volle Beweislast für die Behauptung, man habe sich auf eine Bezahlung des Einfühlungs­verhältnisses geeinigt. Wenn er die Frage der Vergütung erst nach Ende der Probearbeit anspricht, genügt dies nicht. Häufig schließen Arbeitgeber mit dem Bewerber sogar Vereinbarungen, die ausdrücklich festhalten, dass für die Probearbeit keine Vergütungspflicht entsteht.

Dauer der Probearbeit oft entscheidend
 

Sofern keine Vereinbarung getroffen, ist auf die Dauer der Probearbeit abzustellen. Wenn die Arbeit nur wenige Tage, höchstens aber eine Woche gedauert hat, geht die Rechtsprechung in aller Regel davon aus, dass lediglich ein Einfühlungsverhältnis gewünscht war. In diesem Fall ist dann keine Vergütung geschuldet.
Anders kann es auch bei nur drei Tagen Probearbeit aussehen, wenn der Bewerber schon mit vollem Leistungsabruf in einem Schichtbetrieb eingesetzt wird (LAG Düsseldorf, Urteil vom 6.7.2007, 9 Sa 598/07).

Anspruch durch stillschweigende Entstehung eines Arbeitsverhältnisses
 

Wenn das Probearbeiten über ein bloßes Kennenlernen hinaus geht, liegt nach der Rechtsprechung ein stillschweigend geschlossener Arbeitsvertrag vor, der dann auch einen Gehaltsanspruch nach sich zieht (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.03.2005, Az. 4 Sa 11/05).
Arbeitgeber sollten daher darauf achten, dass der Bewerber nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet wird, er nicht in Dienstplänen eingeteilt wird und das Unternehmen ihm auch sonst keine Weisungen erteilt. Ein Arbeitsverhältnis kann zum Beispiel dann vorliegen, wenn der Bewerber zu bestimmten festgelegen Zeiten erscheinen soll oder Dienstkleidung tragen muss. Ebenso spricht es für einen Arbeitsvertrag, wenn der Bewerber vom Vorgesetzten gebeten wird, bestimmte Tätigkeiten dauerhaft oder wiederholt auszuüben.

Beweislast und Rechtsfolge

Wenn trotz einiger Indizien Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bestehen, ist in der Rechtsprechung noch nicht einheitlich geklärt, wer die Beweislast trägt. Nach dem LAG Rheinland-Pfalz muss der Bewerber beweisen, dass stillschweigend ein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist (Urteil vom 25.09.2017, 3 Sa 263/17). Das LAG Baden-Württemberg sieht dagegen den Arbeitgeber in der Pflicht zu beweisen, dass kein Arbeits-, sondern nur ein Einfühlungsverhältnis zustande gekommen ist (Urteil vom 25.04.2007, Az. 13 Sa 129/05). Das LAG München sieht ihn dann in der Beweispflicht, wenn später zwar ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, der Arbeitgeber sich aber weigert, die Probearbeit zu bezahlen (Urteil vom 09.05.2016, 10 Sa 690/15).

Sofern ein Arbeitsverhältnis festgestellt wird, ergeben sich zunächst Gehaltsansprüche des Bewerbers für die Probearbeit. Das entstandene Arbeitsverhältnis muss darüber hinaus durch den Arbeitgeber gekündigt werden. Schließlich haftet der Arbeitgeber auch für Unfälle während der Tätigkeit des Bewerbers.

Fazit

Grundsätzlich hat der Bewerber keinen Anspruch auf Gehalt für die Probearbeit, es sei denn eine Vergütung wurde vereinbart oder aus der Dauer oder Art der Tätigkeit und des Einsatzes des Bewerbers durch das Unternehmen ergibt sich ein reguläres Arbeitsverhältnis.

Foto(s): @picjumbo.com

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