Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage verpasst: Nach 3 Wochen alles vorbei?

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Wer von seinem Arbeitgeber eine Kündigung erhalten hat und sich dagegen wehren will, hat eine  sehr kurze (!) Frist zu beachten. Denn innerhalb von 3 Wochen muss Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Diese Frist beginnt ab dem Zugang des Kündigungsschreibens zu laufen, wobei gemäß §§ 187, 188 BGB der Tag des Zugangs nicht mitgerechnet wird.

Beispiel:
 Das Kündigungsschreiben wird Ihnen am Montag, den 3. Januar, vor Zeugen überreicht. Es müsste nun bis spätestens Montag, den 24. Januar (23.59 Uhr), Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden.

Wird die Frist verpasst, gilt die Kündigung grundsätzlich als wirksam. Auch offen­sichtliche Mängel (z.B. kein Kündigungsgrund ersichtlich) führen nicht automatisch zur Unwirksamkeit einer Kündigung. Diese muss vielmehr grundsätzlich gerichtlich geltend gemacht werden.

Anders ist es lediglich, wenn die Kündigung nicht unterschrieben wurde oder nur mündlich erklärt worden ist. Denn dann beginnt die Klagefrist nach der Rechtsprechung schon gar nicht zu laufen (BAG 26.3.2009 – 2 AZR 403/07), wobei eine erst viele Wochen später eingereichte Klage später aufgrund von Verwirkung abgewiesen werden könnte.

Klagefrist verpasst?

Hat der Arbeitnehmer die genannte 3-Wochen-Frist verpasst, kann er nur noch versuchen, ausnahmsweise eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gemäß § 5 Kündigungsschutzgesetz zu erreichen. Hier gelten jedoch strenge Maßstäbe.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage nachträglich nur dann zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm persönlich nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig zu erheben.

Dabei ist immer der Einzelfall zu betrachten: So kommt es ganz auf die individuelle Situation und die persönlichen Fähigkeiten des einzelnen Arbeitnehmers an. Den Arbeitnehmer darf vor allem kein Verschulden dafür treffen, dass er die Klage erst verspätet erhebt.

Krankheit als Entschuldigung

Kein Verschulden trifft den Arbeitnehmer bei einer schweren Erkrankung, wenn er also ernsthaft krank ist und aufgrund der Krankheit nicht in der Lage ist, die Kündigungsschutzklage selbst einzureichen. Dies wird von der Rechtsprechung streng beurteilt. In einem Fall, bei dem der Arbeitgeber sich noch Zeitschriften in einem Lottogeschäft besorgen konnte, wurde ihm zugemutet, seine Rechte fristgerecht wahrzunehmen (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 18.7.1978, 8 Ta 41/78). In einem anderen Fall wurde von einem Arbeitnehmer mit einer nachgewiesenen depressiven Angst­störung - der aber noch in der Lage war, in eine neue eigene Wohnung umzuziehen - ebenfalls erwartet, die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage einzuhalten (LAG Niedersachsen, Beschluss v. 6.9.2005, 5 Ta 255/05).

 Urlaub als Entschuldigung


Ein weiterer Grund für die Fristversäumung kann ein Urlaub des Arbeitnehmers sein. So kommt es vor, dass das Kündigungs­schreiben während der urlausbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers in seinen Briefkasten geworfen wird. Manchen Arbeitgebern ist bekannt, dass der Arbeitnehmer länger nicht zu Hause ist und sie nutzen dies manchmal gezielt aus. Ein Arbeitnehmer, der in einen genehmigten Urlaub fährt und deshalb vorübergehend seine Wohnung nicht nutzt, muss jedoch grundsätzlich keine besonderen Vorkehrungen hinsichtlich möglicher Zustellungen von Schriftstücken in der Zeit seiner Abwesenheit treffen (BAG AP Nr. 16 zu § 130 BGB; LAG Hamm v. 18.04.1996, 5 Ta 150/95).

Rückkehr aus dem Urlaub nach Fristende

Die Versäumung der Klagefrist ist zumindest dann immer unverschuldet und die Kündigungs­­schutz­klage nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der 3-Wochen-Frist aus dem Urlaub zurückkehrt und die Kündigung vorfindet.
 
Wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung im Urlaub seinen Urlaub verlängern muss und erst nach Ablauf der Klagefrist zurückkehrt, ist ihm nachträgliche Klagezulassung zu gewähren, wenn er dem Arbeitgeber seine Anschrift im Ausland mitgeteilt hatte und dieser ihm trotzdem keine Kündigungsmitteilung ins Ausland zukommen ließ (LAG Köln 30.5.2007 LAGE § 5 KSchG Nr. 116). Dagegen trifft einen Arbeitnehmer, der sich länger im Ausland aufhält und nicht dafür gesorgt hat, dass jemand regelmäßig der Briefkasten an seiner Meldeanschrift prüft und ihn über wichtige Schreiben informiert, ein Verschulden für das Versäumen der Frist (BAG, Urt. v. 25.04.2018, 2 AZR 493/17).

Rückkehr aus dem Urlaub vor Fristende

Kommt der Arbeitnehmer bereits vor Ablauf der Klagefrist aus dem Urlaub zurück, muss er allerdings die Klagefrist grundsätzlich einhalten und insbesondere die noch verbleibende Zeit bis zum Fristablauf nutzen. Zumindest ist dies so, wenn ihm noch eine Woche bis Ende der Klagefrist bleibt (LAG Köln 14.7.1997 NZA-RR 1998, 14). Wenn er jedoch erst kurz vor Fristablauf aus dem Urlaub zurückkehrt, wird dem Arbeitnehmer über den Fristablauf hinaus noch eine kurze weitere Überlegungsfrist zugebilligt, während der er sich rechtskundig machen kann. In der Regel werden dem Arbeitnehmer hierfür mindestens drei Werktage ab Kenntnis der Kündigung zugestanden (LAG München, Beschluss vom 23.01.1992, 4 Ta 16/92).

Unkenntnis oder Irrtum des Arbeitnehmers über die Klagefrist

Eine nachträgliche Zulassung der Klage kann auch dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer nicht wusste, dass eine Klagefrist läuft bzw. wann sie endet. Zunächst ist dabei auf die zu erwartenden Kenntnisse des Arbeitnehmers abzustellen. An eine Verkäuferin sind etwa andere Maßstäbe anzulegen als an einen juristischen Angestellten, da dieser bereits selbst das nötige Wissen haben müsste. Grundsätzlich ist es einem gekündigten Arbeitnehmer, der eine Kündigung nicht akzeptieren will, bei fehlenden Rechtskenntnissen zuzumuten, sich rechtzeitig um Beratung durch eine zuverlässige Stelle wie einem Anwalt oder einer Gewerkschaft zu kümmern (LAG München 26.4.2005, 11 Ta 427/04, EzA-SD 14/05 S. 9 LS). Wenn man dem Arbeitnehmer sein persönliches fehlendes Wissen nicht vorwerfen kann und dieser sich an eine „zur Erteilung von Auskünften geeignete, zuverlässige Stelle“ gewandt und dort eine fehlerhafte Auskunft erhalten hat, die zur Fristversäumnis geführt hat, kann er einen Antrag auf nachträgliche Zulassung stellen.

Frist für den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage

Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage muss ebenfalls fristgemäß eingereicht werden: Er muss innerhalb von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses, das die rechtzeitigen Klageerhebung verhindert hat, gestellt werden. Bei der Antragsstellung müssen die Hindernisgründe dem Gericht glaubhaft gemacht werden (z.B. durch Attest, Urlaubsnachweis, fehlerhafte Rechtsauskunft eines Dritten oder eidesstattliche Versicherung).

Eine Chance, die verpasste Klagefrist zu retten, besteht also häufig.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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