Arbeitsrechtliche Fragen zum Coronavirus

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Das Coronavirus Covid-19 wirkt sich nicht nur auf die Gesundheit aus, sondern trifft auch das Arbeitsleben und das Arbeitsrecht. Sowohl aus Arbeitnehmer- als auch aus Arbeitgeberseite ist die Corona-Krise mit großer Unsicherheit verbunden.

Nachfolgend möchte ich wichtige gesetzliche Regelungen zu dieser neuen Situation zusammenfassend erläutern:

1. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld

Unter Kurzarbeit ist die Verkürzung der Arbeitszeit zu verstehen. Dabei können die Beschäftigten eines Unternehmens unterschiedlich betroffen sein. Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit anordnen, wenn eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag enthalten ist, wenn eine entsprechende Vereinbarung mit dem Betriebsrat vorliegt. Ist eine solche Vereinbarung nicht gegeben, ist für die Anordnung der Kurzarbeit die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich.

Die Vergütung für die Tage, an denen der Arbeitnehmer auf Grund der reduzierten Arbeitszeit nicht gearbeitet hat, soll durch das Kurzarbeitergeld abgedeckt werden. Für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % und für Arbeitnehmer ohne Kinder 60 % des Nettoentgelts. Für die Zeit, in der der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbracht hat, erhält er sein anteiliges Gehalt vom Arbeitgeber. Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitsgeld ist, dass ein Arbeitsausfall unvermeidbar ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn Überstunden abgebaut werden können oder wenn Urlaub genommen werden kann.

2. Kündigung 

Im Zusammenhang mit Covid-19 kommt in der Regel nur eine betriebsbedingte oder eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Die gesetzlichen Vorschriften, die die Kündigung regeln, gelten jedoch weiterhin. Kündigungsfristen und der Kündigungsschutz müssen auch während der Corona-Krise berücksichtigt werden.

Die Corona-Krise an sich reicht als Begründung für eine Kündigung nicht aus. Die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus können aber einen berechtigten Grund für eine betriebsbedingte Kündigung darstellen.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist zulässig, wenn „dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen“ die Kündigung rechtfertigen.

Im Fall einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber den Nachweis dafür erbringen, dass der betroffene Arbeitsplatz dauerhaft weggefallen ist und dass aus betrieblichen Gründen eine weitere, wenn auch anderweitige Beschäftigung nicht mehr möglich ist.

Eine personenbedingte Kündigung ist zulässig, wenn die Gründe der Kündigung in der Person des Mitarbeiters liegen. Eine personenbedingte Kündigung kann auch aufgrund einer Erkrankung ausgesprochen werden. Sie setzt aber eine negative Gesundheitsprognose voraus, was bedeutet, dass der betroffene Arbeitnehmer auch zukünftig nicht in der Lage sein wird, seine vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen.  Bei einem Arbeitnehmer, der sich mit dem Coronavirus angesteckt hat, kann in der Regel nicht von einem auch in der Zukunft andauernden Ausfall die Rede sein.

Sollte ein Arbeitnehmer eine Kündigung erhalten, so ist eine rechtliche Überprüfung dieser Kündigung dringend empfohlen, denn eine Kündigung unterliegt strengen Formalitäten und darf in der Regel nur als letztes Mittel erfolgen. Kann die Kündigung durch die Beantragung von Kurzarbeitergeld vermieden werden, so ist sie unzulässig. Bei einer Kündigung bedarf es einer Überprüfung des Einzelfalls unter Berücksichtigung aller Umstände und der Interessen des Arbeitgebers sowie des Arbeitnehmers.

3. Homeoffice

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich dazu verpflichtet seine Arbeitsleistung am vereinbarten Arbeitsort zu erbringen. Arbeitnehmer dürfen aus Sorge vor einer Ansteckung nicht eigenwillig zu Hause bleiben und von dort aus im Homeoffice arbeiten. Einen Anspruch auf Homeoffice hat der Arbeitnehmer in der Regel nicht. Nur wenn eine Vereinbarung über Homeoffice zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer besteht, oder die Erbringung der Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer unzumutbar ist, darf der Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz fernbleiben.

Eine Unzumutbarkeit liegt jedoch nur dann vor, wenn die Erbringung der Arbeitsleistung mit der erheblichen Gefahr verbunden ist, sich z .B. mit dem Coronavirus anzustecken. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn es bereits bestätigte Corona-Fälle von Kollegen in der Arbeit gibt. Allein die Möglichkeit einer Ansteckung außerhalb der eigenen vier Wände begründet nicht die Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung.

Genauso kann auch der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht dazu zwingen von zu Hause aus zu arbeiten.

4. Vergütung bei Kinderbetreuung

Ein Arbeitnehmer darf bei Schließung der Kindergärten, der Kitas oder der Schulen für die Betreuung seines Kindes, wenn eine solche notwendig und nicht anderweitig möglich ist, zu Hause bleiben und die Erbringung seiner Arbeit verweigern.

Eltern, die ihre Kinder wegen der Corona-Pandemie zu Hause betreuen und deshalb ihren Beruf nicht ausüben können, haben bisher für sechs Wochen Anspruch auf bis zu 67 % ihres Nettoeinkommens. Die Zahlung ist auf höchstens 2.016,00 Euro pro Monat begrenzt. Die Regelungen gelten nur für Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren. Für Kinder mit Behinderung gibt ist keine Altersgrenze. Künftig soll der Anspruch für zehn Wochen pro Elternteil gelten. Alleinerziehende Eltern sollen sogar einen Anspruch von bis zu 20 Wochen haben.

Da die gesetzlichen Regelungen nur für die oben erwähnten Fälle gelten, müssen Eltern in allen anderen Fällen für die Kinderbetreuung Urlaub nehmen. Während des Urlaubs erhalten sie wie sonst auch ihr Gehalt vom Arbeitgeber.

5. Vergütung im Krankheitsfall

Ist ein Arbeitnehmer erkrankt, so hat er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen. Sollte ein Arbeitnehmer über diese Zeit hinaus krank sein, so zahlt die Krankenkasse des Arbeitnehmers nach Ablauf der sechs Wochen ca. 70 % des Gehalts aus. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis seit mindestens vier Wochen ununterbrochen besteht.

6. Quarantäne 

Muss sich ein Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anordnung für nicht erhebliche Zeit in Quarantäne begeben, so ist er von seiner Arbeitspflicht befreit.  Der Arbeitnehmer erhält weiterhin sein reguläres Gehalt. In diesem Fall hat der Arbeitgeber einen Entschädigungsanspruch gegenüber der zuständigen Behörde.

7. Geplanten Urlaub verschieben

Ist ein Urlaub angemeldet und vom Arbeitgeber bereits bewilligt, so ist er verbindlich. Nur durch eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber lässt sich der Urlaub auf einen späteren Zeitpunkt verlegen.

8. Überstunden

Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich nur dann dazu verpflichtet über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus Arbeit zu erbringen, wenn dies im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Ist eine Vereinbarung nicht gegeben, so muss der Arbeitnehmer grundsätzlich keine Überstunden machen. 

Der Arbeitgeber kann jedoch Überstunden anordnen, wenn durch diese ein dem Betrieb drohender Schaden abgewendet werden kann.  Hier bedarf es einer Überprüfung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände und gegenläufigen Interessen.

In einem Betrieb, welcher Kurzarbeit angemeldet hat, sind Überstunden nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig.

9. Unzureichende Schutzmaßnahmen

Sind vom Arbeitgeber keine ausreichenden Schutzmaßnahmen getroffen worden, um die Ansteckung mit dem Coronavirus einzudämmen, so hat der Arbeitnehmer das Recht seine Arbeitsleistung nicht zu erbringen und kann dabei weiterhin sein reguläres Gehalt fordern.

In diesem Fall gilt es jedoch vorsichtig zu sein. Steht dem Arbeitnehmer kein Zurückbehaltungsrecht seiner Arbeitsleistung zu, und er erbringt diese nicht, so hat der Arbeitgeber das Recht ihn abzumahnen oder sogar das Arbeitsverhältnis zu kündigen.

10. Vorübergehende Betriebsschließung

Besteht lediglich ein Wirtschaftsrisiko für den Arbeitgeber, das heißt kann dieser seinen Betrieb nicht mehr weiterführen, weil er keine Gewinne mehr erzielt und schließt er seinen den Betrieb aus diesem Grund vorübergehend, so steht dem Arbeitnehmer für diesen Zeitraum ein entsprechender Lohnanspruch zu.

Wird der Betrieb jedoch aufgrund des Betriebsrisikos geschlossen, das heißt, weil beispielsweise zu viele Arbeitnehmer erkrankt sind oder weil für den Betrieb überlebenswichtige Ware nicht geliefert werden kann und die Schließung damit nicht vom Willen des Arbeitgebers abhängt, so steht dem Arbeitnehmer kein Lohnanspruch zu.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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