Arbeitszeugnis – Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung und seine Grenzen

  • 2 Minuten Lesezeit

Arbeitszeugnisse sind Alltag in der Arbeitswelt. Gleichwohl entstehen häufig Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer*Innen und Arbeitgeber*innen über die konkrete Ausgestaltung und Formulierung. Arbeitszeugnisse dienen oftmals als Bewerbungsunterlage und haben damit zum Teil Einfluss auf eine Auswahlentscheidung bei zukünftigen Arbeitgeber*innen und können Bewerbungschancen beeinflussen.

Grundlagen

Gesetzliche Grundlage für die Erteilung sind die § 630 BGB und § 109 GewO. Der Arbeitgeber hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses die Verpflichtung ein (einfaches) schriftliches Arbeitszeugnis zu erteilen. Ein einfaches Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Auf Verlangen ist dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Ein solches muss über die Mindestangaben hinaus Angaben zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis beinhalten.

Ein Arbeitszeugnis muss den Grundsätzen der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit entsprechen. Der Grundsatz der Zeugnisklarheit meint, dass das Zeugnis klar, vollständig und verständlich sein muss. Es dürfen keine versteckten Aussagen über Arbeitnehmer*Innen getroffen werden. Der Grundsatz der Zeugniswahrheit besagt, dass Arbeitgeber*Innen keine falschen Ausführungen zu Gunsten oder zu Lasten der Arbeitnehmer*Innen aufnehmen dürfen. Auch das Weglassen von Ausführungen, die zu erwarten sind, ist unzulässig. Gleichzeitig wird von Arbeitgeber*Innen ein wohlwollendes Zeugnis verlangt, um Arbeitnehmer*Innen nicht in ihrem beruflichen Fortkommen zu behindern. Unter Beachtung dieser Grundsätze kommt Arbeitgeber*Innen ein Ermessens- und Beurteilungsspielraum zu.

Es existiert eine gefestigte und umfassende Rechtsprechung zu Arbeitszeugnissen, deren Aufbau und konkreten Einzelformulierungen. In der Praxis hat sich eine eigene sprachliche Bewertungsskala entwickelt.

Aktuelle Gerichtsentscheidungen

Es werden jedoch nach wie vor höchstrichterliche Entscheidungen zu konkreten Ausgestaltungsformen gefällt.

In einer Entscheidung aus dem April 2021 erteilte das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 27.04.2021 – Az. 9 AZR 262/20) einer Leistung- und Verhaltensbeurteilung in Tabellenform eine Absage:

„Der Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch eines Arbeitnehmers nach § 109 GewO regelmäßig nicht dadurch, dass er Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis in einer an ein Schulzeugnis angelehnten tabellarischen Darstellungsform beurteilt. Die zur Erreichung des Zeugniszwecks erforderlichen individuellen Hervorhebungen und Differenzierungen in der Beurteilung lassen sich regelmäßig nur durch ein im Fließtext formuliertes Arbeitszeugnis angemessen herausstellen.“

In einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Januar 2022 (Urteil vom 25.01.2022 – Az. 9 AZR 146/21) wurde bestätigt, dass Arbeitnehmer*Innen keinen Anspruch auf Aufnahme einer Dankes- und Wunschformel in das Arbeitszeugnis haben. Nach Auffassung des BAG ist eine Dankes- und Wunschformel nicht integraler Bestandteil eines Arbeitszeugnisses, da es sich lediglich um eine formelhafte Wiederholung der bereits zuvor abgegebenen Leistung- und Verhaltensbeurteilung handele. Die Aufnahme einer Dankes- und Wunschformel bringe vielmehr Gedanken und Gefühle der Arbeitgeber*innen zum Ausdruck. Durch eine Verpflichtung zur Aufnahme in das Arbeitszeugnis würden Arbeitgeber*Innen in ihrer negativen Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beeinträchtigt.


Sie haben Fragen zur rechtssicheren Gestaltung von Arbeitszeugnissen, möchten ein Arbeitszeugnis überprüfen lassen oder haben Fragen zu anderen arbeitsrechtlichen Themen? Sprechen Sie uns gerne an! 



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Arne Fleßer

Beiträge zum Thema