Vertragsfreiheit: Bedeutung und Grenzen im Überblick
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Die Vertragsfreiheit ist ein Kernprinzip des deutschen Rechts, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 311 Abs. 1 vorausgesetzt wird. Demnach steht es jeder Person frei, Verträge abzuschließen und dabei den Inhalt sowie die Parteien des Vertrags selbst zu bestimmen.
Dieser Grundsatz gibt den Parteien die Möglichkeit, ihre eigenen Interessen und Bedingungen in einem Vertrag festzulegen, solange sie nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstoßen. Als Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit, wird die Vertragsfreiheit grundrechtlich durch Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützt.
Was umfasst die Vertragsfreiheit?
Die Vertragsfreiheit umfasst sowohl die Freiheit, einen Vertrag abzuschließen – positive Abschlussfreiheit – oder auch nicht abzuschließen – negative Abschlussfreiheit –, als auch die Freiheit, einen Vertrag inhaltlich frei zu gestalten. Abschlussfreiheit meint also die Freiheit, sich für oder gegen den Abschluss eines Vertrags zu entscheiden. Weder Verbraucher noch Unternehmen können – außer in seltenen Ausnahmefällen – zu Vertragsabschlüssen gezwungen werden. Die Abschlussfreiheit gibt den Parteien die Möglichkeit, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und Verträge nur dann einzugehen, wenn sie damit einverstanden sind. Generell ermöglicht die Vertragsfreiheit den Verbrauchern, ihre Rechte und Bedürfnisse bei Vertragsverhandlungen zu wahren. Sie können die Vertragsbedingungen aushandeln und auf ihre individuellen Bedürfnisse zuschneiden. Dieser Grundsatz trägt zur Förderung des Wettbewerbs bei und ermöglicht den Verbrauchern, aus einer Vielzahl von Angeboten das für sie günstigste auszuwählen.
Daneben umfasst die Vertragsfreiheit auch die Vertragsbeendigungs- oder Vertragsaufhebungsfreiheit. Das heißt, die Parteien können sich von einem Vertrag, der bereits geschlossen wurde, grundsätzlich auch wieder lösen, vorausgesetzt, es gibt ein Kündigungsrecht. Ein solches kann sich aus der vertraglichen Vereinbarung oder aus dem Gesetz ergeben.
Die Vertragsfreiheit beinhaltet auch die Formfreiheit, das heißt, die Freiheit der Parteien, den Vertrag in der von ihnen gewählten Form abzuschließen. Grundsätzlich können Verträge mündlich, schriftlich oder konkludent – sprich durch schlüssiges Verhalten – abgeschlossen werden. Es gibt jedoch bestimmte Verträge, für die das Gesetz eine besondere Form vorschreibt, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Beispielsweise müssen Grundstückskaufverträge notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein.
Vertragsfreiheit anhand von Beispielen erklärt
Das Grundprinzip der Vertragsfreiheit erstreckt sich auf verschiedene Bereiche des täglichen Lebens. Am besten lässt sich dies anhand konkreter Anwendungsbeispiele aus der Praxis verdeutlichen:
Vertragsfreiheit im Kaufvertragsrecht
Beim Kauf von Produkten oder Dienstleistungen haben Verbraucher das Recht, die Vertragsbedingungen auszuhandeln. Dies umfasst den Preis, die Zahlungsbedingungen, Garantien und andere Vertragsklauseln.
Es spielt keine Rolle, ob es sich um einen Kaufvertrag mit einem Unternehmer oder einer Privatperson handelt. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt für alle Kaufverträge gleichermaßen.
Vertragsfreiheit im Mietvertragsrecht
Bei der Anmietung einer Wohnung oder eines Hauses können Mieter und Vermieter die Mietbedingungen verhandeln. Dazu gehört die Mietdauer, die Höhe der Miete, Nebenkosten und Reparaturpflichten. Es gibt aber insbesondere im Wohnungsmietrecht zum Schutz des Mieters auch Grenzen der Vertragsfreiheit, die es zu beachten gilt (§§ 549 f. BGB).
Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht
Beim Abschluss von Arbeitsverträgen ermöglicht die Vertragsfreiheit Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die Bedingungen ihrer Beschäftigung auszuhandeln. Dies umfasst Gehalt, Arbeitszeit, Urlaubsanspruch und Kündigungsfristen. Auch im Arbeitsrecht gibt es jedoch Beschränkungen der Vertragsfreiheit, die sich unter anderem aus den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ergeben.
Grenzen der Vertragsfreiheit
Obwohl die Vertragsfreiheit ein wichtiges Prinzip ist, unterliegt sie bestimmten Einschränkungen. Die Freiheit der Vertragsparteien bei der Gestaltung von Verträgen wird in der Praxis aufgrund gesetzlicher Regelungen begrenzt, um die Interessen der Allgemeinheit zu schützen und unfaire Verträge zu verhindern. Einschränkungen der Vertragsfreiheit gibt es beispielsweise in den folgenden Fällen:
Gesetzliche Verbote
Verträge, die gegen geltendes Recht verstoßen, sind nichtig und nicht durchsetzbar. Das Prinzip der Vertragsfreiheit gilt in solchen Fällen nicht.
Unzulässige AGB-Klauseln
Bestimmte Klauseln in Verträgen, die gegen das AGB-Recht verstoßen oder den Verbraucher unangemessen benachteiligen, sind unwirksam. Solche Klauseln können beispielsweise eine unangemessen hohe Haftung des Verbrauchers, eine einseitige Kündigungsmöglichkeit des Vertragspartners oder die Beschränkung der Gewährleistungsrechte des Verbrauchers beinhalten. Auch hier ist die Vertragsfreiheit im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltungsfreiheit eingeschränkt.
Zwingende gesetzliche Vorschriften
In einigen Fällen gibt es zwingende gesetzliche Regelungen, die die Vertragsfreiheit beschränken, um bestimmte Schutzinteressen zu wahren. Beispielsweise gibt es im Mietrecht gesetzliche Vorgaben zur Zulässigkeit von Mieterhöhungen, die nicht einseitig verhandelbar sind. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) enthält Beschränkungen im Hinblick auf das Prinzip der Vertragsfreiheit.
Allgemeine Grundsätze des Rechts
Die Vertragsfreiheit findet ihre Grenzen darüber hinaus in allgemeinen Grundsätzen des Rechts, wie beispielsweise dem Schutz vor sittenwidrigen Verträgen oder der Treuepflicht der Vertragsparteien. Grenzen der Vertragsfreiheit können sich zudem aus dem Verbot der Diskriminierung aus Artikel 3 Abs. 3 S. 1 Grundgesetz (GG) ergeben.
Besonderheiten bei der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht
Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit ebenfalls, allerdings mit einigen Besonderheiten. Arbeitsverträge unterliegen bestimmten arbeitsrechtlichen Bestimmungen und Kollektivvereinbarungen, die den Schutz der Arbeitnehmerinteressen gewährleisten sollen. Einige wichtige Ausnahmen der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht, die es zu beachten gilt, sind:
Mindestarbeitsbedingungen
Es gibt gesetzliche Mindestvorgaben zu Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Kündigungsfristen und Mindestlohn, die nicht unterschritten werden dürfen.
Kollektivvereinbarungen
In bestimmten Branchen oder Unternehmen werden Tarifverträge zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften abgeschlossen. Diese Vereinbarungen können die Vertragsfreiheit der Einzelnen einschränken, da sie die Arbeitsbedingungen für eine größere Gruppe von Arbeitnehmern festlegen.
Kündigungsschutz
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schränkt die Vertragsfreiheit im Hinblick auf Kündigungen ein. Es gibt bestimmte Kündigungsfristen und Kündigungsgründe, die eingehalten bzw. geltend gemacht werden müssen, um eine rechtmäßige Kündigung durchzuführen.
Es gibt zahlreiche weitere Gesetze zum Schutz von Arbeitnehmern, die eine Vielzahl von Ausnahmen im Hinblick auf das ansonsten geltende Grundprinzip der Vertragsfreiheit enthalten. Zu nennen sind insbesondere:
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Mutterschutzgesetz (MuSchG)
Schwerbehindertengesetz (SchwbG)
Fazit: Im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen
Egal, um welchen Vertrag es sich handelt: Vertragsparteien sollten die Bedingungen und Klauseln sorgfältig prüfen, um sicherzustellen, dass ihre Interessen angemessen berücksichtigt werden und der Vertrag fair und ausgewogen ist. Bei komplexeren Verträgen oder in Zweifelsfällen kann es ratsam sein, rechtlichen Rat einzuholen, um potenzielle Risiken zu erkennen und zu minimieren.
Insbesondere ist es wichtig zu beachten, dass die Vertragsfreiheit durch rechtliche Rahmenbedingungen und den Schutz der Allgemeinheit begrenzt ist. Bei Fragen oder Unsicherheiten im Zusammenhang mit Verträgen sollten Verbraucher und Unternehmer sich anwaltlich beraten lassen, um eine rechtssichere Vertragsbeziehung einzugehen.
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Rechtstipps zu "Vertragsfreiheit"
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23.04.2024 Rechtsanwalt Dr. Christian Rühs„… an eine Kündigung, die allein schon wegen der Vertragsfreiheit sehr individuell sein können. In jedem Fall muss Ihnen jedoch eine schriftliche Kündigung zugehen – mündliche Kündigungen sind also nicht wirksam …“ Weiterlesen
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15.04.2024 Rechtsanwalt Dr. Rustem Karimullin LL.M., MCIArb„… herbeizuführen. Gemäß dem Grundsatz von Vertragsfreiheit können Parteien vereinbarungsgemäß einen zwischen ihnen früher geschlossenen Vertrag und die darin enthaltene Regelungen über Zahlungsfrist …“ Weiterlesen
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18.03.2024 Rechtsanwalt Dr. Hans-Berndt Ziegler„… und entspricht nicht der Qualität einer personen- und fallspezifischen juristischen Beratung. 00:00 Einleitung 00:27 Der Artikel im Spiegel 01:50 Die Rechtslage 02:49 Therapiefreiheit 03:15 Vertragsfreiheit 03:56 unsere Meinung!“ Weiterlesen
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17.02.2024 Rechtsanwalt Marko Liebich„… das Prinzip der Vertragsfreiheit. Es steht (geschäftsfähigen) Personen und Unternehmen also erst einmal frei, jeden Vertrag zu schließen, der von den Parteien gewünscht wird. Dies allerdings …“ Weiterlesen
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23.01.2024 Rechtsanwalt Stephan Steinwachs„… das Prinzip der Vertragsfreiheit, was bedeutet, dass Sie frei entscheiden können, ob Sie einen Vertrag eingehen möchten und mit wem. Wenn noch kein Vertrag abgeschlossen wurde, haben Sie das Recht …“ Weiterlesen
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22.01.2024 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… #Darlehensnehmer #Rechtsberatung #Vertragsfreiheit #Formfreiheit #Kündigungsfristen #Rückzahlung #Kreditrisiken #Schuldrecht #Rechtstipps #Finanztipps #Darlehenskonditionen #Beweislast #Rechtsstreit #Vertragsdokumentation #Finanzmanagement #Rechtsanwalt #Fachanwalt #Bankrecht #Kapitalmarktrecht“ Weiterlesen
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22.11.2023 Rechtsanwalt Marcus Reitzenstein„… diese Steigerung im Wege der Vertragsfreiheit. Die Erhöhungen dürfen maximal einmal im Jahr vorgesehen sein. Der staffelmäßige Anstieg muss schriftlich vereinbart worden sein, um wirksam zu sein. Es muss …“ Weiterlesen
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18.11.2023 Rechtsanwalt Andreas Nieweg„… . Sollten Sie auf so eine Kanzlei stoßen, können Sie natürlich im Rahmen Ihrer Vertragsfreiheit darauf eingehen und frei nach dem Motto "Was viel kostet, ist auch viel Wert" agieren. Informieren Sie sich aber am Besten …“ Weiterlesen
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03.11.2023 anwalt.de-Redaktion„… den anderen Ehegatten stark zu benachteiligen. Hierbei sollten Sie an die Modifikation des gesetzlichen Güterstandes denken. ⚖️Die grundsätzliche Vertragsfreiheit bedeutet die Möglichkeit …“ Weiterlesen
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18.09.2023 Rechtsanwalt Stephan Steinwachs„… Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter. Vertragsfreiheit und die Grundlagen für eine Mieterhöhung Bei Gewerbeimmobilien genießen die Vertragsparteien eine weitreichende Vertragsfreiheit …“ Weiterlesen
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04.09.2023 Rechtsanwältin und Mediatorin Trixi Hoferichter„… . Kann der (alte oder neue) Arbeitgeber sich durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen von Arbeitnehmern trennen? Aufgrund der Vertragsfreiheit ist dies grundsätzlich möglich. Ein Aufhebungsvertrag darf …“ Weiterlesen
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24.07.2023 Rechtsanwältin JUDr. Jana Markechová„… nicht über die Ausübung des Vorkaufsrechts, so haben sie das Recht, den Anteil im Verhältnis der Anteile einzuziehen". Dies bedeutet, dass die Vertragsfreiheit eines Miteigentümers insofern eingeschränkt …“ Weiterlesen
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30.05.2023 Rechtsanwalt Hermann Kaufmann„… eines männlichen Kollegen nicht aufgrund des Geschlechts gezahlt wurde, sondern aufgrund von Gehaltsverhandlungen, die der Vertragsfreiheit unterliegen. Das Gericht entschied jedoch, dass der klagenden …“ Weiterlesen
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25.07.2023 Rechtsanwältin Dr. Ina Becker„… “ ohne Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls spricht umgekehrt aus Sicht des jeweiligen Interessenten gerade gegen einen Vertrag mit einer derartigen Bank. Das Prinzip der Vertragsfreiheit …“ Weiterlesen
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