Asbest: Haftung des Vermieters?

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Der Fall:

Eine Mieterin hatte ihre Wohnung im Jahr 1980 angemietet. Die Immobilie war unter offener Verarbeitung asbesthaltiger Bauteile errichtet worden. Vor wenigen Jahren hat die Mieterin ihren Vermieter wegen der angeblichen Asbestbelastung der Wohnung verklagt: Sie forderte unter anderem die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung des Vermieters hinsichtlich jeglicher materieller und immaterieller Schäden, die bei ihr durch Kontakt mit Asbestfasern im Mietobjekt schon entstanden sind und/oder als Spätfolgen noch entstehen können, dies mit der Einschränkung, dass solche Ansprüche nicht bereits auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Die Entscheidung:

Die Berufung der Klägerin wurde durch das Landgericht Berlin im Hinblick auf angeblich eingetretene Schäden zurückgewiesen: Unterstellt, die Wohnung wäre im Jahre 1980 mit asbesthaltigen Fußbodenplatten ausgelegt gewesen, könnte eine Haftung des Vermieters auf Schadenersatz wegen eines anfänglichen Mangels der Wohnung gemäß § 536 a Abs. 1 Alt. 1 BGB selbst dann nicht eintreten, wenn der Belag infolge des Zuschnitts offene Schnittkanten aufwies und in der Bauphase freigesetzte Asbestfasern in der Luft oder am Fußboden der besenrein übergebenen Wohnung vorhanden waren. Eine solche Belastung wäre nach dem seinerzeitigen Stand der Wissenschaft und des Bauwesens zwingend dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. Die Verwendung asbesthaltiger Baustoffe wurde erst angesichts jüngerer wissenschaftlicher Erkenntnisse untersagt; folglich kann eine Wohnung nicht rückwirkend als mangelhaft qualifiziert werden.

Da die Asbestfasern in den Fußbodenplatten sowie im eingesetzten Kleber nicht im Sinne der Asbestrichtlinie nur schwach gebunden sind, musste die neue Richtlinie dem Vermieter wegen der Ausstattung seiner Wohnung mit asbesthaltigen Fußbodenplatten keinen Anlass zu Sanierungsmaßnahmen bieten. Soweit nämlich die Bodenplatten und Kleberschichten unbeschädigt sind, und/oder gegenüber dem Vermieter keine Anzeige von Schäden im Sinne von § 535 c Abs. 2 BGB erfolgt ist, war dieser nicht zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen veranlasst. Folglich kommt keine Haftung des Vermieters auf Leistung von Schadensersatz gemäß § 536 a Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzugs mit der Mangelbeseitigung in Betracht; auch scheidet ein Minderungsanspruch der Mieterin wegen einer – angeblichen – Asbestbelastung der Wohnung aus. Die Asbestrichtlinie verpflichtet Vermieter nicht – ohne jede Anzeige entsprechender Mängel – zu Untersuchungen ihrer Wohnungen (auf ein mögliches Lösen oder Brechen von Fußbodenplatten).

Das Gericht hat das Verfahren aber zur Feststellung der potentiellen Haftung für künftige Schäden an das Amtsgericht zurückverwiesen: Denn eine Haftung des Vermieters auf Leistung von Schadenersatz wegen durch Asbestfasern bereits eingetretene oder künftig drohende Gesundheitsschäden sei denkbar, falls die Mieterin erst im Jahr 2013 über die von den asbesthaltigen Materialien ausgehenden Gesundheitsgefahren informiert wurde und die Mieterin in Unkenntnis der Gefahren zuvor selbst ohne ausreichende Schutzmaßnahmen zerbrochene Fußbodenplatten herausgerissen und entsorgt hatte.

Anmerkung:

Letztlich besteht für den Vermieter eine Handlungspflicht ab der Erkennbarkeit von Mängeln. Dagegen war die Verwendung asbesthaltiger Baustoffe zum Zeitpunkt der Errichtung der Immobilie nach dem damaligen Stand der Wissenschaft und des Bauwesens nicht als mangelhaft zu bewerten.

 (LG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2018 – Az.: 18 S 140/16)


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