ASIN gesperrt: Was tun, wenn aufgrund einer Richtlinienwarnung eine ASIN gesperrt wird?

  • 8 Minuten Lesezeit

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Amazon reagiert in der Regel schnell, wenn Amazon von einem Rechteinhaber bei einer ASIN eine Rechtsverletzung mitgeteilt wird. Die Meldung der Rechtsverletzung erfolgt z. B. über das Formular „Mitteilung an Amazon.de über eine Rechtsverletzung“.

Gegenstand der Meldung kann sein

  • Urheberrechtsverletzung
  • unberechtigte Verwendung von durch Urheberrecht geschützten Material via Text, Fotos, Video, Musik und Software
  • Markenrecht
  • Patentverletzungen
  • Designverletzung
  • andere Rechte

Bei sämtlichen dieser Rechte handelt es sich um sogenannte absolute Schutzrechte. Eine möglicherweise irreführende Gestaltung eines Angebots ist nicht Gegenstand dieser Form von Meldung von Rechtsverletzungen.

Das Verfahren, bei Amazon auch Infringement genannt, führt schnell zur Sperrung einer oder mehrerer ASINs. Hintergrund ist die deutsche Rechtsprechung, die anderenfalls eine Haftung des Plattformbetreibers annimmt, wenn dieser nach Kenntnis einer Rechtsverletzung nicht unverzüglich reagiert und das Angebot sperrt.

Folge: Richtlinienwarnung

Folge der Meldung einer Rechtsverletzung ist eine E-Mail von Amazon mit dem Betreff „Hinweis: Richtlinienwarnung“. Diese Information hat z. B. bezogen auf das Markenrecht folgenden Inhalt:

„Guten Tag,

wir haben einige Ihrer Angebote entfernt, weil ein Rechteinhaber gemeldet hat, dass diese Artikel möglicherweise seine Markenrechte verletzen. Die Mitteilung des Rechteinhabers über die mutmaßliche Rechtsverletzung und die von uns entfernten Angebote sind am Ende dieser Nachricht angegeben.

Warum ist das passiert?

Ein Rechteinhaber hat gemeldet, dass mindestens eines Ihrer Angebote nicht authentisch ist. Das Angebot von Inhalten, die das Recht am geistigen Eigentum anderer Personen verletzen, verstößt gegen unsere Richtlinien …“

Amazon verweist in diesem Zusammenhang auf die „Richtlinie zum geistigen Eigentum“.

In der Regel enthält die E-Mail von Amazon Kontaktdaten des Rechteinhabers, nämlich einen Namen und eine E-Mail-Adresse, die betroffene ASIN, das in Bezug genommene Schutzrecht (z. B. die Nummer einer Marke oder eines Designs) und eine Beschwerdenummer.

Folge ist, dass die ASIN bei Amazon gesperrt ist. Die ASIN ist in diesem Fall offline.

Was können Amazon-Händler tun, um die ASIN wieder freizubekommen?

Amazon selbst informiert über die rechtlichen Möglichkeiten wie folgt:

„Wurden Ihre Angebote fälschlicherweise entfernt?

Wenn Sie das Produkt noch nicht verkauft oder angeboten haben, dann teilen Sie uns dies bitte mit. Wenn die Meldung des Rechteinhabers Ihrer Meinung nach nicht zutrifft, kontaktieren Sie bitte den Rechteinhaber und bitten Sie ihn, die Meldung zurückzuziehen. Wir können den Widerruf einer Meldung nur akzeptieren, wenn er direkt vom Rechteinhaber eingereicht wird. Wir akzeptieren keine weitergeleiteten oder angehängten Widerrufe.“

Bis auf eine fehlerhafte Meldung, weil der betroffene Amazon-Verkäufer das Produkt nicht verkauft hat oder angeboten hat, gibt es nur eine einzige Möglichkeit, dass Amazon die Sperrung wieder aufhebt:

Der Rechteinhaber muss die Meldung zurückziehen bzw. widerrufen.

Amazon hält insofern ein „Formular zum Widerruf einer Mitteilung“ online bereit.

Eine realistische Chance, die ASIN wieder freizubekommen, besteht daher nur dann, wenn der Rechteinhaber bzw. derjenige, der die Infringement-Meldung eingereicht hat, diese gegenüber Amazon zurücknimmt.

Wann ist die Meldung über eine Schutzrechtsverletzung bei Amazon unberechtigt?

Aufgrund der Rechtslage ist Amazon schnell dabei, Angebote zu sperren, wenn es besondere eingetragene Schutzrechte gibt, wie eine Marke, ein Design, ein Geschmacksmuster oder ein Patent. Gleiches gilt auch bei der Meldung von angeblichen oder tatsächlichen Urheberrechtsverletzungen.

Die nach meiner Erfahrung häufigsten Gründe für eine Schutzrechtsverletzungsmeldung bei Amazon ist ein angeblicher oder tatsächlicher Verstoß gegen das Markenrecht oder das Designrecht. Nachfolgend erläutere ich Ihnen in welchen Fällen, obwohl ein entsprechendes Recht eingetragen ist, die Meldung unberechtigt sein kann:

Design- oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster

Ein Design ist ein beim deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragenes Schutzrecht. Geschützt wird vereinfacht gesagt die Gestaltung oder das Aussehen eines Produktes. Dieser Schutz heißt in Deutschland Design, auf europäischer Ebene, d. h. wenn dieses Schutzrecht beim EUIPO dem Schutz für die gesamte Europäische Union eingetragen ist, Gemeinschaftsgeschmacksmuster.

Ein Design bzw. ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist ein sogenanntes ungeprüfte Schutzrecht. Dies bedeutet, dass quasi jedes Design oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster zur Anmeldung in das Register eingetragen wird. Es erfolgt keine Prüfung, ob tatsächlich ein Schutz besteht. Erst im Verletzungsfall stellt sich heraus, ob aus dem Design überhaupt Rechte hergeleitet werden können. Notwendig sind dafür zwei Voraussetzungen: Zum einen muss das Design (die Gestaltung) zum Zeitpunkt der Anmeldung neu sein. Es darf, vereinfacht gesagt, zum Zeitpunkt der Anmeldung keine anderen Produkte geben, die genauso aussehen. Dies lässt sich z. B. über eine Internetrecherche relativ leicht feststellen. Ein Design bzw. ein Geschmacksmuster gilt nur dann als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Design offenbart worden ist.

Eine weitere Voraussetzung ist die sogenannte Eigenart. Eigenart bedeutet vereinfacht gesagt, dass der Gesamteindruck des Designs etwas esonderes sein muss und sich von dem unterscheidet, was es bereits gibt.

Aus meiner Beratungspraxis gibt es zwei Aspekte, die bei einer Schutzrechtsverletzung wegen einer angeblichen Designrechtsverletzung eine Rolle spielen:

Entweder das gesperrte Produkt sieht so anders aus, dass es gar nicht in den Schutzbereich des Design fällt. Aufgrund der relativ einfachen Möglichkeit, Produkte im Internet zu recherchieren, lässt sich zudem nicht selten eine neuheitsschädliche Vorveröffentlichung feststellen.

Wenn aus einem Design oder Geschmacksmuster eigentlich keine Rechte hergeleitet werden können, wäre auch eine Infringementmeldung gegenüber Amazon des Rechteinhabers unberechtigt. Insbesondere beobachte ich den Trend, dass asiatische Unternehmen Designs anmelden und Konkurrenzprodukte bei Amazon sperren lassen.

Markenrechtsverletzung

Der häufigste Fall aus meiner Beratungspraxis ist eine angebliche oder tatsächliche Verletzung eines Markenrechts, sei es durch die Produktbeschreibung oder die Produktkennzeichnung.

Eine Marke kann entweder für Deutschland angemeldet werden oder mit dem Geltungsbereich innerhalb der Europäischen Union als sogenannte Unionsmarke. Denkbar ist auch eine IR-Marke mit quasi weltweiter Geltung.

Eine Marke ist ein geprüftes Schutzrecht, d. h. eine Marke wird nur dann eingetragen, wenn die Schutzvoraussetzungen gegeben sind.

Jedoch gilt auch bei einer Infringementmeldung wegen einer angeblichen Markenrechtsverletzung, dass diese nicht immer zutreffend sein muss. Denkbar sind u. a. zwei Konstellationen:

Eine Marke ist ein Schutz für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist. Dies ist in sogenannte Klassen, auch Nizzaklassen, genannt. Dort ist genau beschrieben, welche Waren und Dienstleistungen vom Schutzbereich der Marke umfasst sind.

Gar nicht so selten gibt es für das gemeldete Produkt jedoch keinen markenrechtlichen Schutz, weil es an einer Anmeldung der konkreten Warenklasse fehlt. Dieses Problem ergibt sich aus der Praxis dann, wenn die Marke bereits ein wenig älter ist und der Markeninhaber nicht darauf geachtet hat, sein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis an die aktuell angebotenen Produkte anzupassen.

Denkbar ist auch, dass die geschützte Marke gar nicht als Herkunftsbezeichnung in der Artikelbeschreibung verwendet wird, sondern eher beschreibend ist.

Eine andere Alternative ist der Schutzbereich von Wort-/Bildmarken: Eine Wort-/Bildmarke enthält einen Wortbestandteil sowie einen Bildbestandteil. Notwendig für die Eintragung einer Marke ist die sogenannte Unterscheidungskraft. Häufig ist zu beobachten, dass ein Kennzeichen als Wortmarke nicht eingetragen werden kann, da der Begriff allgemeinbeschreibend ist oder z. B. dem angebotenen Produkt entspricht. So ist es unproblematisch möglich, die Marke „Apple“ für Computer einzutragen, nicht jedoch für Äpfel.

Die Eintragung einer Marke ist in diesem Fall durch eine Wort-/Bildmarke möglich, d. h. es gibt neben dem Kennzeichen noch ein Bildbestandteil, der zur Unterscheidungskraft führt. Der Wortbestandteil nimmt jedoch in diesen Fällen häufig nicht am Schutzumfang teil. Dies ist insbesondere bei Amazon wichtig, da Marken in der Regel als Worte dargestellt werden und nicht als Grafik.

Was tun gegen eine unberechtigte Richtlinienwarnung/Infringementmeldung?

In der Regel, bis auf wenige Ausnahmen, gibt Amazon die ASIN nur dann wieder frei, wenn der Rechteinhaber gegenüber Amazon die Meldung zurückzieht.

Eine unberechtigte Meldung an Amazon über eine Rechtsverletzung (Infringement-Meldung) ist wettbewerbswidrig. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Behinderungswettbewerb und es können wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und Beseitigungsansprüche geltend gemacht werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass nicht nur gegenüber dem Rechteinhaber Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden können, sondern auch Beseitigungsansprüche, die in der Praxis zur Folge haben, dass der Rechteinhaber seine Meldung gegenüber Amazon zurückziehen muss. Unsere Kanzlei hatte diese Rechtsfrage in einem Verfahren vor dem OLG Karlsruhe geklärt. Wenn nach einer Abmahnung nicht reagiert wird, kann, wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind, eine einstweilige Verfügung gegen den Rechteinhaber beantragt werden. Dies ist insbesondere dann relativ einfach möglich, wenn der Rechteinhaber seinen Sitz in Deutschland hat. Die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Rechteinhabern im Ausland, insbesondere außerhalb der Europäischen Union, ist jedoch problematisch.

Schadenersatz

Wird eine ASIN unberechtigt gesperrt, entgehen dem betroffenen Händler Umsatz und Gewinn. Es können daher gegenüber dem Rechteinhaber Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, in der Regel der entgangene Gewinn.

Wenn Ihre ASIN aufgrund einer Richtlinienwarnung / Infringementmeldung bei Amazon gesperrt wurde, berate ich Sie gern über die Möglichkeiten, gegen diese Sperrung vorzugehen.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz seit über 20 Jahren Internethändler.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Ihr Asin wurde gesperrt? 

Wenn Ihre ASIN aufgrund einer Richtlinienwarnung bei Amazon gesperrt wurde, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.

Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



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