Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der selbständigen Tätigkeit

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In der Praxis häufen sich die Fälle, in denen Ausländer eine Geschäftsidee haben und sich selbständig machen.

Besonders bei Abbruch des Studiums und/oder bei einer Trennung von der Ehefrau/von dem Ehemann kann dieser Aufenthaltstitel zum Zwecke der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit eine eigenständige Bedeutung erlangen.

Um die Praxisrelevanz zu verdeutlichen, wird eine Entscheidung des VG Düsseldorfs vom 24. April 2013, Az. 7 L 488/13 präsentiert:

„Der Betroffene hatte sein Studium der Mathematik und der „Medien und angewandten Informationstechnologie“ nicht beendet und lebte seit dem 1.07.2012 nicht mehr mit der deutschen Ehefrau zusammen.

Bereits am 9.03.2010 meldete er in Düsseldorf ein Gewerbe an („Softwareentwicklung, Softwareinstallation, Groß- und Versandeinzelhandel mit Software, Hardware, Computernetzwerkinstallation, Bereitstellung von Telekommunikationsverbindungen“).

Der Ausländerbehörde übergab er drei von ihm ausgestellte Rechnungen an die J Consulting GbR in C vom 2. November 2010, 1. und 30. Dezember 2010 über Beträge zwischen 2.300 und 3.100 Euro.


Weiter legte er Unterlagen seines Steuerberaters vor. Aus denen ging hervor, dass er als IT-Berater im Jahre 2010 10.258,00 Euro, 2011 38.123,98 Euro und 2012 54.818,86 Euro an Umsatz erzielt hat.

Ferner hat er ausführlich seinen beruflichen Werdegang (Stichwort: Berufserfahrung/Projekte) geschildert und eine gutachterliche Stellungnahme des „Unternehmensberaters für Organisation und Informationsmanagement sowie Sachverständigen für Elektronische Datenverarbeitung/Informatik“ C1 vom 8. März 2013 zu den Gerichtsakten gereicht, in der das Unternehmen des Antragstellers dargestellt und sein Wissen und seine Tätigkeit beurteilt wird.“

Die Ausländerbehörde hätte in diesem Fall eigentlich wie folgt vorgehen müssen:

1. Vorprüfung: Liegt eine Freiberufler-Privilegierung nach § 21 Abs. 5 AufenthG vor?

Ein Freiberufler hat es einfacher als ein Gewerbetreibender, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Positive Auswirkungen auf die Wirtschaft und ein regionales Bedürfnis u.a. sind hierbei nicht notwendig.

Daher kann es durchaus auch auf die Abgrenzung zwischen Freiberufler und Gewerbetreibender ankommen.

Die Abgrenzung zwischen Freiberufler und Gewerbetreibender ist in der Praxis rechtlich schwierig. Die Tätigkeit der Freiberufler ist geprägt durch die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit aufgrund von besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung. Auch ein Programmierer kann freiberuflich tätig sein, solange er keine Trivialsoftware herstellt.

Wichtig ist, dass die Ausländerbehörde eine fachkundige Stelle – wie die Agentur für Arbeit – für die Abgrenzung Freiberufler-Gewerbetreibender heranzieht, wie es auch das Gesetz durch den Verweis in § 21 Abs. 5 S.3 AufenthG (der Verweis im Gesetzestext auf § 21 I S.4 AufenthG müsste korrekterweise nach Einführung des Gesetz zur Umsetzung der Hochqualifiziertenrichtlinie der EU auf § 21 I S.3 AufenthG lauten) bestimmt.

Im Rahmen des Ermessens kommt diesen Stellungnahmen eine maßgebende Bedeutung zu. Die Ausländerbehörde hat hier im Fall keine fachkundige Stellungnahme für die Abgrenzung einegeholt und aus diesem Grund bereits rechtswidrig gehandelt.

2. Falls kein Freiberufler: Prüfung des § 21 Abs.1 AufenthG

Gemäß § 21 Abs. 1 AufenthG kann einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erteilt werden, wenn

  1. ein wirtschaftliches Interesse oder ein wenn oder ein regionales Bedürfnis besteht,
  2. die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und
  3. die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist (Satz 1)

Die Beurteilung dieser Voraussetzungen richtet sich insbesondere nach der Tragfähigkeit der zu Grunde liegenden Geschäftsidee, den unternehmerischen Erfahrungen des Ausländers, der Höhe des Kapitaleinsatzes, den Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation und dem Beitrag für Innovation und Forschung (Satz 2).

Bei der Prüfung sind die für den Ort der geplanten Tätigkeit fachkundigen Körperschaften, die zuständigen Gewerbebehörden, die öffentlich-rechtlichen Berufsvertretungen und die für die Berufszulassung zuständigen Behörden zu beteiligen (Satz 3).

Wichtig ist insbesondere, dass die frühere große Hürde des Gesetzgebers – Investitionsvolumen von 250.000 € und Erbringen von 5 Arbeitsplätzen –vor kurzem restlos gestrichen wurde.

Die Ausländerbehörde muss bei konkreten Anhaltspunkten (Vorliegen eines ordentlichen Jahresumsatzes, positives Privatgutachten zur Unternehmensentwicklung) zwingend eine in § 21 Abs. 1 Satz 3 AufenthG genannten örtlich zuständigen fach- und sachkundigen Stellen mit einbeziehen. Unterbleibt dies, wäre die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis für eine selbständige Tätigkeit rechtswidrig.

Das VG Düsseldorf gab dem Antragsteller schon aus dem Grunde Recht, weil die Ausländerbehörde keine fachkundige Stelle herangezogen hat, welche eine Unternehmensentwicklungsprognose festlegen kann bzw. einschätzen kann, ob es sich bei dem Antragssteller um einen Freiberufler handelt.


Mitgeteilt von RA Ulrich Hekler

Rechtsanwalt Hekler berät im Bereich des Einbürgerungs- und Ausländerrechtes bundesweit. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltsverein und Mitglied des Arbeitskreises für Ausländer- und Asylrecht.


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