Aufhebungsvertrag und Sperrzeit (§ 159 SGB III)

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In der Praxis kommt es regelmäßig vor, dass der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer anbietet, das Arbeitsverhältnis durch Vertrag zu beenden („Aufhebungsvertrag“). Regelmäßig stellt sich dann für den Arbeitnehmer die Frage, ob es möglicherweise wegen der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einer sog. Sperrzeit gemäß § 159 SGB III kommen kann. Die Sperrzeit bedeutet, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Arbeitsförderung (ALG 1) für die Dauer der angeordneten Frist ruht.

Nicht selten wird von Arbeitgeberseite argumentiert, dass es zur Vermeidung der Sperrzeit einer gesonderten Kündigung nicht bedürfe, wenn die vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist in dem Aufhebungsvertrag berücksichtigt wird. Regelmäßig wird in diesem Zusammenhang auch Bezug genommen auf die Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit („Fachanweisung“) in ihrer jeweils gültigen Fassung.

Die Fachanweisung gilt als Praxisleitfaden für die lokalen Agenturen für Arbeit. Die derzeit gültige Fassung der Fachanweisung (Stand 01.01.2022) enthält verschiedene Regelungen zur Sperrzeitthematik bei Aufhebungsverträgen.

Grundsätzlich gilt, dass der Aufhebungsvertrag ein sperrzeitrelevanter Tatbestand ist. Damit fällt der Aufhebungsvertrag, ebenso wie auch der sog. Abwicklungsvertrag, unter die gesetzliche Sperrzeitregelung. In beiden Fällen ist dies damit zu begründen, dass das Arbeitsverhältnis nur mit und wegen der Einwilligung des Arbeitnehmers zustande kommt. Die Fachanweisung spricht in diesem Zusammenhang von einer Eigenlösung des Arbeitsverhältnisses. Das unterscheidet den Aufhebungsvertrag zugleich maßgeblich von einer arbeitgeberseitigen, betrieblich veranlassten Kündigung.

Gleichwohl wird trotz des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages gemäß Ziff. 159.1.2.1.1 der Fachanweisung keine Sperrzeit verhängt, wenn für die Eigenlösung des Arbeitsverhältnisses ein wichtiger Grund besteht. Ein solcher wichtiger Grund wird unter den folgenden, kumulativen Voraussetzungen angenommen:

  • eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt
     worden ist;
  • die drohende Arbeitgeberkündigung wird auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte) Gründe gestützt;
  • die für die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses geltende Kündigungsfrist auch im Falle des Aufhebungsvertrages eingehalten wird;
  • der Arbeitnehmer nicht unkündbar war;
  • eine Abfindung von maximal bis zu 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses (Betriebszugehörigkeit) an den Arbeitnehmer gezahlt wird.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kommt es gemäß der Fachanweisung nicht darauf an, ob die drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig ist. Ist die Abfindung dagegen höher als 0,5 Monatsgehälter für jedes Jahr der Beschäftigung, muss der Arbeitnehmer weitere Gründe darlegen, warum das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet worden ist. Im Übrigen stellt die Agentur für Arbeit in diesen Fällen regelmäßig darauf ab, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtmäßig gewesen wäre.

Zusammenfassend halten wir fest, dass mit Blick auf denkbare Sperrzeiten gemäß § 159 SGB III durch die Fachanweisung zwar Erleichterungen und vor allem Klarstellungen vorgenommen werden. Allerdings sind die Voraussetzungen einer sperrzeitfreien Aufhebung des Arbeitsverhältnisses in jedem Einzelfall zu prüfen. So gelten die zuvor dargestellten Grundsätze beispielsweise nicht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund Vertrags, Tarifvertrags o.ä. unkündbar gewesen ist oder die vereinbarte Abfindung über dem Maximalbetrag von 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr liegt

Wir empfehlen, vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages stets eine rechtliche Prüfung des Sachverhalts vornehmen zu lassen. Anderenfalls droht eine Sperrzeit von bis zu 3 Monaten. Im Übrigen ist auch zu beachten, dass der Weg einer Klage gegen eine arbeitgeberseitige Kündigung häufig der sichere Weg ist und in der Regel auch nicht zu schlechteren Ergebnissen führt. Zudem ist der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs gemäß Ziff. 159.1.1.1 Absatz (4) gar nicht erst sperrzeitrelevant, sofern der Kündigung und dem Vergleich kein vorausgegangenes versicherungswidriges Verhalten zugrunde liegt.


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