Ausbildung, Studium, Master … was muss ich als Elternteil meinem Kind finanzieren?

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Kinder wachsen heran und ehe man sich versieht, gehen sie ihre eigenen Wege. Manche machen eine Ausbildung, andere beginnen ein Studium, wieder andere absolvieren beides. Viele Eltern fragen sich, inwieweit sie verpflichtet sind, ihre Kinder diesbezüglich finanziell zu unterstützen. Grundsätzlich gilt das Folgende:

Zunächst sind Eltern gem. § 1610 BGB dazu verpflichtet, den Lebensbedarf ihres Kindes sicherzustellen. Diese Pflicht endet nicht mit der Volljährigkeit. Erst wenn das Kind in der Lage ist, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen, entfällt der Unterhaltsanspruch. Zu diesem Unterhaltsanspruch gehört auch die Übernahme der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Im Gegenzug muss das Kind seine Ausbildung aber auch zügig und zielstrebig aufnehmen und abschließen.

Genau über diesen Punkt entsteht häufig Streit. Wie viele Ausbildungen und Studien muss ich als Elternteil denn nun finanzieren? 

Die Antwortet lautet wie so oft: Es kommt darauf an!

Maßgeblich sind die Gesamtumstände. Hierbei bilden beispielsweise persönliche Fähigkeiten und die Persönlichkeitsstruktur des Kindes maßgebliche Kriterien. Aber auch die mit den Eltern besprochene anfängliche Planung spielt eine Rolle.

Ein Kind, welches über einen Haupt- oder Realschulabschluss verfügt und eine Ausbildung absolviert hat, ist zunächst in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Die Berufsausbildung ist grundsätzlich mit der Lehre abgeschlossen (BGH, Urteil vom 17. Mai 2006, Az. XII ZR 54/04). Macht das Kind nach seiner Lehre insofern das Fachabitur und entschließt sich dann für ein Studium, welches nichts mit der Lehre zu tun hat, müssen die Eltern i. d. R. nicht für den Unterhalt aufkommen, wenn dies nicht von vornherein geplant war.

Entschließt sich ein Kind demgegenüber nach einer beendeten Ausbildung zu einem Studium, welches mit der Ausbildung inhaltlich zusammenhängt und zeitnah nach Ende der Ausbildung begonnen wird, schulden die Eltern i. d. R. die Finanzierung dieses Studiums. 

Ein inhaltlicher Zusammenhang scheidet beispielsweise eher aus, wenn das Kind nach Abitur und erfolgreich abgeschlossener Lehre zum Mechatroniker plötzlich Philosophie studieren möchte. Demgegenüber dürfte ein solcher zu bejahen sein, wenn das Kind nach abgeschlossener Erzieherausbildung Pädagogik studieren möchte. Die vorherige Ausbildung muss hierbei aber nicht maßgeschneidert zum geplanten Studium sein, die Lehre soll als Vorbereitung auf das Studium jedoch zumindest sinnvoll und nützlich gewesen sein.

Hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhangs kommt es im Kern darauf an, dass das Kind keine längere Zeit – sinnlos – verstreichen lässt und die Eltern mithin davon ausgehen können, dass die Berufsbildung abgeschlossen ist. Manche Studiengänge werden allerdings nur einmal im Jahr angeboten. Derartiges geht nicht zu Lasten des Kindes. Dem Kind muss überdies eine gewisse Orientierungszeit zugesprochen werden. Bei Schulabgängern geht man hier von einer Zeitspanne von etwa einem halben Jahr aus. Zur Orientierungsphase zählt auch die Durchführung eines Praktikums oder eines freiwilligen Jahres. In dieser Zeit hat das Kind Anspruch auf Unterhalt.

Durch Wartezeiten verliert das Kind seinen Anspruch auf Unterhalt grundsätzlich nicht. Das Kind kann vielmehr erst eine Lehre machen und dann in dem erlernten Beruf arbeiten, bis es einen Studienplatz bekommt. 

Der Bundesgerichtshof entschied allerdings in einen Fall, in dem sich die Tochter erst zwei Jahre nach Ausbildungsende für ein Medizinstudium entschied, anders. Dort war zuvor jedoch nie über Studienpläne gesprochen worden. In diesem Fall lehnte der BGH eine Zahlungsverpflichtung des Vaters ab, da dieser mit einem Studium der Tochter nicht mehr rechnen musste (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2017, Az. XII ZB 415/16).

Die Übergänge sind mithin fließend und es hat eine Abwägung der Interessen zu erfolgen. Einerseits soll das Kind frei von Zwängen die Möglichkeit haben, seine Ausbildung/ Studium gemessen an seinen Fähigkeiten selbständig zu wählen und darf hierbei auch Umwege gehen, gleichwohl sind die Eltern nicht „ewig“ gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig. 

Insofern darf sich das Kind im Studienfach auch irren und dieses wechseln, wenn es dies rechtzeitig erkennt. Das Kind muss dann jedoch auch sein weiteres Studium erkennbar ernsthaft und zielstrebig betreiben, wobei die Regelstudienzeit generell als Orientierung dient. Eltern müssen insofern keine „Dauerstudenten“ finanzieren.

Fällt ein Kind einmal durch eine Prüfung und verlängert sich das Studium dadurch, können die Unterhaltsleistungen jedoch nicht eingestellt werden. Die Unterhaltsleistung kann auch nicht eingestellt werden, wenn ein anerkannter Aufbaustudiengang erfolgen soll, wie es bei Bachelor und darauf aufbauenden Master üblich ist. Eine Promotion müssen die Eltern in der Regel aber nicht finanzieren. 

Die Unterhaltsleistung kann grundsätzlich eingestellt werden, wenn das Kind das Studium erkennbar nicht zielstrebig betreibt, indem beispielsweise anstehende Prüfungen einfach nicht abgelegt oder notwendige Kurse mutwillig nicht besucht werden und auf diesem Wege Semester für Semester verstreicht. Diesbezüglich hat das Kind zu informieren und Eltern dürfen hinsichtlich etwaiger Prüfungen und deren Ergebnisse nachfragen.

Es empfiehlt sich, die Berufsplanung mit dem Kind frühzeitig zu besprechen, denn auch über das BAföG-Amt kann die Eltern eine spätere Zahlungsverpflichtung treffen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die Tochter nach dem Realschulabschluss zunächst eine Ausbildung abgeschlossen hatte. Danach besuchte sie die Fachoberschule und beschloss, auch noch ein Fachhochschulstudium zu absolvieren. Für das Studium erhielt sie BAföG-Leistungen. Das Geld verlangte das BAföG-Amt von der Mutter zurück (Beschluss vom 02.01.2018, Az. 4 UF 135/17).

Die Mutter weigerte sich, weil sie u. a. meinte, sie hätte sich auf keine Zahlungsverpflichtung einstellen müssen, da die Tochter mit abgeschlossener Ausbildung ihren Lebensunterhalt selbst verdienen könne. 

Das Gericht gab im Wesentlichen dem BAföG-Amt Recht. Die Eltern schuldeten dem Kind die Finanzierung einer Ausbildung, die den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den Neigungen des Kindes am besten entspreche und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern halte. Dies alles, nach Ansicht des Gerichts, war im genannten Fall gegeben.

Ob ein Auslandsaufenthalt seitens der Eltern finanziert werden muss, hängt in erster Linie davon ab, was die Eltern mit ihrem Kind besprochen haben. War ein solcher seitens der Eltern zugesagt und das Studium seitens des Kindes darauf ausgerichtet, müssen die Eltern ihn auch übernehmen. 

In anderen Fällen müssen die Eltern die Kosten eines Auslandsaufenthalts ggf. übernehmen, wenn ihnen dies wirtschaftlich zumutbar ist, der Auslandsaufenthalt sachlich begründet und der Mehrbedarf insgesamt als angemessen zu bewerten ist. Dies ist stets eine Frage des konkreten Einzelfalls.


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