Ausgleichsanspruch gegen Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen

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EuGH stärkt Fluggastrechte gegen Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen

Der EUGH hat im Rahmen seines heutigen Urteils vom 07.04.2022 (Akz.: C‑561/20) klargestellt, dass ein Fluggast wegen eines verspäteten Fluges auch einen Ausgleichsanspruch  gegen ein Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen haben kann. Voraussetzung hierfür ist, dass die ausführende Fluggesellschaft den gesamten Flug im Namen eines EU-Luftfahrtunternehmens durchgeführt hat.

Der Entscheidung lag ein Ausgangsverfahren zugrunde, in dem ein Flug mit Umsteigen und Zwischenlandung über ein Reisebüro bei dem Luftfahrtunternehmen Lufthansa gebucht wurde. Der Fluggast sollte in Brüssel (Belgien) umsteigen und der dortige Anschlussflug nach einer Zwischenlandung in Newark (USA) in San José (USA) landen. Der gesamte Flug inklusive Umsteigen und Zwischenlandung wurde durch das in einem Drittland (USA) ansässige Luftfahrtunternehmen United Airlines durchgeführt. Die Verspätung betrug am Endziel über 3 Stunden.

Der EUGH stellte in seiner Urteilsbegründung folgendes klar:

Ausgleichsanspruch auch bei ursächlicher Verspätung während des zweiten Teilflugs

In der Urteilsbegründung hat der Gerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach ein Flug mit einmaligem oder mehrmaligem Umsteigen für einen etwaigen Ausgleichsanspruchs des Fluggastes eine Gesamtheit darstellt, sofern die einzelnen Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung war. Die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 261/2004  ist somit unter Berücksichtigung des ersten Abflugorts und des Endziels des Fluges zu beurteilen ist (Urteil vom 24. Februar 2022, Airhelp [Verspätung des Alternativflugs], C‑451/20, EU:C:2022:123, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Daraus folgt, dass der Ort, an dem die Verspätung eintritt, keine Auswirkungen auf den Entschädigungsanspruch hat, und zwar auch dann, wenn die Verspätung in einem Drittland eingetreten ist.

Das macht Sinn: Denn eine Unterscheidung danach, ob die Ursache einer Verspätung im ersten oder im zweiten Teilflug einer Flugreise mit Umsteigen liegt, würde zu einer ungerechtfertigten Differenzierung führen. So müsste die Fluggesellschaft im Fall einer Verspätung im ersten Teilflug eine Ausgleichszahlung leisten, im Fall einer Verspätung im zweiten Teilflug hingegen nicht. Und das, obwohl ein Flug mit Umsteigen als Gesamtheit zu betrachten ist und es für den Fluggast keinen Unterschied macht, wann die Verspätung verursacht wurde. In beiden Fällen kommt er zu spät an seinem Reiseziel an. In beiden Fällen stellt es für ihn eine Unannehmlichkeit dar, die es zu entschädigen gilt.

Ausgleichsanspruch gegen Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen, wenn der gesamte Flug im Namen eines EU-Luftfahrtunternehmens durchgeführt wurde

Der EuGH hatte weiter zu entscheiden, ob dies auch dann gilt, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen aus einem Drittland stammt.

Schuldner der Ausgleichsleistung ist nur das „ausführende Luftfahrtunternehmen“ im Sinne von Art.2 Buchst.b der Verordnung Nr. 261/2004. Ein „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ ist ein „Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt“. Dieses Luftfahrtunternehmen wird daher als im Namen des vertraglichen Luftfahrtunternehmens handelnd angesehen.

Hieraus folgert der EuGH, dass das Fehlen einer vertraglichen Beziehung zwischen den betroffenen Fluggästen und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen unerheblich ist, sofern dieses eine eigene Vertragsbeziehung mit dem Luftfahrtunternehmen, das einen Vertrag mit diesen Fluggästen geschlossen hat, eingegangen ist.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt führte die United Airlines den streitgegenständlichen Flug im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung im Namen des vertraglichen Luftfahrtunternehmens Lufthansa durch, weshalb der Ausgleichsanspruch gegenüber dem Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen United Airlines bejaht wurde.

 

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Foto(s): pixabay.com/de/photos/reisen-flughafen-bordkarte-5219496/

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