Auskunft- und Belegeinsicht des/der Pflichtteilsberechtigten - Einsicht in das Grundbuch

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Bestimmte Personen haben Pflichtteilsansprüche, wenn sie von der Erbfolge ausgeschlossen wurden.

Die Höhe der Ansprüche hängt nicht nur vom Nachlasswert ab, sondern auch ob und in welcher Höhe Schenkungen des/der Erblasser(in) vor dem Tod erfolgt sind.

Aber wie erfahren Sie, welche Nachlasswerte vorhanden und welche Schenkungen gemacht wurden?

Der/die Pflichtteilsberechtigte hat gem. § 2314 BGB gegen den/die Erben Auskunftsansprüche, aber keinen Anspruch auf Übersendung von Belegen. 

Natürlich gibt es verschiedene Mittel und Umwege, die Belege zu sehen. 

Das OLG Frankfurt aM, Beschl. v. 21.7.2020 – 20 W 80/20 - hat nun klargestellt, dass der/die Pflichtteilsberechtigte ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch hat:

  1. "Dem Pflichtteilsberechtigten wird Grundbucheinsicht auch dann gewährt, wenn inzwischen der Erbe oder ein Dritter als Rechtsnachfolger im Grundbuch eingetragen ist, weil es zur Klärung dient, ob Pflichtteilsergänzungsansprüche entstanden sind; eine schlüssige Darstellung der etwa geltend zu machenden erbrechtlichen Ansprüche oder konkreter, von der Grundbucheinsicht abhängender Entschließungen ist in einem solchen Fall nicht erforderlich."
  2. "Die Einsichtnahme kann auch nicht mit der Begründung versagt werden, dass es an konkreten Anhaltspunkten für eine (Teil-)Unentgeltlichkeit des Geschäfts mangele. Es muss dem Antragsteller gestattet sein, selbst zu prüfen, ob es unter Berücksichtigung des Zustandekommens des Geschäfts und der vereinbarten Gegenleistung Anhaltspunkte für eine (teil-)unentgeltliche Übertragung gibt. Dies ist nur möglich durch Einsicht auch in den Kaufvertrag. Die Interessen des Eigentümers müssen bei der Abwägung zurückstehen."


Anmerkung:

Angesichts des Mangels an Belegen, mit denen der/die Pflichtteilsberechtigte auskommen muss, ist das Recht auf Einsicht in das Grundbuch viel wert. Das erweiterte Recht auf Einsicht in das Grundbuch umfasst nämlich nicht nur die Einsicht in das Grundbuch, sondern auch gem. § 46 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 GBV Anspruch auf Übermittlung einer Kopie des Überlassungsvertrags aus den Grundakten. In dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall lag die Übertragung bereits mehr als 20 Jahre zurück!

Eine Art vorsorgliches Recht auf Grundbucheinsicht wegen eines zukünftigen Erbfalls besteht aber nicht (OLG München, Beschluss vom 10.10.2018 – 34 Wx 293/18).


Tipp:

Erfahrungsgemäß führt der laienhafte Versuch, die Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche zu regeln, nicht zum Erfolg, sondern vertieft die Gräben zwischen den Beteiligten und verzögert die Abwicklung. 

Zögern Sie nicht und nehmen Sie frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch. Wir empfehlen, sich an einen Fachanwalt für Erbrecht, idealerweise in Kombination mit der Qualifikation als Fachanwalt für Familienrecht und/oder Steuerrecht zu wenden.


Foto(s): Bild von Arek Socha auf Pixabay

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