Außerordentliche Kündigung - aktuelle Entscheidungen

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Außerordentliche Kündigungen sind regelmäßig Ausgangspunkt für Entscheidungen von Arbeitsgerichten. Hier besteht für Arbeitnehmer ein dringendes gerichtliches Klärungsbedürfnis, da die Rechtsfolgen bei Akzeptanz der Kündigung gravierend sein können. Im folgenden Beitrag werden aktuelle Entscheidungen von Arbeitsgerichten zur außerordentlichen Kündigung beleuchtet.


I.  Wichtiger Grund erforderlich

Eine außerordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort. Das ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn ein Grund vorliegt, der „an sich“ eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigung unzumutbar macht. Das Beendigungsinteresse des Kündigenden muss anschließend gegenüber dem Bestandsinteresse der Gekündigten überwiegen.

Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen vom 22.04.2021 kann die gezielte Durchsuchung eines Dienstcomputers nach privater Korrespondenz eines Arbeitskollegen sowie deren Sicherung und Weitergabe an Dritte kann „an sich“ ein wichtiger Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung sein.

Das Arbeitsgerichts Berlin sah in einer Entscheidung vom 05.05.2021 eine außerordentliche Kündigung nach rassistischen Äußerungen einer Arbeitnehmerin über ihre asiatische Vorgesetzte für gerechtfertigt an, sodass eine Zustimmung des Betriebsrats ersetzt werden konnte. Die Arbeitnehmerin äußerte gegenüber einer Kollegin: "Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase." Auf Nachfrage eines Vorgesetzten, was damit gemeint sei, erklärte sie: "Na Sie wissen schon, die Ming-Vase". Dabei zog sie die Augen mit den Fingern nach hinten, um eine asiatische Augenform zu imitieren.

Gegen eine Eignung zur fristlosen Kündigung entschied das LAG Niedersachsen am 19.04.2021.  Einem Leiter der Hauptabteilung "Entwicklung Aggregate Diesel" (EAD) kann kein derart schwerer Vorwurf gemacht werden mit der Behauptung, er habe als Abteilungsleiter bei Motoren für den US-amerikanischen Markt eine Manipulationssoftware eingebaut. Eine Beendigung zum ordentlichen Kündigungszeitpunkt sei zumutbar.


II. Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich

Grundsätzlich stellt eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung das letzte Mittel für einen Arbeitgeber dar. Er muss zunächst durch mildere Mittel versuchen, einen Arbeitnehmer zu vertragsgemäßem Verhalten zu bewegen. Daher ist in der Regel zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Liegt ein schwerer Pflichtverstoß vor oder ist ein Arbeitnehmer uneinsichtig, kann eine Abmahnung entbehrlich sein.

Nach einer sexuellen Belästigung bei einer Teamklausur hielt das LAG Köln mit Entscheidung vom 01.04.2021 eine vorherige Abmahnung auf Grund der schweren Pflichtverletzung nicht für geboten. Daher war die ausgesprochene außerordentliche Kündigung wirksam. Nach einer Teamklausur mit Kochevent folgte der klagende Arbeitnehmer einer Werkstudentin gegen ihren ausdrücklichen Wunsch von der Hotelbar zu ihrem Zimmer. Gegen ihren Willen versuchte er, sie zu küssen. Nachdem die Werkstudentin ihn weggedrückt hatte, zog er sie erneut zu sich heran und schaffte es, sie zu küssen. Später entschuldigte er sich bei ihr per WhatsApp.

Fehlt ein Arbeitnehmer an einem einzigen Tag seines Arbeitsverhältnisses unentschuldigt, rechtfertigt das normalerweise nicht die fristlose Kündigung. Auch in diesem Fall sind eine Arbeitsaufforderung und eine Abmahnung zunächst erforderlich, wie das LAG Schleswig-Holstein am 03.06.2020 entschied.


III.  Ausschlussfrist von 2 Wochen

Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigende die maßgeblichen Tatsachen, die Ihn zu Kündigung berechtigen, kennt.

Wie das Bundesarbeitsgericht am 16.07.2016 entschied, hat der Arbeitgeber zunächst Zeit, sämtliche maßgeblichen Tatsachen zeitnah zu ermitteln. Dennoch muss ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, auch wenn dieser arbeitsunfähig erkrankt ist, zu einem Anhörungsgespräch einladen. Denn die Arbeitsunfähigkeit schließt die Teilnahme an einer Anhörung nicht zwingend aus, wie das LAG Düsseldorf mit Urteil vom 18.06.2019 entschied.


IV.  Anwaltliche Hilfe 

Eine außerordentliche Kündigung ist schwer zu begründen und hat Formvorgaben einzuhalten. Vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist eine anwaltliche Beratung zu empfehlen. Nach Erhalt einer außerordentlichen Kündigung ist eine anwaltliche Beratung und Vertretung nahezu unumgänglich, um seine Rechte wahren zu können.

Kommen Sie auf mich zu. Ich höre mir zunächst Ihr Anliegen an. Anschließend erläutere ich Ihnen, was auf Sie zukommt und welche Kosten Ihnen entstehen können. Selbstverständlich setze ich mich auch vor Gericht für Ihre Rechte ein.


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