Beamtenrecht – Entlassung eines Polizeibeamten auf Widerruf

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Der Sachverhalt

Der Antragsteller wurde am 01.07.2016 als Polizeikommissaranwärter bei der Hochschule für Polizei in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeivollzugsdienst eingestellt. 

Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 26.06.2019 wurde er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt, nachdem er nach einer Studentenparty am 11.04.2019 gegen 02.00 Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,88 Promille von einer mobilen Verkehrskontrolle aufgegriffen worden war. 

Daraufhin verfügte der Antragsgegner am 23.07.2019 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Entlassung aus dem Polizeivollzugsdienst wegen fehlender charakterlicher Eignung. 

Der Antragsteller trägt im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vor, er sei damals aufgrund einer außergewöhnlichen Stresssituation (Trennung von seiner Partnerin sowie zwei gemeinsamen Kindern) mit auf die Studentenparty gegangen, was eigentlich persönlichkeitsfremd sei, auch weil er „eigentlich nie“ trinke. 

Zudem sei er bald am Ende der Ausbildung und müsse noch die Chance erhalten, den Bachelor of Arts – Polizeivollzugsdienst/Police Service“ abzuschließen.

Die Entscheidung

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 30.09.2019, 4 S 2577/19, entschieden, dass die Entlassung eines in Ausbildung befindlichen Polizeibeamten auf Widerruf gem. § 23 Abs. 4 BeamtStG auch wegen nur einer Trunkenheitsfahrt mit 1,88 Promille Blutalkoholkonzentration gerechtfertigt sein kann.

Der VGH schließt sich der Auffassung des VG Freiburg an. Die Entlassungsverfügung erscheine bei summarischer Prüfung formell und materiell rechtmäßig. Nach § 23 IV S. 1 BeamtStG können Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden, dem Antragsgegner stehe insoweit Ermessen zu. 

Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, da nach der Rechtsprechung des BVerwG auch aus einmaligem Fehlverhalten begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung abgeleitet werden können, wenn dieses die charakterlichen Mängel des Betroffenen hinreichend deutlich zu Tage treten lasse. 

Der Senat führt aus, dass der Antragsteller vorliegend zu Recht wegen charakterlicher Nichteignung für den Polizeivollzugsdienst entlassen wurde. Vor allem sei es für den Senat wenig überzeugend, wenn der Antragsteller immer wieder vortrage, „eigentlich nie“ Alkohol zu trinken. 

Der Bundesgesetzgeber gehe im Rahmen des Fahrerlaubnisrechts davon aus, dass alkoholauffällige Kraftfahrer bereits mit einer BAK ab 1,6 Promille über deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit verfügen. 

Da diese Personen doppelt so häufig rückfällig werden wie Personen mit geringeren BAK, sei hier „das Erfordernis zusätzlicher Verdachtsmomente nicht mehr vertretbar“ (BR-Drs. 443/98 <Beschluss> S.6).

Vor diesem Hintergrund sei entweder davon auszugehen, dass der Antragsteller zwar kein Alkoholproblem habe, aber dazu neige, in persönlichen Konfliktsituationen Stress und Sorgen in Alkohol „zu ertränken“, oder aber ein Alkoholproblem habe, sich diesem aber nicht stellen und keine Therapie angehen möchte. 

In beiden Fällen bestehe die vom Antragsgegner angenommene Gefahr einer erneuten Trunkenheitsfahrt und Verkehrsstraftat, weswegen die charakterliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst verneint werden durfte. Aus Sicht des Senats spielt es dienstrechtlich keine Rolle, dass der Antragsteller wegen Fahrlässigkeit und (nur) mittels Strafbefehl verurteilt wurde. 

Außerdem sei es unbeachtlich, dass der Antragsteller nach seinen Angaben momentan in einer stabileren familiären Situation lebt, weil jeder Mensch im Laufe seines Lebens immer wieder auch Krisensituationen durchlebe.

Zuletzt sei der Antragsgegner nicht gezwungen gewesen, den Antragsgegner noch seine Ausbildung abschließen zu lassen. Im Falle der Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst liege keine allgemeine Ausbildungsstätte im Sinne des Art. 12 I GG vor und der Antragsteller habe aufgrund der begangenen Straftat ohnehin keine Aussicht auf Übernahme in den Polizeivollzugsdienst.

Fazit 

Ein in Ausbildung befindlicher Polizeibeamter kann bereits nach einem einmaligen Fehlverhalten aufgrund fehlender charakterlicher Eignung aus dem Polizeivollzugsdienst entlassen werden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann.

Andreas Klinger

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Sozialrecht

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Gaßmann & Seidel, Rechtsanwälte Partnerschaft mbB Stuttgart


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