Befangenheitsantrag gegen den Richter

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Hinweis an Verteidiger während der Zeugenvernehmung kann ausreichen

Jeder Richter soll bei der Ausübung seines Amtes objektiv sein und darf sich vor dem Ende der Hauptverhandlung keine abschließende Meinung bilden, die den Eindruck erwecken könnte, er wäre voreingenommen bzw. befangen. Was in einem Richter vor sich geht, ist nach außen schlecht zu erkennen. Es gibt jedoch Fälle, in denen die Richter den Anschein erwecken, sie wären parteilich und voreingenommen. 

In derartigen Fällen lohnt es sich für den Fachanwalt für Strafrecht, einen Befangenheitsantrag nach § 24 StPO zu stellen. Dann muss der Richter ersetzt werden.

Die „Besorgnis der Befangenheit“ liegt vor, wenn ein Grund besteht, der geeignet ist, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. 

Maßgeblich sind dabei zum einen die Sichtweise eines „vernünftig denkenden“ Ablehnenden und auf der anderen Seite die Vorstellungen, die sich ein geistig gesunder Prozessbeteiligter bei einer verständigen Prüfung der Situation machen kann.

In einer sehr interessanten Entscheidung hat das Amtsgericht Köln (23.11.2018, 612 AR 49/18) ausgeführt, dass es für einen Befangenheitsantrag ausreicht, wenn die Richterin während der Vernehmung eines Zeugen durch die Verteidigung mitteilt, die weitere Befragung des Zeugen mache eigentlich keinen Sinn, da sie die Aussage des Zeugen für sehr überzeugend halte. 

Diese Mitteilung des Gerichts konnte nach der Entscheidung des Amtsgericht Köln nur so verstanden werden, dass die Richterin unabhängig vom weiteren Verlauf der Vernehmung des Zeugen und der noch weiter geladenen Zeugen bereits auf eine abschließende Bewertung der Zeugenaussage festgelegt hat. 

Die Befragung von Zeugen gehört zu den wichtigsten Rechten und Aufgaben eines Strafverteidigers. Durch die geschilderte Vorgehensweise hat die Richterin offensichtlich versucht, die weitere Befragung der Zeugen durch den Rechtsanwalt zu verhindern. Sie hat jedenfalls zu erkennen gegeben, dass die weitere Befragung aus ihrer Sicht unwichtig sei. Die Richterin hat damit die notwendige Offenheit dafür verloren, dass sich im Laufe der Befragung eines Zeugen, neue Anhaltspunkte, Widersprüche oder sogar eine komplette Wendung ergeben können. 

Fazit: Befangenheitsanträge sind ein Thema für sich. Sie bergen jedoch immer die Möglichkeit, einen voreingenommenen Richter austauschen zu lassen, was die Chancen und Risiken eines Prozesses für den jeweiligen Mandanten oft um 180 Grad drehen kann. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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