Behandlungsfehler – was kann ein Patient tun?

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Die Behandlungsfehler-Statistiken der Krankenkassen belegen, dass sich immer mehr Patienten – zu Recht – gegen fehlerhafte ärztliche Behandlungen und Aufklärungen zur Wehr setzen. Der Gesetzgeber hat entsprechend reagiert und Anfang 2013 das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (Patientenrechtegesetz) in Kraft gesetzt. 

Da die gesetzgeberische Intention der Schaffung von transparenten Regelungen nur teilweise erreicht wurde, verbleibt die Materie des Arzthaftungsrechts weiterhin in festen Händen von spezialisierten Rechtsanwälten (Fachanwälten für Medizinrecht).

Nicht selten führen Behandlungsfehler zu bleibenden Gesundheitsschäden. Folge sind tiefe persönliche Einschnitte für die betroffenen Patienten und deren Familien, die sich von der Behandlung eigentlich eine Besserung des Gesundheitszustands versprochen haben.

Kompetenz und Erfahrung

In der Regel kommt es Patienten nicht primär auf eine finanzielle Entschädigung an. Vielmehr steht an erster Stelle meist das Bedürfnis zu erfahren, ob die Behandlung als solche fehlerhaft war. Im Vordergrund steht daher zunächst die Prüfung des medizinischen Sachverhalts, die Klassifizierung des Fehlervorwurfs (Befunderhebungsfehler, Diagnoseirrtum, Organisationsverschulden, Risikoaufklärung etc.) sowie die Befundsicherung.  

Arzthaftungsmandate sind komplex. Für den Erfolg ist spezielles Fachwissen und Erfahrung des Rechtsanwalts entscheidend.

Die Behandlungsdokumentation 

Zur Einschätzung der Erfolgschancen – und um das ärztliche Verhalten am fachärztlichen Standard messen zu können –, ist es unerlässlich, alle relevanten Behandlungsunterlagen einzuholen und auf Vollständigkeit und Dokumentationsmängel zu prüfen. Bei Bedarf werden die Behandlungsunterlagen einem ärztlichen Berater vorgelegt. 

Gemäß § 630f BGB ist jeder Arzt gegenüber seinem Patienten zu einer vollumfänglichen Dokumentation der Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und Wirkungen, Eingriffe und ihrer Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen verpflichtet. 

Nach § 630g BGB hat jeder Patient ein Recht auf die Einsichtnahme in die vollständige Patientenakte. 

Der fachärztliche Standard

Eine Behandlung hat nach dem jeweils allgemein anerkannten fachlichen Standard zu erfolgen. Wird dagegen verstoßen, macht sich der Arzt oder das Krankenhaus schadenersatzpflichtig. Die Beweislast liegt beim Patienten, kehrt sich im Fall eines groben Behandlungsfehlers aber zu seinen Gunsten um.

Ein Behandlungsfehler gilt als grob, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen hat und ein Fehler vorliegt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. 

Neben der Dokumentationspflicht ist der behandelnde Arzt auch verpflichtet, in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und während des weiteren Verlaufs über alle wesentlichen Umstände zu unterrichten und aufzuklären. Diese Aufklärung muss rechtzeitig, verständlich und mündlich durch einen qualifizierten Arzt erfolgen. Die Beweislast einer ordnungsgemäßen Aufklärung obliegt dem Arzt. 

Das ärztliche Gutachten 

Aufgrund der interdisziplinären Tätigkeit im Arzthaftungsrecht ist es in der Regel erforderlich und sinnvoll, sich durch einen entsprechenden Facharzt zu den fraglichen Behandlungen beraten zu lassen. Dies kann über die gesetzliche Krankenkasse in Form eines MDK-Gutachtens oder über einen privaten Gutachter erfolgen. Auch ein Schlichtungsverfahren („Gutachterverfahren“) bei der jeweils zuständigen Ärztekammer kann zielführend sein.

Empfehlenswert ist es, Kanzleien zu beauftragen, die über ein eigenes Netzwerk an ärztlichen Beratern (Privatgutachtern) verfügen, damit in jeder Verfahrenslage gewährleistet ist, schnell und gezielt auf medizinisches Fachwissen zurückgreifen zu können und damit der – stets ärztlich beratenen – Gegenseite auf Augenhöhe zu begegnen. 

Verhandlungen mit den Haftpflichtversicherern 

Mit dem Ziel der außergerichtlichen Einigung wird mit den Haftpflichtversicherern der Ärzte bzw. der Kliniken in Regulierungsverhandlungen eingetreten. 

Die realisierbaren Schmerzensgeld- und Schadensersatzforderungen (z. B. Haushaltsführungsschaden, Erwerbsschaden, vermehrte Bedürfnisse, Arzt- und Fahrkosten) sind dabei genau herauszuarbeiten und einzufordern. Eine Gesamtabgeltung, d.h. eine Einmalzahlung durch den Haftpflichtversicherer der Ärzte/Kliniken ist dann nicht zu empfehlen, wenn in der Zukunft mit weiteren Schäden und damit verbundenen Kosten zu rechnen ist. 

Das Klageverfahren

Sofern eine außergerichtliche Regulierung nicht zustande kommt oder der Haftpflichtversicherer die Regulierung unangemessen verzögert, können die Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche in einem Klageverfahren gerichtlich geltend gemacht werden. 

Mangels eigener Sachkunde holt das Gericht für die Frage des Vorliegens eines Behandlungsfehlers ein unabhängiges Sachverständigengutachten ein, dessen Ergebnis für den Ausgang des Prozesses in der Regel entscheidend ist. Für die richtige Weichenstellung ist es daher wichtig, das Gerichtsverfahren sowohl in juristischer als auch in medizinischer Hinsicht von Anfang an optimal vorzubereiten. 

Kosten bzw. Rechtsschutzversicherung

Das Arzthaftungsrecht ist im „normalen“ Zivilrechtsschutz jeder Rechtsschutzversicherung enthalten. Bei bestehender Rechtsschutzversicherung fallen, ggf. mit Ausnahme der Selbstbeteiligung, keine Anwalts- oder Gerichtskosten an. 

Sofern eine Rechtsschutzversicherung nicht besteht, können gerichtliche Ansprüche mithilfe eines Prozessfinanzierers oder ggf. mit Prozesskostenhilfe durchgesetzt werden. Außergerichtlich profitieren Patienten von einem Pauschalhonorar oder einem Erfolgshonorar.



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