Bei Bauch-OP vergessenes Tuch – weshalb es für jahrelange Qualen nur ein geringes Schmerzensgeld gab

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Nach einer Sterilisation traten bei der Patientin immer wieder starke Schmerzen und Übelkeit bis hin zur Ohnmacht auf. 9 Jahre nach der Sterilisation ließ sie sich die Gebärmutter entfernen. Die Schmerzen traten weiterhin auf. 17 Jahre nach der Sterilisation wurde ein Knoten im Unterleib festgestellt. Bei dieser erneuten Operation wurde ein 13 cm langes Tuchband entdeckt, das mit der Sterilisationsnarbe verwachsen war und zu ständigen Entzündungen führte. Nach Entfernung des Tuchs hörten die Schmerzen auf. Das Bauchtuch wurde nach den Krankenunterlagen nach der Sterilisation wieder entfernt. Die Klinik argumentierte, das Bauchtuch sei von anderen Bauchoperationen zur Sterilisationsnarbe hingewandert.

Das Gericht sprach der Patientin ein Schmerzensgeld in Höhe von nur 8.000 € zu. Den Ärzten war zwar ein Behandlungsfehler vorzuwerfen, nicht jedoch ein schwerwiegendes, unentschuldbares Fehlverhalten. Der vom Gericht bestellte Sachverständige führte aus, dass Fremdkörper wie Bänder oder Tücher sich bei einer Operation durch Blut und Sekrete so stark verändern können, dass man sie kaum noch erkennen kann. Sie seien dann leicht zu übersehen. Es kann außerdem nicht ausgeschlossen werden, dass nicht auch aufgrund der Gebärmutterentfernung bei der Klägerin Schmerzen verursacht wurden. 

Bei Beendigung einer Operation ist vor dem Verschließen des Bauchraumes eine Zählkontrolle und auch eine Vollständigkeitskontrolle der verwendeten Utensilien durchzuführen. Wird dies nicht gemacht, liegt ein ärztlicher Behandlungsfehler vor. Da offensichtlich ein Tuchband im Bauch zurückblieb, wurde nach der OP wohl falsch gezählt. Ein Kunstfehler lag also eindeutig vor. Aber: Es handelte sich nicht um einen schweren Behandlungsfehler, sondern nur um einen einfachen Behandlungsfehler. Dies hat zur Folge, dass zugunsten des Arztes angenommen werden kann, dass die Schmerzen eben doch irgendwelche andere Ursachen haben können. Hätte das Gericht entschieden, dass der Fehler des Arztes ein schwerer Behandlungsfehler ist, wäre das Schmerzensgeld weit höher ausgefallen (Landgericht Braunschweig, Urteil vom 3.3.2004).

Deshalb: Sorgen Sie dafür, dass ein im Arzthaftungsrecht erfahrener Rechtsanwalt der Gegenseite und dem Gericht die richtigen Fragen stellt, wenn es entweder bei der Verhandlung mit der Haftpflichtversicherung des Arztes oder vor Gericht darum geht, einen schweren Behandlungsfehler festzustellen. 



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