Beleidigungen in der Ehe

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Worte können verletzen und noch lange nachhallen. Gerade, wenn sich ein Partner fortlaufend beleidigt fühlt und der oder die andere keine Einsicht zeigt, steht die Beziehung schnell auf dem Prüfstand. Ein falsches Wort kann dann das Fass zum Überlaufen bringen. Beleidigungen in der Ehe sind oft Begleiterscheinungen dessen, dass die Beziehung wahrscheinlich zerrüttet ist. Ab einem gewissen Ausmaß können Beleidigungen auch rechtlich bedeutsam werden – etwa wenn es um die Frage der Strafbarkeit von Beleidigungen online sowie in Person geht oder in Extremfällen um eine mögliche Härtefallscheidung.

Was ist eine Beleidigung und was nicht?

Beleidigungen, gerade wenn Sie in der Beziehung erfolgen oder wenn ein Partner von der Familie beleidigt wird, sind enorm verletzend und tun weh. Es ist immer schwierig, zu beurteilen, was genau eine Beleidigung ist und was nicht. Eine schlechthin beleidigende Äußerung gibt es nicht. Auch das Strafgesetz scheut sich, die Beleidigung zu definieren (§ 185 StGB).

Nach der Rechtsprechung ist die Beleidigung als Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung einer Person zu verstehen. Ob eine Äußerung eine Beleidigung darstellt, kann nicht ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände, unter denen die Äußerung erfolgt ist, beurteilt werden. Hierbei sind

  • Alter,
  • Bildungsgrad
  • und Stellung des „Täters“,
  • die persönlichen Verhältnisse des „Opfers“,
  • die Beziehung zwischen den Beteiligten,
  • ihr Verhältnis zueinander
  • und der Verkehrston in der Beziehung
  • sowie die örtlichen und zeitlichen Verhältnisse, unter denen die Äußerung erfolgte,

zu berücksichtigen. Allein diese Umschreibung verdeutlicht, dass Beleidigungen in der Ehe unter besonderen Vorzeichen zu bewerten sind. Insoweit lässt sich nicht behaupten, jede Äußerung sei gleich eine Beleidigung oder die Ehe sei eine beleidigungsfreie Zone.

Kann eine Beleidigung im berechtigten Interesse sein?

Nicht jede Ehrverletzung ist strafbar. Handelt der Ehepartner als Täter der Beleidigung in „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ (§ 193 StGB), scheidet die Strafbarkeit aus. Voraussetzung ist, dass die beleidigende Äußerung das angemessene Mittel war, um den beabsichtigten Zweck zu erreichen. Eine Grenze besteht insoweit, als der Täter die Ehre des Opfers nur insoweit beeinträchtigen darf, als dies im Hinblick auf das verfolgte berechtigte Interesse unerlässlich ist.

Beispiel: Sie teilen Ihrem Ehepartner mit, dass Sie eine neue Beziehung haben und sich scheiden lassen wollen. Aus Ihrem Ehepartner platzen üble Schimpfworte heraus, die Sie als Beleidigung empfinden. Da sich der betrogen fühlende Ehepartner durch Ihre Aussage provoziert fühlen durfte, dürfte es schwierig sein, daraus eine echte Beleidigung zu konstruieren. Aus Sicht seiner bzw. ihrer Interessen erscheinen derart geäußerte beleidigende Worte relativ und in Wahrnehmung des berechtigten Interesses am Fortbestand Ihrer Ehe.

Beleidigung ist ein Antragsdelikt

Werfen Sie Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin eine Beleidigung vor, wird die Tat nur verfolgt, wenn Sie ausdrücklich bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft Strafanzeige erstatten und einen Strafantrag stellen (§ 194 StGB). Stellen Sie keinen Strafantrag, passiert nichts.

Wie ist die Beleidigung unter Eheleuten zu beurteilen?

Beleidigungen sind meist nur eine Folge dessen, dass es in der Beziehung Probleme gibt und die Partner den Umgang vermissen lassen, der in einer funktionierenden Ehe unumgänglich ist. Bevor Sie über eine Strafanzeige nachdenken, sollten Sie reflektieren, auf welcher Ebene Sie Ihr „Ehrgefühl“ bewerten. Erwarten Sie sich von einer Strafanzeige wegen Beleidigung nicht zu viel. Bedenken Sie, dass die Beweissituation schwierig ist. Die Ehepartner wird entweder bestreiten, dass er oder sie Ihre Person beleidigt hat oder wird sich rechtfertigen, dass Ihr Verhalten Anlass gegeben hat, über das gebotene Maß hinauszuschießen.

In einem Strafverfahren, vorausgesetzt die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage und das Amtsgericht ist zu einer mündlichen Verhandlung bereit, würde genau diese Situation recherchiert. Ihr Ehepartner, dem oder der Sie eine Beleidigung vorwerfen, wird sich im Strafverfahren wahrscheinlich damit rechtfertigen, dass auch Ihnen vorwerfbares Verhalten anzulasten ist, so dass Ihr Ehrbestand und der daraus fließende Achtungsanspruch entsprechend Ihrem Fehlverhalten gemindert sein kann. Zutreffende Kommentare und durch Ihr Verhalten gerechtfertigte Werturteile, die keine überschießenden negativen Bewertungen enthalten, müssen Sie sich eventuell gefallen lassen. Der Charakter einer Beleidigung könnte fehlen.

Welche Erfolgsaussichten hat ein Strafantrag?

Geht es „nur“ um Worte ist eine Strafverfolgung oft problematisch. Grund ist, dass es meist sehr schwierig ist, nachzuweisen, was im Detail gesagt wurde. Selbst wenn es Zeugen gibt, ist die Aussage von Zeugen nicht immer zuverlässig verwertbar und oft subjektiv geprägt, je nachdem auf welcher Seite der Zeuge steht. Hinzu kommt, dass Beleidigungen in der Ehe, die im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung stehen, eine andere Gewichtung haben, als wenn der Wortwechsel unter Fremden oder Personen erfolgt, die nicht direkt in einer Beziehung zueinanderstehen.

Natürlich kann es auch Situationen geben, in denen sich der Tatvorwurf einer Beleidigung begründen lässt. Dabei geht es oft um die Tatbestände der üblen Nachrede. Das Gesetz bestraft eine üble Nachrede, wenn eine herabwürdigende Tatsachenbehauptung erfolgt, deren Wahrheitsgehalt nicht nachweisbar ist (§ 186 StGB). Stellt sich heraus, dass die Behauptung falsch ist, gilt sie als Verleumdung (§ 187 StGB).

Beleidigungen und Gewalt

Oft steht die Beleidigung im Zusammenhang mit psychischer Gewaltausübung. Kennzeichnend ist, dass der Partner oder die Partnerin vor allem über Worte und Taten, nicht aber über körperliche Aktionen eingeschüchtert und erniedrigt werden. In Betracht kommen etwa

  • Beleidigungen und Demütigungen,
  • Drohungen,
  • Einschüchterungen,
  • in der Öffentlichkeit lächerlich machen.

Während körperliche Gewalt meist offensichtlich daherkommt, bleibt der Psychoterror in der Ehe meist lange Zeit verborgen. Scham- und Schuldgefühle des Opfers sowie die meist geringe Anerkennung psychischer Gewalt in der Gesellschaft führen dazu, dass derartige Verhaltensweisen als unbedeutend und als ehetypische Erscheinungen abgetan werden.

Geht die Beleidigung mit einer Tätlichkeit einher (häusliche Gewalt) oder wird die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen, steht meist ein Körperverletzungsdelikt im Vordergrund, bei dem der Vorwurf der Beleidigung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Strafverfolgung Erfolg hat.

Welche Rolle spielen Beleidigungen bei der Scheidung?

Ihre Ehe wird normalerweise erst geschieden, wenn Sie das Trennungsjahr vollzogen haben. Dann unterstellt das Gesetz, dass Ihre Ehe gescheitert ist. Auf die Ursachen und Gründe kommt es nicht an. Von der Regel gibt es Ausnahmen: Das Gesetz erkennt nämlich die sogenannte Härtefallscheidung an.

In einem solchen Fall können Sie vorzeitig vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden. Beachten Sie, dass eine gescheiterte Ehe und damit so gut wie jede Scheidung mit persönlichen, subjektiven Härten verbunden ist. Eine vorzeitige Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres kommt also nicht in Betracht bei

  • bloßen Schwierigkeiten,
  • Unstimmigkeiten
  • und ehetypischen Zerwürfnissen.

Auch ein meist gegenseitiger Wortwechsel, den Sie vielleicht als Beleidigung empfinden, ändert daran nichts. Aber: Haben die Beleidigungen, Demütigungen und vielleicht auch die damit einhergehenden Tätigkeiten ein Ausmaß angenommen, dass es Ihnen nicht zuzumuten ist, den Ablauf des Trennungsjahres abwarten zu müssen, könnten Sie die vorzeitige Scheidung beantragen und einen Härtefall darlegen. Wegen der Voraussetzungen, aus denen sich ein Härtefall begründen lässt, sind Sie beweispflichtig. Die Rechtsprechung entscheidet immer im Einzelfall, ob ein Härtefall anzuerkennen ist oder nicht.

Folgende Beispiele wurden in der Rechtsprechung bereits als Härtefall anerkannt:

  • Ehepartner wird in Anwesenheit der fünf gemeinsamen Kinder angesprochen und misshandelt (AG Düsseldorf FamRZ 1977, 804).
  • Ehepartner wird durch heftige Schläge misshandelt und aus der gemeinsamen Wohnung ausgesperrt (OLG Schleswig SchlHA 1977, 171).

Beleidigungen online und in Sozialen Medien

Wer auf Facebook, WhatsApp oder sonstigen sozialen Foren beleidigt, riskiert, vom Betreiber des Forums als Teilnehmer des Forums wegen ungebührlichen Verhaltens und Verstoß gegen die Richtlinien ausgeschlossen zu werden. Wer derart beleidigt, dokumentiert, was gesagt und behauptet wurde. Es versteht sich, dass derartige Äußerungen als Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren gegen die betreffende Person verwendet werden können. Selbst wenn Sie auf diese Art und Weise beleidigt werden, sollten Sie sich hüten, auf gleiche Weise zu antworten. Damit relativieren Sie das, was behauptet wurde und begeben sich auf die gleiche Ebene. Auch ist es nicht empfehlenswert, wenn Ehepartner Ihre Feindseligkeiten und die damit oft verbundenen Intimitäten nach außen tragen und meinen, Dritte an ihrem Schicksal teilhaben zu lassen. Die Frau, die im oben genannten Beispiel ein Auftragskiller ins Auge fasste, riskierte zudem, wegen der versuchten Anstiftung zu einer Straftat ins Visier der Justiz zu geraten. Es ist anzunehmen, dass allein diese Zielrichtung mithin Anlass war, den Vorfall strafrechtlich zu verfolgen und zu ahnden.

Beispiele, bei denen eine Beleidigung abgelehnt wurde:

  • Die Aussage, der Ehepartner verdiene Abscheu, die Fortsetzung der Ehe wäre eine Strafe (OLG Stuttgart NJW 1978, 275).
  • Übelste Beschimpfung des Ehepartners (AG Saarbrücken FamRZ 1978, 114).

Begründet Ehebruch Beleidigung?

Wird ein Ehepartner untreu, galt früher Ehebruch durch den Liebhaber oder die Liebhaberin mithin auch wegen der Strafbarkeit der damals geltenden Strafbarkeit des Ehebruchs als Kundgabe der Missachtung gegenüber dem betrogenen Ehepartner. Soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, die auf eine Lächerlichmachung des Betroffenen hinauslaufen, liegt in dem bloßen Eingriff in die fremde Ehe kein abwertendes Urteil über die Person des Hintergangenen. Wer betrogen wird, erscheint heute nicht mehr als „lächerliche Figur“, wie es früher der Fall gewesen sein mag. Der Ehebruch erscheint viel mehr als eine Angelegenheit, durch die sich eventuell der Untreue selbst in der Achtung seiner Mitmenschen herabwürdigt (OLG Zweibrücken NJW 19 72,1225).

Da Ehen heute ohne Einbeziehung ehelicher Verfehlungen geschieden werden, kann auch der Ehebruch normalerweise keinen Beleidigungstatbestand begründen. Ausnahmen wurden insoweit bekannt, als die sexuelle Beziehung eines Ehepartners zum Bruder des Ehepartners einen Härtefall begründete (OLG Köln Az. 27 WF 187/02) oder ein Ehepartner durch den Geschlechtsverkehr mit der 19-jährigen vorehelichen Tochter der Ehefrau diese sexuell erniedrigte (OLG Schleswig SchlHA 1977, 187).

Fazit

Beleidigung in der Ehe ist eine schwierig zu greifende Thematik. Natürlich ist die Ehe keine beleidigungsfreie Zone. Alles hat Grenzen. Fühlen Sie sich beleidigt, sollten Sie das Geschehnis im Zusammenhang mit Ihrer Scheidung betrachten und im günstigsten Fall als Argumentation für eine vorzeitige Härtefallscheidung verwenden. Lassen Sie sich anwaltlich beraten, ob es zweckmäßig ist und vor allem welche Aussichten bestehen, Ihren Vorwurf der Beleidigung aufzugreifen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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