Berliner Zwillingsfall

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BGH Beschluss vom 11.11.2020, Az. 5 StR 256/20

 

Sachverhalt:

Im Jahr 2010 gebar eine Frau Zwillinge.

Während der Schwangerschaft kam es zu Komplikationen, weshalb eines der Babys bei der Geburt an schweren Hirnschäden litt, das Andere völlig gesund war.

Es wurde die Indikation für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch gestellt. Die Mutter gebar das gesunde Kind mittels Kaiserschnitts. Anschließend töteten die Ärzte das kranke Baby in Absprache mit der Mutter, obwohl es lebensfähig war. Die Tötung geschah durch die Verabreichung einer Kaliumchloridlösung.

Dieser Vorgang war für das andere Baby mit erheblichen Risiken verbunden.

 

Entscheidung:

Das erstinstanzliche Gericht (LG Berlin, 19.11.2019, Az. (532 Ks) 234 Js 87/14(7/166)) verurteilte die Ärzte wegen gemeinschaftlichen Totschlags.

Diese Entscheidung bestätigte der 5. Senat des BGH am 11.11.2020.

Der BGH führte aus, dass die Regeln des straffreien Schwangerschaftsabbruches nur bis zum Beginn der Geburt gelten würden.

Bei der Vornahme eines Kaiserschnitts sei die Geburt mit der Eröffnung der Gebärmutter gegeben. Denn zu diesem Zeitpunkt soll das Kind von dem Mutterleib getrennt werden.

Ein „Totspritzen“ eines Kindes im offenen Mutterleib sei somit von den Regeln nicht mehr umfasst.

Dies gilt unabhängig davon, ob ein oder mehrere Kinder geboren werden.

Straferschwerend legte das LG den Ärzten zur Last, dass sie die Tat geplant und nicht in einer Notsituation gehandelt hätten. Dies wies der BGH als unzulässigen Erschwerungsgrund zurück, weshalb das LG nochmals über die Höhe der verhängten Strafe entscheiden muss.

 

Fazit:

Ein straffreier Schwangerschaftsabbruch mit Beginn der Geburt scheidet somit aus.

Der BGH verurteilte die Vorgehensweise der Ärzte als „Aussortieren eines kranken Kindes“.


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