Berücksichtigung ausländerrechtlicher Folgen bei der Strafzumessung?

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Im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung haben Nicht - EU - Bürger ab einer bestimmten Sanktionshöhe ausländerrechtliche Folgen zu befürchten und zu erwarten. - Da eine Ausweisung einen gravierenden Einschnitt in die Lebensgestaltung bedeutet, stellt sich die Frage, ob und wie diese Folgen bei der Strafzumessung vom Strafgericht zu berücksichtigen sind.

Zu diesem Thema hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 4.2.2021 noch einmal Stellung genommen.

Der Urteilsfall des LG Dortmund

Das Landgericht Dortmund hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt.

Bei dieser Sachlage ist es nahezu sicher, dass der Angeklagte aus der Bundesrepublik ausgewiesen wird.

In Ansehung der abgeurteilten Taten und der Höhe des zu erwartenden Strafmaßes hat das Landgericht Dortmund sowohl bei der Wahl des Strafrahmens als auch bei der Festsetzung der konkreten Höhe der Strafe pauschal zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass dem Angeklagten sicher ausländerrechtliche Konsequenzen drohen.

So kam das Landgericht zu einer insgesamt recht milden Strafe.


Urteil des Bundesgerichtshofes vom 4.2.2021 (4 StR 457/20):

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des LG Dortmund unter anderem in den oben genannten Punkten aufgehoben.

Die §§ 53 - 55 des Aufenthaltsgesetzes enthielten eine zwingende Abwägung zwischen dem Ausweisungsinteresse des Staates und dem Bleibeinteresse des Bürgers.

Deshalb sei es nicht möglich, pauschal zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass ihm durch die Verurteilung eine Ausweisung drohe.

Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn das Gericht darlegt, dass im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die die Beendigung des Aufenthaltes im Inland als besondere Härte erscheinen lassen.

Solche Umstände hatte das Landgericht Dortmund in seinem Urteil gerade nicht geschildert.

Praxishinweis:

Die oben dargestellte Rechtsprechung bedeutet, dass in Strafverfahren gegen Nicht - EU - Bürger, denen eine Ausweisung drohen kann (ab etwa einem Jahr Freiheitsstrafe und bei bestimmten Delikten), vom Verteidiger vorab geprüft werden muss, ob eine Ausweisung für den Angeklagten eine überdurchschnittliche Härte darstellen würde.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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