Berufen auf Ausschlussfrist? Häufig unzulässig!

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Was versteht man unter Ausschlussfristen (auch Verfallfrist genannt)?

Ausschlussfristen kommen u.a. in Arbeitsverträgen und Tarifverträgen vor und regeln vereinfacht gesagt, dass Ansprüche einer Vertragspartei verfallen, wenn sie nicht nach Fälligkeit innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. Insbesondere in Arbeitsverträgen finden sich diese Klauseln häufig am Ende. Viele Arbeitnehmer nehmen diese Klauseln kaum wahr, dabei können gerade Ausschlussklauseln fatale Folgen haben! Denn: Ausschlussfristen sind meistens sehr kurz: häufig zwischen drei bis sechs Monaten.

Was ist der Unterschied zur gesetzlichen Verjährung?

Zum Vergleich: die gesetzliche Verjährungsfrist beträgt drei Jahre zum Jahresende. Und: Während die Verjährung den Anspruch unberührt lässt und nur ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht schafft, geht das von der Ausschlussfrist betroffene Recht ohne weitere rechtsgeschäftliche Handlung unter.

Was sind ein- und zweistufige Ausschlussfristen?

In der Praxis unterscheidet man zwischen ein- und zweistufigen Ausschlussfristen. Einstufige Ausschlussfristen regeln dabei, dass man seine Ansprüche nach Fälligkeit bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beim Arbeitgeber (oder umgekehrt der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer) geltend machen muss, damit die jeweiligen Ansprüche nicht verfallen.

Bei der zweistufigen Ausschlussfrist kommt dann noch hinzu, dass man nach Ablehnung oder Ablauf der sich auf der ersten Stufe befindlichen Frist, gezwungen wird, seine Ansprüche darüber hinaus noch gerichtlich geltend zu machen. Wird bei der zweistufigen Ausschlussklausel nur eine der beiden Fristen versäumt, fällt der Anspruch weg.

Wie kurz darf der Arbeitgeber die Frist bemessen?

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits vor geraumer Zeit ausgeurteilt, dass eine Frist von weniger als drei Monaten für die erstmalige Geltendmachung arbeitsvertraglicher Ansprüche unangemessen kurz sei. Sie ist deshalb unwirksam, d.h. sie fällt ersatzlos weg, während der Arbeitsvertrag im Übrigen bestehen bleibt, § 306 BGB.

Was müssen Sie tun, um eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist einzuhalten?

In vielen Ausschlussklauseln ist geregelt, dass etwaige Ansprüche schriftlich gegenüber der anderen Partei geltend zu machen sind. Als Arbeitnehmer müssten Sie, unterstellt die Klausel wäre wirksam, dem Arbeitgeber mithin ein handschriftlich unterschriebenes Dokument aushändigen, mit welchem Sie die Ansprüche geltend machen. Die Schriftform und vor allem was dies bedeutet ist in § 126 BGB geregelt. Danach muss „(…) die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.“

Für vertragliche Schriftformvorgaben enthält § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB jedoch eine wesentliche Erleichterung. Dort ist geregelt: „Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung (…)“

D.h. also, dass ein Fax, eine E-Mail oder eine SMS grundsätzlich ausreicht, um der vertraglichen Ausschlussfrist zu entsprechen. Insoweit erscheint die in Ausschlussklauseln verwendete Form aus Sicht der Arbeitnehmer irreführend.

Seit dem 01.10.2016 hat diese Irreführung –zumindest für ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene Arbeitsverträge- nunmehr ein Ende. Am 01.10.2016 trat nämlich die Gesetzesänderung von § 309 Nr. 13 BGB in Kraft. Ausschlussklauseln dürfen danach nur noch die Textform für Forderungsschreiben vorsehen.

Tipp:
 Auch hinsichtlich der Ausschlussfristen, die durch Tarifvertrag festgelegt wurden, wäre auf jeden Fall eine rechtliche Prüfung sinnvoll (Ungültigkeit des Tarifvertrages und damit Wegfall der Ausschlussfrist und Gültigkeit der gesetzlichen Frist).

Warum sind sehr viele Ausschlussklauseln unwirksam?

Ausschlussfristen sind brutal: ein hart erarbeiteter Anspruch soll verfallen, nur weil er nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht worden ist? Die Rechtsprechung sieht die Problematik und setzt deswegen hohe Anforderungen an die Wirksamkeit von Ausschlussklauseln. 

1. Einseitige Ausschlussfristen

So soll eine einseitige Ausschlussfrist zu Lasten des Arbeitnehmers in Arbeitsverträgen idR unwirksam sein (vgl. BAG 2.3.2004, NZA 2004). Achtung: anders wohl in Tarifverträgen (vgl. BAG 4.12.1997, NZA 1998, 431).

2. Ausschlussfristen, die den Mindestlohn nicht explizit ausklammern sind unwirksam!

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.09.2018 (Aktenzeichen 9 AZR 162/18) ausgeurteilt, dass eine Klausel in einem Arbeitsvertrag unwirksam ist, wenn eine Verfallsklausel auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasst. Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn können nach § 3 Satz 1 MiLoG nämlich nicht ausgeschlossen werden und sie können damit auch keinen Ausschlussfristen unterfallen. Eine Klausel, die das nicht berücksichtige, sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.

3. Ausschlussfristen müssen Ansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung explizit ausnehmen.

Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. November 2020 (Aktenzeichen 8 AZR 58/20) steht nunmehr fest, dass Ansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung aus dem Anwendungsbereich von Ausschlussklauseln ausdrücklich ausgenommen werden müssen. Geschieht dies nicht, ist die Klausel insgesamt unwirksam.

Tipp: sollte Sie in der Praxis mit Ausschlussfristen konfrontiert werden, lohnt sich ein geschulter Blick auf die jeweiligen Klauseln. Häufig sind diese Unwirksam und Ansprüche lassen sich dann auch noch nach Ablauf der jeweiligen Fristen geltend machen. Zögern Sie bitte nicht, uns direkt anzufragen.


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