Berufsunfähigkeit: BGH zu Gesundheitsfragen und Unkenntnis des Versicherungsnehmers - 25.09.2019, IV ZR 247/18

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In den Antragsformularen der Versicherer werden vor Vertragsschluss regelmäßig die für den Versicherer relevanten Risikofragen gestellt. Diese Fragenkataloge sind vom Versicherungsnehmer vollständig und richtig zu beantworten. Bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung werden natürlich insbesondere Gesundheitsfragen gestellt. Macht der Versicherungsnehmer Fehler bei der Beantwortung bestimmter Fragen, so kann dies im späteren Leistungsfall dazu führen, dass die Versicherung trotz jahrelang gezahlter Prämien nicht leistet.

Die Versicherer prüfen daher nach meiner Erfahrung auch leider oft erst im eigentlichen Leistungsfall plötzlich sehr genau, ob man dem Versicherungsnehmer unrichtige Angaben vorwerfen kann. Bei Abschluss der Versicherung selbst werden dagegen nicht selten spontan gegebene Antworten zu immerhin mindestens den zurückliegenden 5 Jahren als vermeintlich schlüssig akzeptiert, bei denen man sich fragt, ob die Formulare von beiden Seiten tatsächlich aufmerksam gelesen und im Beratungsgespräch thematisiert wurden. Denn: Auch der Vertreter der Versicherung hat schließlich Obliegenheiten und muss den Versicherungsnehmer bei Nachfragen angemessen beraten !

Nicht selten ist es zudem so, dass Versicherungsnehmer z. B. gar nicht genau wissen, was in den Systemen ihrer Ärzte an konkreten Diagnosen und medizinischen Schlüssen so zu finden ist. Damit hat sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) relativ aktuell in einem interessanten Hinweisbeschluss vom 25.09.2019, IV ZR 247/18, wieder einmal beschäftigt.

Der Fall

Der Versicherungsnehmer hatte in den Antragspapieren die Frage nach Unfällen mit dem in Klammern gesetzten Zusatz „unerheblich sind einfache, folgenlos verheilte Knochenbrüche ohne Gelenkbeteilung“ verneint. Innerhalb des fraglichen Zeitraums hatte er zwar einen Wadenbeinbruch erlitten, der auch stationär behandelt wurde. Dies hatte er dem Versicherungsvertreter aber auch genauso mitgeteilt. Eine Gelenksbeteiligung habe aber nicht vorgelegen.

Im Rahmen der späteren Prüfung im Leistungsfall kam dann aber heraus, dass offenbar in den medizinischen Unterlagen eine Beteiligung des Sprunggelenks diagnostiziert worden war. Im Rahmen einer durchgeführten Beweisaufnahme konnte sich jedoch nicht bestätigen, dass der Versicherungsnehmer als medizinischer Laie von dieser Gelenkbeteiligung bzw. ihrer Dokumentation etwas gewusst hätte.

Die Entscheidung

Die Richter des BGH haben in ihrem Beschluss klar zum Ausdruck gebracht, dass die Beweislast für angeblich bewusste Falschangaben aber beim Versicherer liegt. Die Versicherung muss grundsätzlich beweisen, dass eine positive Kenntnis von einem anzeigepflichtigen Umstand bestand. Bloße fahrlässige Unkenntnis reicht als Ansatzpunkt für eine spätere Leistungsverweigerung oder andere vergleichbare einseitige Maßnahmen wie die kompletten Auflösung des Vertragsverhältnisses z. B. durch eine Anfechtung des Versicherers nicht aus.

Konsequenz

Die hier geschilderte Fallkonstellation kommt durchaus häufiger vor. Bei der anwaltlichen Fallprüfung sind zudem immer alle Umstände des Einzelfalls wie z. B. auch gerade der Ablauf des Beratungsgesprächs mit einzubeziehen. Es empfiehlt sich gerade bei Berufsunfähigkeitsversicherungen oftmals, eine Ablehnung der Versicherung sehr genau überprüfen zu lassen.

Rechtsanwalt Dr. Simon

Hannover


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