Betreuungsrecht und Familienbande

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Das Bundesverfassungsgericht unterstreicht nach der Betreuungsrechtsreform die Wichtigkeit persönlicher Entscheidungen und die Rechte von Angehörigen bei Hausverboten.

Die Dynamik im Betreuungsrecht und die Rolle des BVerfG Das Betreuungsrecht, steht kontinuierlich im Zentrum rechtlicher und gesellschaftlicher Diskussionen. Insbesondere geht es regelmäßig um die Balance zwischen dem Schutz der Rechte von Betreuten und der Beteiligung und den Interessen der Angehörigen. 
Gerade zu Weihnachten kochen Konflikte zwischen Angehörigen und Heimen und rechtlichen Betreuern  hoch, die nicht selten in einem Hausverbot für angehörige Ändern. Bisher gab es dazu keine umfassende ausdrückliche gesetzliche Regelung, um sich dagegen zu wehren.


In diesem Blickwinkel sind die jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschluss v. 25.01.2023 - 2 BvR 2255/22) zu sehen und von großer Bedeutung. 


Sie werfen ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit, individuelle Autonomie und die Rechte von Angehörigen im Rahmen von Umgangsverboten und -beschränkungen sensibel und differenziert zu behandeln. Diese Entscheidungen sind nicht nur richtungsweisend für die juristische Praxis, sondern auch für das Verständnis des Betreuungsrechts in einem sich wandelnden sozialen Umfeld.

Mit der Betreuungsrechtsreform wurde eine Art Verfassung des Betreuungsrechts oder Magna Charta geschaffen, indem mit dem unscheinbaren § 1821 BGB, der sich zur Lektüre lohnt, der Wille zum Gradmaß für alle Entscheidungen erhoben wurde. Es wurde zudem mit dem ebenfalls lesenswerten  neuen § 1834 BGB erstmalig ausdrücklich geregelt, ob, wann und wie ein rechtlicher Betreuer den Umgang mit dem Betreuten regeln oder gar verbieten kann.


Wenn von einer Einrichtung ein Hausverbot ausgesprochen wird, hat zunächst der gesetzliche Betreuer die Aufgabe, zwischen den Interessen des Betreuten und der Einrichtung zu vermitteln. Dies beinhaltet auch die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Hausverbots. Keinesfalls darf sich der Betreuer einfach an das Hausverbot des Heims "dranhängen" und es übernehmen.

Nach der Betreuungsrechtsreform sehen es die Regelungen ausdrücklich vor, dass der Betreuer einen konkreten Aufgabenbereich dafür benötigt, um überhaupt den Umgang regeln zu dürfen. Hat er den Aufgabenkreis, beinhaltet dies jedoch nicht gleichzeitig, eine gerichtliche Genehmigung von willkürlichen Hausverboten.


Die Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Umgangsregelungen fallen unter die Zuständigkeit des Betreuungsgerichts, das auf Antrag entscheidet. Damit das Gericht einen Antrag überhaupt annimmt, muss eine gesetzliche Beteiligung erfolgen. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. 


Zwar kann jeder eine Betreuung anregen, das bedeutet aber nicht, dass jeder den es angehet, auch vom Gericht beteiligt wird. Und das hat einen Grund: Wer am Verfahren beteiligt ist, muss vom Gericht gehört werden und darf sich gegen Entscheidungen des Gerichts beim nächsthöheren Gericht beschweren.

Die Beteiligung von Angehörigen in Verfahren um Betreuungsregelungen ist komplex, insbesondere da oft noch kein Verfahren beim Betreuungsgericht vorliegt, wenn ein Hausverbot erteilt wird. Paradox ist, dass das Betreuungsverfahren selbst, dabei nicht mitzählt.es bedarf eines konkreten neuen Verfahrensgegenstands.

Im Mittelpunkt steht dann der Wille des Betreuten. Entscheidungen über Umgangsregelungen richten sich nach dem subjektiven Willen des Betroffenen, wobei eine Abweichung nur unter bestimmten, strengen Voraussetzungen möglich ist.


In Fällen, in denen der Schutz der Familie nicht greift (Art. 6 GG) , kann die Beteiligung einer Vertrauensperson dennoch im Interesse des Betreuten liegen, insbesondere wenn der Betreute dies ausdrücklich wünscht.

Angesichts der wegweisenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Bereich des Betreuungsrechts stehen wir an einem Wendepunkt, der neue Maßstäbe für die Rechte von Betreuten und Angehörigen setzt. Während diese Urteile wichtige Leitlinien bieten, hinterlassen sie auch offene Fragen, die den Raum für zukünftige juristische Auseinandersetzungen und gesellschaftliche Diskurse eröffnen. Wie wird sich das Verhältnis zwischen individueller Autonomie und familialer Fürsorge weiterentwickeln? Inwieweit werden zukünftige Gerichtsentscheidungen die feinen Linien zwischen dem Schutz des Einzelnen und den Rechten der Angehörigen neu definieren? Diese und weitere Fragen bleiben spannend und zeigen, dass das Betreuungsrecht ein lebendiges und sich stetig entwickelndes Rechtsfeld ist, dessen weiterer Verlauf mit großem Interesse verfolgt werden sollte.

Foto(s): ASRA

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