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Betriebsratsanhörung bei Verdachtskündigung

  • 1 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Vor Ausspruch jeder Kündigung ist ein vorhandener Betriebsrat zu hören. Fehlen bei Verdachtskündigungen Informationen zu belastenden und entlastenden Umständen ist die Kündigung unwirksam.

Anhörungspflichten vor jeder Kündigung

Diese Bestimmung führte im Fall einer 41-jährigen Arbeitnehmerin dazu, dass sie trotz mehrerer fristloser Kündigungen ihren Arbeitsplatz behalten konnte. Kündigungsgrund bildete der Verdacht, die Reinigungskraft in einem Stadtbad habe einen Tauchring aus den Fundsachen entwendet. Sie selbst behauptete lediglich, nach einem verlorenen Tauchring ihres Sohnes gesucht zu haben. Der Arbeitgeber hörte zu den Kündigungen den Betriebsrat und, da die Frau behindert - allerdings mit einem Behinderungsgrad von weniger als 50 nicht schwerbehindert beziehungsweise als schwerbehindert anerkannt war -, vorsorglich auch die Schwerbehindertenvertretung an. Um sicher zu gehen, beantragte er auch die notwendige Zustimmung des Integrationsamts bei der Kündigung schwerbehinderter Menschen. Das alles half nichts. Der vorgeworfene Diebstahl interessierte das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein ebenso wenig wie die Frage, ob zunächst eine Abmahnung ausgereicht hätte. Denn trotz ordentlich aufbereiteter Informationen an den Betriebsrat fehlten darunter wichtige Inhalte.

Interessenabwägung bezüglich eventueller Weiterbeschäftigung bei Straftaten

Grund der fehlenden Informationen: Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist bei strafbaren Handlungen eines Angestellten immer noch im Einzelfall zu prüfen, ob trotz des gestörten Vertrauensverhältnisses das Arbeitsverhältnis zumindest noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigung fortgesetzt werden kann. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen reibungsloser Verlauf von Bedeutung. Diese Gesichtspunkte sind auch dem Betriebsrat mitzuteilen. Dabei spielte keine Rolle, dass die zur Zeit der Kündigung bereits seit knapp 10 Jahren beschäftigte Klägerin bereits mehrmals ermahnt worden war. Da der Betriebsrat mangels Mitteilungen des Arbeitgebers nichts davon wusste, konnte dieser auch keine ausreichende Entscheidung über eine mögliche Weiterbeschäftigung treffen. Die Kündigungen waren somit unwirksam.

(LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 10.01.2012, Az.: 2 Sa 305/11)

(GUE)

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