BGH: Das Bankgeheimnis hat keinen uneingeschränkten Vorrang

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Nunmehr hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 21. Oktober 2015 (Az.: I ZR 51/12 – Davidoff Hot Water II) entschieden, dass die Möglichkeit der Einleitung eines Strafverfahrens einem Auskunftsanspruch gegen ein Bankinstitut gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht entgegensteht. Der BGH folgt damit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH, Az.: C-580/13), der in seiner Entscheidung vom 16.07.2015, einem uneingeschränkten Vorrang des Bankgeheimnisses eine Absage erteilt hat. Der BGH hatte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Um was ging es?

Auf einer Internetauktionsplattform wurde gefälschtes Parfum verkauft. Die Lizenznehmerin kaufte die angebotene Ware und zahlte den dem Preis der Ware entsprechenden Betrag auf das ihr vom Verkäufer angegebene Bankkonto. Durch den Kauf konnte sie feststellen, dass sie rechtsverletzende Ware erworben hatte. Sie forderte die Internetplattform auf, ihr den wahren Namen des Inhabers des Nutzerkontos bei dieser Plattform mitzuteilen, über das das Parfum unter einem Pseudonym verkauft worden war. Die Person, deren Name ihr mitgeteilt wurde, räumte zwar ein, dass sie Inhaberin des Benutzerkontos sei. Der Verkauf der Ware wurde allerdings ausdrücklich bestritten. Gem. § 19 Abs. 2 MarkenG forderte sie nun das Bankinstitut auf, Name und Anschrift des Inhabers des Bankkontos mitzuteilen. Aufgrund der Weigerung wurde Klage erhoben. 

Der BGH folgt nun dem EuGH: Ein Bankinstitut kann sich bei begründetem Auskunftsanspruch des Verletzten nicht unbegrenzt und bedingungslos auf das Bankgeheimnis zurückziehen. Nach dem BGH steht die Einleitung eines Strafverfahrens dem Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht entgegen. Ein Bankinstitut muss unter Umständen Name und Anschrift des Kontoinhabers benennen.

Was heißt das für betroffene Unternehmen?

Das Bankgeheimnis ist bei Produktpiraterie über das Internet nun gelockert. Es sollte künftig eine Auskunft vom entsprechenden Bankinstitut eingeholt und nicht allein auf die Unabwägbarkeiten eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vertraut werden. Dies eröffnet betroffenen Unternehmen eine neue Erkenntnisquelle. Bislang blieb betroffenen Unternehmen nur, einen Strafantrag zu stellen, wenn die Auskunft über die Identität des Kontoinhabers verweigert wurde. Wurde das Ermittlungsverfahren dann ohne weitere Ermittlungen eingestellt, war der Betroffene nicht sonderlich schlauer als zuvor. Der BGH gibt nun ein neues Mittel an die Hand, um sich als betroffenes Unternehmen gegen Produktpiraterie effektiver wehren zu können.

Was heißt das für Banken?

Um das besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und ihren Kunden zu wahren, muss im Einzelfall geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen Daten nicht mehr geheim gehalten werden können. Denn ein Auskunftsverlangen nach § 19 Abs. 2 MarkenG setzt dabei das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung voraus. Wenn ein Konto zur Abwicklung rechtwidriger Geschäfte genutzt wird, wird ein uneingeschränkter Hinweis auf das Bankgeheimnis nicht mehr genügen.

Thomas Ritter ist Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator bei Dr. Scholz & Weispfenning Rechtsanwälte, Wirtschaftskanzlei für Recht und Steuern in Nürnberg.


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