BGH: Grunddienstbarkeit schließt Baulast ohne spezifischen Zweck ein

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. Juni 2023 - V ZR 165/22


In dem Rechtsstreit hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 30. Juni 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Brückner, des Richters Dr. Göbel, der Richterin Haberkamp und der Richter Dr. Hamdorf und Dr. Malik für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. August 2022 wird stattgegeben. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.



Grundlagen des Falls:
Die Klägerin und der Beklagte sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, die aus Teilungen eines ursprünglich einheitlichen Grundstücks resultieren. Das Grundstück des Beklagten, belastet mit einer Grunddienstbarkeit, ermöglicht der Klägerin und ihren Grundstücken den notwendigen Zugang zur öffentlichen Straße. Die Klägerin plant, auf ihrem bisher unbebauten Grundstück eine Wohnbebauung zu realisieren, woraus der Bedarf einer Baulasterklärung entsteht.


Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht verneinte den Anspruch der Klägerin auf die Übernahme einer Baulast durch den Beklagten, da es keinen direkten Zusammenhang zwischen der ursprünglichen Grunddienstbarkeit und einer geplanten Bebauung sah. Diese Ansicht wird vom Bundesgerichtshof nicht geteilt.


Rechtliche Beurteilung:
Es ist korrekt, dass eine Grunddienstbarkeit nicht explizit für Baumaßnahmen angelegt sein muss, um entsprechende bauliche Nutzungen zu erlauben. Die Existenz einer Grunddienstbarkeit mit einem uneingeschränkten Geh- und Fahrtrecht umfasst typischerweise die Nutzung des herrschenden Grundstücks für bebauliche Zwecke. Diese Interpretation basiert auf der allgemeinen Entwicklung und den wirtschaftlichen Bedingungen, die eine flexible Anwendung von Grunddienstbarkeiten erfordern.
Die rechtliche Verpflichtung zur Übernahme einer Baulast als Teil eines aus der Grunddienstbarkeit entstandenen Schuldverhältnisses muss somit im Licht der tatsächlichen Nutzung und der rechtlichen Rahmenbedingungen gesehen werden. Der Senat hebt hervor, dass eine Grunddienstbarkeit, die eine Bebauung objektiv ermöglicht, ausreichend ist, um eine entsprechende Baulastverpflichtung zu begründen.


Fazit und Rückverweis:
Der Bundesgerichtshof sieht in der Argumentation des Berufungsgerichts wesentliche Mängel, die eine neue Bewertung der Sachlage erfordern. Daher wird der Fall zur weiteren Klärung und abschließenden Entscheidung an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurückverwiesen. Es wird erwartet, dass die erneute Prüfung unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof dargelegten Rechtsauffassungen erfolgt.

Foto(s): Udo Kuhlmann


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