BGH Grundsatzentscheidungen für Influencer

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Der Bundesgerichtshof veröffentlichte am 09.09.2021 Leitlinien zur Kennzeichnung von Werbung aus drei Entscheidungen über Klagen eines Abmahnvereins gegen Influencerinnen.

Bisher waren sich die Gerichte bei Vorgaben zur Werbekennzeichnung nicht einig. Es fehlte offenbar auch bei einigen an einer realistischen Einschätzung, wie Influencing wahrgenommen wird. 

Was bisher galt: 

Generell gilt, dass geschäftliche Veröffentlichungen im Gegensatz zu rein privaten Inhalten ohne jeden werblichen Hintergrund zu kennzeichnen sind. Dies gibt schon das Gesetz in § 5a UWG (Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb) klar vor. Geschäftliche Inhalte sind nicht nur von privaten Inhalten, sondern auch von rein redaktionellen Inhalten erkennbar abzugrenzen. So müssten bekanntlich auch bezahlte Inhalte in Presseveröffentlichungen  als Werbung gekennzeichnet werden. Lässt sich eine Zeitung also für einen Bericht über die Neueröffnung eines Geschäfts bezahlen, ist der Bericht als Werbung zu kennzeichnen. Dies schreibt auch eine Spezialvorschrift aus dem EU-Recht vor, die in Nr. 11 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG zu finden ist. Umgesetzt hat der deutsche Gesetzgeber diese Vorgaben auch in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz, der eine ausdrückliche Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation vorschreibt. 

Eine Ausnahme besteht für die Fälle, in denen der geschäftliche Hintergrund aus den Inhalten oder Umständen offensichtlich ist. Das gilt zum Beispiel für Werbung auf einer Unternehmenswebseite oder einem Social-Media-Account eines Unternehmens.

Anders ist dies bei Darstellungen, die auf den ersten Blick rein privat aussehen.

Nach der Vorgabe gibt es faktisch keine „privaten“ Erfahrungsberichte zu einem Unternehmen oder seinen Produkten, wenn man dort beschäftigt ist oder von dem Unternehmen dazu Aufträge erhält. Dies wäre offenzulegen. Genauso ist hat die „Imagepflege“ mit Beiträgen schon einen geschäftlichen Hintergrund, wenn sie Follower und über diese dann auch Werbeaufträge anlocken soll.

Sehr fraglich ist die Rechtslage aber, wenn jemand Produkte testet, um zwar Aufsehen zu erregen, also Besuche auf den eigenen Account oder die Webseite zu locken, aber von den Herstellern keine Gegenleistung für die Tests erhält. Führt dann die Tatsache, dass zum Beispiel eigene Bücher oder Fitnesskurse dort auch geschäftlich beworben werden zur eine Kennzeichnungspflicht?

Der Erste Fall: „Raspberry Jam“ (Influencer I)

Der BGH klärte gemäß der veröffentlichten Pressemitteilung zunächst, wann eine Darstellung einen werblichen Gehalt haben kann, wenn keine Gegenleistung für die Präsentation des Produkts geleistet wird. Die Frage von Gegenleistungen ist erkennbar das wesentliche Kriterium, das der BGH zur Abgrenzung von redaktionellen Inhalten (Erfahrungsberichte, Tests) vorgibt. 

Ein werblicher Charakter der Darstellung kann sich nach seiner Meinung sowohl aus der einseitigen Darstellung von Vorzügen ohne kritische Distanz wie auch durch direkte Verlinkungen auf Werbung oder Präsentationen des Herstellerunternehmens oder eines Anbieters ergeben. Wenn in Bilddarstellungen nur Tap Tags als reiner Hinweis auf den Produktnamen und Hersteller eingefügt sind, reicht dies nach der Abgrenzung in der Entscheidungsbegründung noch nicht aus.

Weil die Influencerin in diesem Fall eine Gegenleistung erhielt, war nach dem BGH in jedem Fall klar als Werbung zu kennzeichnen. Dann reicht es also auch, wenn das Produkt nur kommentarlos gezeigt wird.

Dass aus den weiteren Inhalten der Instagram-Präsentation erkennbar war, dass die Influencerin Inhalte für ihr Unternehmen veröffentlicht und ein solches aus dem Profil erkennbar war, reichte dem BGH zur Klarstellung der werblichen Funktion des Produkt-Placements im Bild nicht aus. 

Denn erkennbar war der werbende Gehalt nur für Eigenwerbung, aber nicht für die Produktwerbung, die ja Gegenstand der Klage war.

Der BGH bestätigte die entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 13. Mai 2020 und wies die Revision der Influencerin zurück.

Aktenzeichen: I ZR 90/20

Zweiter Fall (Influencer II)

Anders als im ersten Fall hat die Influencerin hier keine Gegenleistung für die Darstellung der Produkte erhalten, sondern diese nur zur Eigenpräsentation verwendet.

Diese geschäftliche Aktivität sah der BGH wie das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, dessen Urteil der Abmahnverein mit der Revision angegriffen hat, als erkennbar an.

Die „kommerzielle Kommunikation“ war insofern schon aus dem Profil des Accounts erkennbar.

Aktenzeichen I ZR 125/20

Dritter Fall (Influencer III)

Die ebenfalls verklagte Influencerin veröffentlicht auf Instagram Fotos von sich und ihrem Kind und Themen wie Reisen und Yoga.

Teilweise wurden auch Produkte dargestellt, wofür sie eine Bezahlung erhielt. 

Dann enthielt der Erklärungstext die Angabe „bezahlte Partnerschaft mit …... [Herstellerunternehmen/Anbieter].

Der Abmahnverein griff also erneut die Darstellung von Bekleidung oder Produkten, Reiseorten an, für die gar keine Gegenleistung erfolgt war.

Wie schon das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München sah auch der BGH keine rechtliche Veranlassung für die Influencerin, diese Fotos als Werbung zu kennzeichnen.

Aktenzeichen:  I ZR 126/20

Das Ergebnis: Ein guter Erfolg und mehr Rechtssicherheit für Influencer/innen

Damit haben Influencer/innen jetzt deutlich mehr Rechtssicherheit, auch wenn es noch keine klaren Kriterien gibt, wie genau im Profil eine unternehmerische Tätigkeit klargestellt werden muss.

Die Angaben „Influencer/in“, Marketing, „Lifestyle-Beratung“, „Fitnesstrainer“, „Coach“ oder „Promotion“ können wohl ausreichend Klarheit schaffen, die unklaren Angabe „Produkttesterin“ eher nicht.

Irrelevant ist es im Übrigen, wie sich eine Gegenleistung als das wesentliche Kriterium des BGH für eine zusätzliche Pflicht zur Kennzeichnung gestaltet. So können auch Vergünstigungen, Warengeschenke oder Einladungen zu Testaufenthalten in Hotels Gegenleistungen sein.

Foto(s): paulaphoto, Stockfoto-Nummer: 1170107968 // Maridav Stockfoto-Nummer: 1145748266 // Stockfoto-Nummer: 222951283 cherezoff - shutterstock.com

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