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BGH sagt Neues zum Wechselmodell!

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Der BGH hat in einem Beschluss vom 01.02.2017 (XII ZB 601/15) über rechtliche Fragen des sog. Wechselmodells (oder Doppelresidenzmodell) entschieden.

Da in der öffentlichen Meinung und durch einzelne Verbände der Eindruck erweckt wird, der BGH habe dem Wechselmodell gegenüber dem gesetzlich verankerten Residenzmodell den Vorrang gegeben (z. B. Väteraufbruch für Kinder e. V.: „BGH räumt Wechselmodell rechtlichen Vorrang ein“) sieht sich der Verfasser veranlasst, die Entscheidung nochmals unter diesem Gesichtspunkt genau unter die Lupe zu nehmen.

Entgegen der vorgenannten Auffassung hat der BGH in seiner zitierten Entscheidung nicht entschieden, dass das Wechselmodell bevorzugt anzuordnen sei, sofern sich kein deutlicher Vorteil für das Residenzmodell ergeben sollte. Der BGH hat lediglich entschieden, dass eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, vom Gesetz nicht ausgeschlossen wird, jedoch entscheidend an dem Maßstab zu messen sei, ob dies im konkreten Einzelfall dem Kindeswohl entspricht.

Außerdem hat der BGH in Fortführung einer früheren Entscheidung zum gemeinsamen Sorgerecht nichtverheirateter Eltern (Beschluss vom 15.06.2016, XII ZB 419/15) bestätigt, dass die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraussetzt, sodass es dem Kindeswohl nicht entspreche ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen.

Aus Sicht des Verfassers ist daher das Wechselmodell nur dann sinnvoll, wenn beide Eltern hinter einem im Wesentlichen gleichen Betreuungsumfang für das betreffende Kind stehen und dieses Modell im Konsens durchführen wollen, da andernfalls unabhängig von fehlender Kooperationsfähigkeit bereits zu Beginn Streitigkeiten über Aufenthalt des Kindes, Umgangsrecht und Kindesunterhalt absehbar und vorprogrammiert sind.

Bevor Eltern eine solch weitreichende Entscheidung treffen, welches Betreuungsmodell angewendet werden soll, sollte anwaltlicher Rat zugezogen werden, da sonst die Gefahr besteht, dass das zuständige Jugendamt sich gegen einen beispielsweise vereinbarten „Unterhaltsverzicht“ wenden könnte, wenn es davon Kenntnis erlangt.


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