BGH urteilt, wann der Honoraranspruch des Zahnarztes bei fehlerhaft gesetzten Implantaten entfällt

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Der BGH hat heute (Urteil vom 13. September 2018 – III ZR 294/16) entschieden, dass kein Anspruch auf Zahlung des zahnärztlichen Honorars besteht, wenn es beim Einsetzen von Zahnimplantaten zu einem Behandlungsfehler kam und eine Nachbehandlung nicht mehr hinreichende Erfolgsaussichten hat und nur eine „Notlösung“ darstellt.

Im entschiedenen Fall wurde die Patientin verklagt, weil sie knapp € 35.000,00 Behandlungskosten für das Setzen von acht Zahnwurzel-Implantaten zahlen sollte. Sie hatte die Behandlung vor der weiteren prothetischen Versorgung abgebrochen, nachdem sie erhebliche Beschwerden mit den Implantaten hatte. Ein im Prozess eingeholtes Gutachten ergab, dass sämtliche Implantate unbrauchbar waren, weil sie nicht tief genug in den Kieferknochen eingebracht und falsch positioniert wurden. Die ursprünglich geplante Versorgung der Implantate war deshalb nicht mehr möglich, der Erfolg einer Versorgung dieser Implantate mit Kronen sei nicht absehbar.

Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass der Vergütungsanspruch eines Zahnarztes entfällt, wenn die Leistung unbrauchbar ist. Das liegt an der gesetzlichen Einordnung des (zahn)ärztlichen Behandlungsvertrages als Dienstvertrag, wonach der Behandler grundsätzlich keinen Erfolg schuldet und zwar für Fehler haftet, aber der Zahlungsanspruch nur unter besonderen Voraussetzungen entfällt. Dies ist der Fall, wenn der Patient aus objektiver Sicht keinerlei Interesse mehr an der zahnärztlichen Leistung hat, sie also vollkommen nutzlos ist.

Im vorliegenden Fall hatte die Vorinstanz (OLG Celle) aufgrund der Tatsache, dass die Implantate, wenn auch nur mit Risiken, weiterhin genutzt und prothetisch versorgt werden konnten, einen solchen völligen Interessenwegfall verneint und die beklagte Patientin zur Zahlung etwa der Hälfte des zahnärztlichen Honorars verurteilt.

Der BGH folgte dieser Auffassung nicht und geurteilt, dass gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB keine Vergütungspflicht besteht, da der Zahnarzt durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten die Patientin zur Kündigung des Behandlungsvertrags veranlasst hat und die erbrachten implantologischen Leistungen infolge der Kündigung für sie nutzlos sind.

Er hat klargestellt, dass ein Interessewegfall nicht nur dann besteht, wenn die streitigen Leistungen überhaupt nicht mehr nutzbar sind, sondern auch dann, wenn eine Nutzung für eine Nachbehandlung nur als Option, aber nicht für eine wenigstens im Wesentlichen den Regeln der zahnärztlichen Kunst entsprechenden Zustand hinreichend sicher führen kann.

Im entschiedenen Fall ergab die Begutachtung, dass mittel- oder langfristig ein erhöhtes Verlustrisiko bestand, weil es zu einer Periimplantitis kommen kann. Es ist der Patientin daher auch nicht zuzumuten, auch nur einzelne Implantate weiterzuverwenden und das wegen der falschen Positionierung verbundene erhöhte Entzündungsrisiko jahrelang hinzunehmen. Bei einer Entfernung der Implantate besteht hingegen das Risiko, dass ein neuer erheblicher Knochendefekt herbeigeführt wird und unsicher ist, ob das neue Implantat wieder ausreichend befestigt werden kann.

Diese Entscheidung hat sehr hohe praktische Relevanz, weil die Gerichte häufig dazu tendieren, trotz festgestellten Fehlern bei der Implantation dem Zahnarzt einen Vergütungsanspruch zuzuerkennen, weil die Implantate sich noch im Kiefer befinden und nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob und wie lange diese gehalten werden können. Das Urteil sollte in diesen Fällen für weitere Klarheit sorgen.


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