Bundesgerichtshof zur Nachbesserung bei Kauf eines Neuwagens; Verzicht auf „Fabrikneuheit“?

  • 2 Minuten Lesezeit

Kann sich der Käufer eines Neuwagens noch auf die Beschaffenheit der Fabrikneuheit des Fahrzeuges berufen, wenn er vorab die Beseitigung von Beschädigungen an der Lackierung und der Karosserie verlangt, welche aber lediglich unzureichend von Erfolg gekrönt war?

Über diese Frage musste der Bundesgerichtshof entscheiden (BGH, Urteil v. 06.02.2013, Az. VIII ZR 374/11).

Der Käufer eines Neuwagens der Marke BMW 320d lehnte das Fahrzeug ab, weil es an der Lackierung und an der Karosserie Schäden aufwies. Er begehrte Nachbesserung. Den daraufhin erfolgten Nachbesserungsversuch der Verkäuferin lehnte der Käufer ebenfalls ab, nachdem er mithilfe eines Sachverständigengutachtens den Nachbesserungsversuch als nicht ausreichend ansah. Der Käufer erklärte vielmehr den Rücktritt vom Vertrag wegen fehlender Fabrikneuheit des Fahrzeuges und begehrte schließlich im Klagewege u.a. die Rückerstattung einer auf den Kaufpreis geleisteten Anzahlung in Höhe von 10.000,00 EUR.

Nachdem die erste Instanz der Klage noch stattgegeben hatte, wies das Berufungsgericht die Klage des Käufers mit der Begründung ab, der Käufer könne sich nach dem Nachbesserungsverlangen nicht mehr auf eine fehlende Fabrikneuheit berufen.

Die Revision des Klägers hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass sich der Käufer trotz des Nachbesserungsverlangens nach wie vor auf die fehlende Fabrikneuheit des Fahrzeuges berufen könne. Denn eine Nachbesserung habe das Ziel, die gekaufte Sache in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, so wie er geschuldet ist. Der Verkäufer schulde daher nicht nur eine bloße Verbesserung eines Mangelzustandes, sondern eine vollständige und nachhaltige Beseitigung des Mangels. Der Käufer konnte erwarten, dass ihm durch die Nachbesserung ein Fahrzeug übergeben werden würde, welches jedenfalls in technischer Hinsicht dem Zustand entsprechen würde, wie er bei werksseitiger Auslieferung in unbeschädigtem Zustand bestanden hätte, mithin also im Zustand der Fabrikneuheit.

Diesen Zustand herzustellen ist durch den Nachbesserungsversuch aber gerade nicht gelungen. Hierin kann deshalb kein Verzicht auf die Beschaffenheit der „Fabrikneuheit“ gesehen werden.

Der Rücktritt war nach Auffassung des Bundesgerichtshofes auch nicht wegen evtl. „Unerheblichkeit“ des Mangels nach § 323 Abs.5 BGB ausgeschlossen. Denn die Frage der Beschaffenheit eines Fahrzeuges als „fabrikneu“ ist für den Käufer kaufentscheidend. Zudem kann ein als nicht mehr „fabrikneu“ angesehenes Fahrzeug nur noch zu einem billigeren Preis veräußert werden können.

Fazit: Durch das Verlangen einer Nachbesserung verzichtet der Käufer nicht auf die Beschaffenheit der Fabrikneuheit des Fahrzeuges. Vielmehr wird dieser dadurch gerade versucht zu erreichen. Ein Verstoß gegen eine vereinbarte Beschaffenheit („fabrikneu“) indiziert die Erheblichkeit der Pflichtverletzung und schließt damit einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht aus.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Volker Blees

Beiträge zum Thema