Bundesverfassungsgericht – Gerichte dürfen bei einem Asylbewerber keine Glaubensprüfung durchführen

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Beschluss des Bundesverfassungsgericht v. 03.04.2020 – 2 BvR 1838/15 -

Gegenstand des Beschlusses des BVerfG ist die Ablehnung des Asylantrages eines in Deutschland zum Christentum konvertierten Iraners.

Das Bundesverfassungsgericht manifestiert in seiner neuen Entscheidung, dass die Verwaltungsgerichte bei der Prüfung, ob eine Flüchtlingseigenschaft nach den nach den §§ 3 ff. AsylG wegen geltend gemachter religiöser Verfolgung vorliegt, keine verfassungsrechtlich unzulässige Bewertung des Glaubens des Einzelnen oder der Lehre der Kirche vornehmen dürfen.

Insbesondere dürften sich die Verwaltungsgerichte bei der erforderlichen – subjektiven – Prüfung der Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit weder mit Inhalten von Glaubenssätzen auseinandersetzen, noch dürften sie ihre eigene Wertung zu Inhalt und Bedeutung eines Glaubenssatzes an die Stelle derjenigen des Einzelnen oder der Kirche oder Glaubensgemeinschaft setzen oder ihre eigenen Standpunkte in Sachen des Glaubens formulieren.S ie dürften auch nicht über die Legitimität religiöser Glaubensüberzeugungen und die Art und Weise ihrer Bekundung entscheiden. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der weltanschaulich-religiöser Neutralität des Staates. 

Zum Beispiel dürfe eine nach Angaben der Glaubensgemeinschaft gültig vollzogene Taufe und damit die Mitgliedschaft in dieser Glaubensgemeinschaft nicht infrage gestellt werden. Vielmehr hätten die Verwaltungsgerichte die Kirchenmitgliedschaft als Rechtstatsache zu beachten und der flüchtlingsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legen, selbst wenn Anhaltspunkte für eine mitbestimmende taktische Prägung des Übertritts zu einem Glauben oder gar für eine Missbräuchlichkeit der Konversion bestehen würden.

Die Verwaltungsgerichte müssten und dürften lediglich der Stellung des Schutzsuchenden zu seinem Glauben nachgehen, nämlich der Intensität und Bedeutung der von ihm selbst empfundenen Verbindlichkeit von Glaubensgeboten für die eigene religiöse Identität. Dies stelle kein Verstoß gegen den vorgenannten Grundsatz der Neutralität des Staates dar.


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