Checkliste betriebsbedingte Kündigung

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Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber können sich mit dieser Checkliste einen Überblick darüber verschaffen, ob vielleicht bei der Kündigung Fehler passiert sind. Die genaueren Einzelheiten können dann mit einem anwaltlichen Berater besprochen werden. Die folgende Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie kann aber zur Abklärung wichtiger Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung dienen. Bei einer Kündigung sollte der Arbeitnehmer sofort einen Anwalt einschalten, weil stets Fristen zu beachten sind.

1. Ist die ordentliche Kündigung ggf. ausgeschlossen ?

  • Ausschluss der ordentlichen Kündigung durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
  • Tarifvertraglich können ordentliche Kündigungen ausgeschlossen sein, wenn Mitarbeiter älter sind und eine längere Betriebszugehörigkeit aufweisen.

2. Bestehen Zustimmungserfordernisse, z. B. bei Schwerbehinderten, Schwangeren ist zunächst vor Ausspruch einer Kündigung immer eine Behördenzustimmung einzuholen.

Ist dem Arbeitgeber eine Schwerbehinderung nicht bekannt, so bedarf es in aller Regel keiner vorherigen Behördenzustimmung.

Ausnahmen:

  • Der Arbeitnehmer teilt dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung mit und beruft sich auf den Schwerbehindertenschutz.
  • Der Arbeitnehmer kann auch im Vorfeld einer Kündigung einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt haben. In diesem Fall bedarf es vor der Kündigung einer Behördenzustimmung, wenn der Arbeitnehmer den Antrag mindestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung gestellt hat.

Sonderkündigungsschutz haben z. B. auch parlamentarische Abgeordnete (teilweise auch bei Kommunalparlamenten!), Datenschutz-, Immissionsschutz-, Gleichstellungs-, Abfall- und Gewässerschutzbeauftragte o. ä.

3. Kündigungsfrist ermitteln

Die Kündigungsfrist ergibt sich zunächst aus dem Arbeitsvertrag. Sie kann aber durch gesetzliche Fristen verlängert sein. Tarifvertraglich oder (seltener) in einer Betriebsvereinbarung können auch kürzere als die gesetzlichen Fristen vereinbart sein.

4. Allgemeine Unwirksamkeitsgründe

Bei einer Kündigung können im zeitlichen Umfeld auch „allgemeine“ Unwirksamkeitsgründe vorliegen.

  • Treuwidrigkeit, Sittenwidrigkeit: diese Gründe sind absolute Ausnahmen und liegen nur ganz selten vor
  • Mindestmaß sozialer Rücksichtnahme im Kleinbetrieb
  • Verstoß gegen Maßregelungsverbot: § 612a BGB

Wichtig ! Im zeitlichen Umfeld, wenn der Arbeitnehmer Urlaub beantragt und dieser abgelehnt wurde, wenn er mehr Geld verlangt, sich über seine Arbeitsbedingungen beschwert etc., kann eine Kündigung wegen des Maßregelungsverbots unwirksam sein. Eine Kündigung im engen zeitlichen Zusammenhang trägt nach der Rechtsprechung bereits das Indiz der Maßregelung in sich und ist möglicherweise schon deswegen nicht haltbar.

5. Betriebsratsanhörung

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, ist er vor Ausspruch einer Kündigung zwingend ordnungsgemäß zu beteiligen, sonst ist die Kündigung unwirksam.

6. Soziale Rechtfertigung der Kündigung gemäß Kündigungsschutzgesetz

Die vorliegende Darstellung kann in jedem Fall die anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber sich frei unternehmerisch entscheiden, wie er seinen Betrieb führen und strukturieren will. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Fallgestaltungen ist eine allgemeine Darstellung an dieser Stelle nicht möglich.

Die Grundsätze lauten:

Persönlicher Geltungsbereich:

Der Arbeitnehmer ist seit mehr als sechs Monaten ununterbrochen beschäftigt.

Betrieblicher Geltungsbereich:

Im Betrieb sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer (ohne die Auszubildenden) beschäftigt.

Weitere Voraussetzungen (sind unbedingt mit dem anwaltlichen Berater abzuklären):

  • Wegfall des Arbeitsplatzes
  • Dringlichkeit
  • Keine Weiterbeschäftigung auf einem freien, vergleichbaren Arbeitsplatz
  • Vorrang der Änderungskündigung
  • Sozialauswahl
    • Bestimmung des auswahlrelevanten Personenkreises
    • Auswahlkriterien
    • Ausnahmen von der Sozialauswahl, z. B. Leistungsträger

7. Ordnungsgemäße Kündigungserklärung

Der Erklärende muss die gesetzliche Schriftform einhalten

Wichtig!

Kündigungsberechtigung: Grundsätzlich muss der Arbeitgeber die Kündigung unterzeichnen, unterzeichnet ein Mitarbeiter die Kündigung, muss der Kündigung in aller Regel eine schriftliche Originalvollmacht beigefügt werden. Ansonsten besteht eine Zurückweisungsmöglichkeit des Arbeitnehmers. Diese besteht aber nur, wenn unverzüglich gehandelt wird. Also auch hier ist die sofortige Einschaltung eines Anwalts geboten, oder der Arbeitnehmer muss selbst die Kündigung sofort wegen dieser Gründe zurückweisen.

8. In der Regel: Keine Mitteilung der Kündigungsgründe

Eine Begründung ist im Kündigungsschreiben normalerweise nicht erforderlich, nur in Ausnahmefällen muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe mitteilen (tarifliche Regelungen oder bei außerordentlichen Kündigungen auf Anforderung des Arbeitnehmers).

Eine Kündigungsbegründung kann auch gegen die Diskriminierungsmerkmale von § 1 AGG verstoßen und zur Unwirksamkeit der Kündigung führen („Sie sind zu alt“; „Sie sprechen nicht gut genug deutsch“). Dies sind jedoch natürlich Ausnahmefälle.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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