Coaching für Online-Shop-Aufbau - Landgericht Hamburg stuft Coaching-Vertrag als Fernunterrichts-Vertrag ein

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Online-Coaching-Vertrag ohne Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)-Zulassung ist nichtig: Teilnehmer muss nicht zahlen


Die Klägerin und Coaching-Anbieterin hatte den Beklagten zunächst als Teilnehmer für ihr sechsmonatiges Online-Coaching im Bereich Print On Demand gewinnen können. Ziel war der Aufbau eines erfolgreichen Online-Shops (T-Shirt-Druck).


Der Beklagte meldete sich als Unternehmer an, die Kursgebühr betrug ca. 6.400 Euro. Neben den etwa 235 Schulungsvideos/40 Stunden Videomaterial sollte es es alle drei Wochen ein Zoom-Meeting (je 2 Stunden) geben.


Vertragswiderruf wurde zurückgewiesen – Sache landet vor Gericht


Der Beklagte hatte den Vertrag innerhalb von zwei Wochen widerrufen, was die Klägerin jedoch zurückwies. Sie bestand auf die Zahlung der Kursgebühr und so kam es, dass die Angelegenheit vor Gericht landete.


Grund für den Widerruf war die fehlende Zulassung sowie die Annahme, dass es sich um eine Coaching-Falle handelte. Die Klägerin konterte, dass der Beklagte sich nicht auf den Verbraucherschutz berufen könne, da er sich für diesen Kurs als Unternehmer angemeldet habe und der Kurs zudem nicht unter das FernUSG falle.


Über eine Zulassung nach § 12 FernUSG verfügt die Klägerin nicht


Die Klägerin ist der Ansicht, sie brauche eine solche Zulassung nicht, da es sich bei ihrem Kursangebot eben nicht um Fernunterricht handele.


LG Hamburg: Der Vertrag stellt Fernunterricht dar


In § 1 Abs. 1, S. 1 FernUSG heißt es:


Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes ist die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der


1. der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind [...].


Das vorliegende Kurskonzept sah neben Lernvideos zwar auch Video-Coachings in Form von Zoom-Meetings vor, jedoch ist auch dabei die räumliche Trennung gegeben. Es findet demnach keine direkte/persönliche Wissensvermittlung statt.


Ohne die erforderliche Zulassung des Fernlehrgangs ist der geschlossene Vertrag nichtig, § 7 Abs. 1 FernUSG.


Exkurs FernUSG-Zulassung:


Die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) ist für die Zulassung eines Fernlehrgangs zuständig. Anbieter solcher Lehrgänge müssen einen Antrag bei der ZFU stellen und folgende Unterlagen einreichen: 


  • Lehrgangsplanung 
  • Lernmaterial  
  • Vertragsformulars im Entwurf 
  • dier vorgesehenen Informationsschriften

Wesentliche Änderungen an einem bereits zugelassenen Lehrgang benötigen ebenfalls eine Zulassung. Alle drei Jahre erfolgt eine Überprüfung.


Keiner Zulassung bedürfen Fernlehrgänge, die nach Inhalt und Ziel ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dienen.


Klageabweisung durch das Landgericht Hamburg


Es gibt zwar Literatur und Rechtsprechung zum FernUSG, die die Teilnahme mittels Videokonferenz/Zoom-Meeting nicht als räumliche Trennung ansehen, dem schließt sich das Landgericht Hamburg allerdings nicht an. Vielmehr nimmt es § 1 FernUSG, welcher einzig und allein auf eine räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden abstellt, beim Wort.


Das Oberlandesgericht Köln sieht es ähnlich. Es geht in einer Entscheidung auch dann von einer räumlichen Trennung aus, wenn weniger als die Hälfte des Lehrstoffes im herkömmlichen Nah- oder Direktunterricht vermittelt wird.


Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es auch unerheblich, ob die Anmeldung als Verbraucher oder Unternehmer erfolgte. Das FernUSG macht seine Anwendbarkeit an keiner Stelle von der Verbrauchereigenschaft des Lernenden abhängig.


Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus dem Coaching-Vertrag zu, da dieser Vertrag aufgrund der fehlenden Zulassung gem. § 7Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 1 FernUSG nichtig ist.


Auszug aus den Entscheidungsgründen des Gerichts:


Bei der Auslegung des Gesetzes und der Qualifikation des streitgegenständlichenLehrgangs war die Intention des Gesetzgebers beim Erlass des FernUSG zu berücksichtigen. Dieser wollte wegen eines gestiegenen Interesses an Fernlehrgängen den Verbraucherschutz in diesem Bereich stärken.         


Insbesondere waren Mängel beim Angebot von Fernlehrgängen dergestalt festgestellt worden, dass Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität angeboten wurden, die nicht geeignet waren, das in der Werbung genannte Lehrgangsziel zu erreichen. [...] Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 FernUSG waren erfüllt. Schließlich sah das gesamte „Kurskonzept" der Klägerin vor, dass der Lehrende und der Lernende räumlich getrennt sind, da das Coaching ausschließlich online - mittels Video-Coaching und Lernvideos –    stattfinden sollte.


Fazit: Coaching-Verträge, die die Merkmale des Fernunterrichts erfüllen, benötigen eine Zulassung gemäß FernUSG. 


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In der Online-Datenbank der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht können Sie nach zugelassenen Kursen suchen bzw. können überprüfen, ob ihr bereits anvisierter Kurs zugelassen ist.


Für Fragen rund um dieses Thema wenden Sie sich gerne an Rechtsanwalt David Werner Vieira!


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