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Cooperative Praxis: So sparen Sie sich den Gang zum Gericht

  • 7 Minuten Lesezeit
Cooperative Praxis: So sparen Sie sich den Gang zum Gericht

Cooperative Praxis: Das ist der Mittelweg zwischen Mediation und konventioneller Anwaltsvertretung. Entwickelt für Konflikte, deren Parteien das gerichtliche Verfahren umgehen wollen und stattdessen eine individuelle Einigung herbeiführen möchten. Doch wie läuft ein Cooperative Praxis Verfahren überhaupt ab und welche Experten stehen Ihnen als Fürsprecher zur Seite?

Was ist Cooperative Praxis?

Die Cooperative Praxis (CP) steht im Geiste der Mediation für eine außergerichtliche Einigung im Konfliktfall. Als Schlichtungsverfahren eignet sie sich vor allem dann, wenn nach dem Konflikt weiterhin private oder berufliche Beziehungen aufrechterhalten werden sollen.

Die Besonderheit der CP besteht darin, dass den Konfliktparteien neutrale Fachexperten – ob juristisch oder nichtjuristisch – zur Seite stehen. Während des kompletten Verfahrens beraten ausgebildete Experten die Parteien in rechtlicher, finanzieller und emotionaler Hinsicht.

Cooperative Praxis ist die ideale Alternative zu herkömmlichen gerichtlichen Verfahren, bei der wichtige und unter Umständen höchst persönliche Entscheidungen an einen Dritten weitergegeben werden. Für Personen, die realisieren, dass nur sie selbst die besten Entscheidungen für die eigene Familie oder das eigene Unternehmen treffen können, eignet sich die Cooperative Praxis. Mit dem Verfahren können Streitigkeiten eigenverantwortlich aus der Welt geschaffen und ein langwieriger Gerichtsstreit vermieden werden.  

Wo findet Cooperative Praxis Anwendung?

Das Verfahren der Cooperative Praxis kann in unterschiedlichen Bereichen des Familien- und Erbrechts sowie im Unternehmensrecht zur Konfliktbewältigung eingesetzt werden. Im privaten Umfeld sind es Anwendungsfälle wie: 

  • Familienkonflikte 
  • Trennung und Scheidung 
  • Erben und Vererben 
  • Auseinandersetzungen unter Erben 

Streitpunkte im geschäftlichen Umfeld sind z. B.: 

  • Unternehmensnachfolge 
  • Innerbetriebliche Auseinandersetzungen  
  • IN Organisationen, Betrieben und Unternehmen 
  • ZWISCHEN Personen/Unternehmen 
  • Interkulturelle Konflikte 

Wie läuft die Cooperative Praxis ab?

Vor dem eigentlichen Verhandlungsbeginn beauftragen beide Konfliktparteien – voneinander unabhängig – einen oder mehrere im CP-Verfahren ausgebildete Experten. Dafür kommen die im Netzwerk der Deutschen Vereinigung für Cooperative Praxis gelisteten Anwälte beziehungsweise nichtjuristischen Fachpersonen infrage.  

Der Kreis der involvierten parteilichen Juristen bzw. Nichtjuristen ist bei einem Cooperative Praxis Verfahren nicht in Stein gemeißelt. Wenn es die Streitsache erfordert beziehungsweise von den Parteien gewünscht wird, können weitere Experten aus anderen Berufsgruppen beteiligt werden. Ein späterer Einstieg in das Verfahren ist dabei möglich.  

In einem Vorgespräch analysieren und sortieren die Anwälte bzw. Experten gemeinsam mit ihren Mandanten bzw. Klienten den zugrunde liegenden Konflikt. Mit der Unterzeichnung der sogenannten CP-Vereinbarung verpflichten sich einerseits die Konfliktparteien, 

  • für die Konfliktlösung relevante Informationen offenzulegen, 
  • zu einer respektvollen Kommunikation 
  • und dazu, eine einvernehmliche und außergerichtliche Lösung zu erzielen. 

Auf der anderen Seite verpflichten sich die beauftragten Anwälte und/oder nichtjuristischen Experten, 

  • ausschließlich im Interesse ihrer Mandanten bzw. Klienten zu handeln, 
  • eine konstruktive Kommunikation anzustreben, 
  • keine Schriftsätze wechselseitig auszutauschen, um den Konflikt zu befeuern, 
  • keine wechselseitigen Anschuldigungen zu formulieren 
  • und nicht mit dem Gang vors Gericht zu drohen. 

Sachlich, aber direkt sollte die Devise bei den Treffen der Konfliktparteien bei der Cooperative Praxis lauten. Ziel der gemeinsamen Besprechungen zwischen den Parteien und ihren beauftragten Experten ist es, mit einer vorab festgesetzten Struktur den Sachverhalt zu diskutieren. Das Verfahren der Cooperative Praxis ist ein team- und interessenbasiertes Vorgehen, das auf konstruktiven und auf eine Einigung fokussierten Treffen fußt.  

Die Entscheidungsbefugnis liegt bei der Cooperative Praxis allein bei den Konfliktparteien, die sich eigenverantwortlich um eine Lösung des Konflikts bemühen. Den beauftragten parteilichen juristischen oder nichtjuristischen Experten wird dabei eine begleitende Rolle zuteil. Sie helfen, die wesentlichen Ziele der Parteien klar zu definieren und anzusprechen. Sie unterstützen aber auch die gemeinsame Diskussion, individuelle und auf die jeweiligen Interessen zugeschnittene Lösungen zu erarbeiten.  

Kompetenzen, die während dieses speziellen Verfahrens gesammelt werden, können in der Regel auch bei künftig Streitgesprächen – ob privat oder geschäftlich – nützlich sein und angewendet werden. So kann Ihnen ein in der Cooperative Praxis geschulter Anwalt zukunftsorientierte Fähigkeiten zur Problembewältigung an die Hand geben.

Am Ende einer erfolgreichen Cooperative Praxis steht eine von den CP-Anwälten ausgearbeitete schriftliche Vereinbarung. Sind alle Punkte geklärt und die Konfliktparteien mit der gemeinsam erarbeiteten Lösung zufrieden, wird diese mit der Unterzeichnung zu einer wirksamen Regelung.  

Falls gewünscht oder notwendig, kann diese Vereinbarung auch in einer vollstreckbaren Ausfertigung von Anwälten für Arbeitsrecht, Familienrecht oder Unternehmensrecht mit Schwerpunkt auf Mediation oder Cooperative Praxis abgeschlossen werden.

Was sind die Vorteile von Cooperative Praxis?

Mit der Cooperative Praxis spart man Zeit und Geld. Langwierige Gerichtsverfahren, die durchaus kostspielig werden können, lassen sich mit ihr vermeiden. Mit einer professionellen Beratung und Vertretung kann effektiv im Team eine Lösung erarbeitet werden, die sich allein an den Interessen der Konfliktparteien orientiert. Das CP-Verfahren genießt vollen Vertrauensschutz nach innen und mit der verbindlichen Schweigepflicht sind vertrauliche Informationen vor der Weitergabe an unbeteiligte Dritte geschützt.  

Mit der gemeinschaftlichen Reflexion der Bedürfnisse und Interessen beider Seiten wird der Lösungsweg des Konflikts in eine konstruktive Richtung gelenkt. Die Entscheidung darüber, wie die Konfliktsituation überwunden wird, liegt – nach vorheriger Expertenberatung – letztendlich bei den Parteien selbst. Eigenverantwortung, respektvolle Kommunikation und faire Bedingungen für alle Beteiligten werden durch das Verfahren der Cooperative Praxis gefördert.  

Nicht zuletzt kann mit der Cooperative Praxis bares Geld gespart werden, verglichen mit dem Gang vor Gericht. Das heißt aber nicht, dass dabei keinerlei Kosten entstehen. Die Honorarkosten für die beauftragten Anwälte bzw. anderen Experten fallen im Vergleich zu den Gerichtskosten jedoch geringer aus.  

Cooperative Praxis oder Mediation?

Die Mediation kann als Mutter der Cooperative Praxis gesehen werden. Aus ihr hat sich das CP-Verfahren zu einer Bewältigungsstrategie von Konflikten entwickelt, bei der – im Gegensatz zur Mediation – jede Partei von Experten unterstützt wird: stets mit dem Auftrag, im Team eine einvernehmliche Lösung zu erarbeiten.  

Ein Mediator steht als unparteiischer Dritter zwischen den Konfliktparteien. Als Vermittler wird ein Mediator von den Konfliktparteien gemeinsam beauftragt. Ein CP-Anwalt oder Coach dagegen ist der Fürsprecher an der Seite der jeweiligen Partei und wird separat beauftragt.  

Für das Cooperative Praxis-Verfahren fallen im Vergleich zur Mediation höhere Kosten an. Das ist letztendlich dem geschuldet, dass zwei oder mehr Anwälte oder andere Experten beauftragt und honoriert werden. 

Nutzen Sie das professionelle Netzwerk

Je nach Bedarf können für die Cooperative Praxis neben Anwälten oder anderen Fachpersonen auch neutrale Familien- und Kinderexperten sowie Finanzspezialisten hinzugezogen werden. Diese haben neben einem abgeschlossenen Hochschulstudium eine Mediationsausbildung oder eine entsprechende Weiterbildung und eine von der Deutschen Vereinigung für Cooperative Praxis (DVCP) anerkannte Ausbildung.  

Die CP-Anwälte

Anwälte, die für ein Cooperative Praxis Verfahren beauftragt werden, übernehmen die umfassende Beratung zur vorliegenden Rechtslage. Für eine nachhaltige Lösung ist es unabdingbar, die rechtlichen Ansprüche zu kennen. Als Mitglieder des professionellen Netzwerkes sind CP-Anwälte dafür da, die Interessen und Bedürfnisse ihrer Mandanten/Klienten in die Lösungsfindung einzubeziehen.  

Gibt es keine Aussicht auf eine Lösung des Konflikts, verpflichten sich CP-Anwälte dazu, nicht den Weg vor Gericht zu gehen. Anwälten ist es untersagt, ihre Konfliktpartei innerhalb des Cooperative Praxis Verfahrens vor Gericht zu vertreten, und sie sind auch als Zeugen gesperrt.  

Im Falle eines an das CP-Verfahren angeknüpften Gerichtsverfahrens müssten andere Anwälte beauftragt werden. Sehen Sie sich beispielsweise mit einem Familienkonflikt konfrontiert, und es kommt durch die Cooperative Praxis zu keiner außergerichtlichen Lösung, sollten Sie sich von einem Anwalt für Familienrecht vor Gericht vertreten lassen.

Familien- und Kinderexperten

Damit Emotionen den Weg für eine sachliche Lösung nicht versperren, können bei Konflikten innerhalb einer Familie oder zwischen Paaren auch nichtjuristische Fachpersonen hinzugezogen werden. Sie unterstützen ihre Klienten in emotionaler Hinsicht, ihre Gefühle, Bedürfnisse und Ziele klar zu definieren und zu kommunizieren. Als neutraler Fürsprecher geht es einem Familienexperten darum, eine individuelle maßgeschneiderte Lösung zu finden.  

Für Kinderexperten steht das Bedürfnis des Kindes an erster Stelle. Bei Trennung und Scheidung sind Eltern oft derart mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass den Kindern nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird. Mit den psychosozialen Fachkenntnissen und der Spezialisierung auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen betreut der Experte die Betroffenen altersgemäß. Verunsicherte Kinder können sich mit ihren Sorgen und Wünschen an den Experten wenden. Ihnen wird eine Stimme gegeben, was Eltern dabei helfen kann, eine wechselseitig zufriedenstellende Regelung zu finden. 

Finanzexperten

Bei komplexen Finanzproblemen oder steuerlichen Angelegenheiten helfen Finanzexperten im Rahmen eines CP-Verfahrens bei der Klärung. Wie Familienexperten sind sie neutral und werden von beiden Konfliktparteien gemeinsam ausgesucht und beauftragt.  

Es lohnt sich, speziell bei schwierigen finanziellen Streitfällen wie z. B. Gesellschaftsverträgen Finanzexperten oder Anwälte für Vertragsrecht zu beauftragen, die steuerlich bewandert sind.

(THO)

Häufige Fragen und Antworten zur Cooperative Praxis

Wann wird Cooperative Praxis angewendet?

Fälle, in denen das Cooperative Praxis-Verfahren einen hohen Stellenwert hat, sind:

  • Familienstreitigkeiten, wie beispielsweise bei Trennung oder Scheidung
  • Konflikte im Erbrecht
  • Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern
  • Wirtschaftliche Konflikte IN oder ZWISCHEN Unternehmen

Außerdem ist die CP dann empfehlenswert, wenn

  • Welche Ziele können mit Cooperative Praxis erreicht werden?

Welche Ziele können mit Cooperative Praxis erreicht werden?

Ziel des Cooperative Praxis-Verfahrens ist es, mithilfe professioneller Beratung durch Anwälte, Coaches und Experten eine individuelle Konfliktlösung zu erarbeiten. Auseinandersetzungen, ob wirtschaftlicher oder privater Natur, können bei der CP in einem geschützten Umfeld verhandelt werden. Mit geschulten CP-Anwälten, Familien- sowie Finanzexperten erhalten Sie die nötige Unterstützung, eine maßgeschneiderte Lösung zu finden.

Welche Kosten fallen bei der CP an?

Üblicherweise werden CP-Experten, ob nun Anwälte oder andere Fachexperten, nach Zeitaufwand vergütet. Anwälte sind dabei berechtigt, auch auf Basis der Prozesskostenhilfe ihre Expertise innerhalb eines CP-Verfahrens in Rechnung zu stellen. Um Kosten für das CP-Verfahren zu sparen, empfiehlt sich eine adäquate Vorbereitung. Unvorhersehbare Kosten, die im Vorfeld nicht ausdrücklich vereinbart wurden, können dabei nicht entstehen. Bei Unklarheiten gilt: Schweigen ist Silber, Fragen ist Gold.

Foto(s): ©Adobe Stock/Svjatoslav Lypynskyy

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